Schumacher: Neue Blutung, neue OP, aber Hoffnung!
So wollen wir Michael Schumacher wiedersehen – gesund und zufrieden
Zum zweiten Mal innerhalb von rund 24 Stunden haben die behandelnden Ärzte von Michael Schumacher (44) über den Zustand ihres Patienten gesprochen. Es stellten sich Jacqueline Hubert, Generaldirektorin der Uni-Klinik von Grenoble, Professor Stéphan Chabardès, der leitende Hirnspezialist, sowie Professor Jean-François Payen als leitender Anästhesist den Fragen von Journalisten aus der ganzen Welt. Der 68jährige Gérard Saillant sass als medizinischer Experte und Freund Michael Schumachers mit am Tisch. Die Neuigkeiten der Ärzte sind erschreckend und beruhigend zugleich: Michael Schumacher erlitt einen neuerlichen Bluterguss im Hirn, der in einer weiteren Operation behandelt wurde, die ungefähr zwei Stunden dauerte.
Dieser Eingriff ist gut verlaufen, das Hämatom konnte entfernt werden, der Schädeldruck hat sich daraufhin verbessert. Der Scan des Gehirns von heute Dienstagmorgen zeigt jedoch auch weitere Verletzungen.
Professor Payen: «Die Situation ist eher unter Kontrolle als gestern, aber ich kann nicht behaupten, dass Michael Schumacher ausser Lebensgefahr ist. Wir haben lediglich Anzeichen einer Stabilisierung. Der Zustand hat sich also nicht verschlechtert, und das ist zu diesem Zeitpunkt eine gute Nachricht. Der Eingriff ist bei einem Patienten in diesem Stadium nichts Ungewöhnliches, sondern dient dem weiteren Druckabbau im Hirn, der überdies durch das Einsetzen einer besonderen Messvorrichtung überwacht wird.»
Der Eingriff wurde dieses Mal von Professor Emmanuel Gay durchgeführt, gestern Montagabend kurz nach 22.00 Uhr. Der französische Arzt: «Wie waren überrascht davon, wie positiv sich die Situation gestern entwickelt hat. Das hat es uns erlaubt, den zweiten Eingriff durchzuführen. Aber jeder muss sich im Klaren darüber sein, dass der Zustand von Michael Schumacher weiter kritisch bleibt. Die Situation kann sich auch von Stunde zu Stunde dramatisch verändern.»
«Wir sagen derzeit nur – der Zustand von Michael Schumacher hat sich stabilisiert, das ist ein gutes Zeichen. Und wir sind auch mit dem neuen Eingriff zufrieden. Aber Komplikationen können bei dieser Art von Verletzung jederzeit erneut auftreten, zumal Michael Schumacher verschiedene Blutungen im Gehirn erlitten hat. Die meisten der weiteren Blutergüsse sind nicht zugänglich, aber kleiner als jene beiden, die operiert wurden.»
«Beim zweiten Eingriff gestern Abend wurde in der linken Hirnhälfte eine grössere Blutansammlung entfernt. Die Lage dieses Hämatoms war so, dass wir den Eingriff verhältnismässig gefahrlos durchführen konnten. Die erste Operation nach der Einlieferung von Michael Schumacher, die lag nicht im Hirn selber, sondern vielmehr zwischen Hirnhaut und Schädeldecke, daher musste der Schädel geöffnet werden. Dies diente vor allem dem Druckabbau. Wir planen derzeit keine weiteren Eingriffe. Aber es gibt noch zahlreiche weitere Blutungen, die wir genau beobachten. All unsere Massnahmen sind selbstverständlich in Absprache mit der Familie Schumacher geschehen.»
Was ist genau passiert?
Den Rettungskräften im Skigebiet Méribel muss sich am vergangenen Sonntag, kurz nach elf Uhr früh, ein dramatisches Bild geboten haben: Michael Schumacher wollte zwischen den beiden Pisten «Biche» (Hirschkuh) und «Maudit» (die Verfluchte) wechseln, dazu kreuzte er einen ungefähr 20 Meter breiten Bereich unterhalb des Berges Saulire, der sehr felsig ist. Dies die Schilderung von Olivier Simion, dem Leiter der Pistengesellschaft «Méribel Alpine», basierend auf Aussagen der Rettungskräfte. Die meisten dieser Felsen waren von Neuschnee bedeckt. Schumacher geriet an einen Felsen, kam zu Sturz und zog sich an einem weiteren Felsen die schweren Verletzungen zu. Der Aufprall war so heftig, dass sein Helm gespalten wurde. Die französischen Ärzte gehen davon aus, dass Schumacher den Sturz ohne das Tragen eines Helms nicht überlebt hätte.
Schumacher hatte jedoch auch Glück im Unglück: Die Rettungskräfte waren sehr schnell vor Ort, und die Uni-Klinik von Grenoble verfügt über die beste Trauma-Abteilung weit und breit.
Unklar bleibt weiter, ob Michael Schumacher beim Kreuzen an einem Felsen zu Fall kam oder ob es vorher zu einem Defekt an Ski oder Bindung gekommen war. Die Polizei will in den kommenden Tagen dazu Stellung nehmen.
Dr. Gary Hartstein: «Neurologischer Zustand ungewiss»
Gemäss dem früheren Formel-1-Rennarztes Prof. Gary Hartstein (58) werden die Ärzte nun so vorgehen: «Wenn keine Komplikationen auftreten, werden die französischen Kollegen Michael Schumacher zwischen 24 und 72 Stunden lang im künstlichen Koma behalten. Der Körper wird weiter kühl gehalten, bei rund 34 bis 36 Grad. Der Tiefschlaf verhindert, dass der Körper zu zittern beginnt. Dann wird die Temperatur schrittweise und behutsam angehoben. Die Ärzte wollen auf alle Fälle Belastungen verhindern und schon das Bewegen des Patienten ist eine Belastung. Die Kollegen in Frankreich konnten Michael Schumacher nur deshalb zum so genannten CT, also zu einem Gehirn-Scan transportieren, weil sich der Zustand leicht gebessert hatte. Dabei wird stets der Druck im Hirn im Auge behalten, daher auch das Einsetzen eines speziellen Messgeräts. Weil der Patient jedoch noch immer schläft, kann man seine neurologischen Zustand nicht anhand seiner Reaktionen abschätzen.»
Dies wird erst dann der Fall sein, wenn Michael Schumacher langsam wieder aufwacht. Und erst zu diesem Zeitpunkt werden die Spezialisten um die Professoren Chabardès, Payen und Gay erahnen können, wie es ihrem Patienten wirklich geht
Professor Payen bestätigt: «Es ist zu diesem Zeitpunkt unmöglich zu sagen, in welchem Zustand sich der Patient befinden wird, wenn er langsam aufwacht.»
Dr. Christoph Specht: «Vorsichtige Andeutung von Besserung»
Der Düsseldorfer Arzt Dr. Christoph Specht, medizinischer Experte bei den Kollegen von RTL und n-tv, schätzt die Aussagen seiner französischen Kollegen so ein: «Das ist die vorsichtige Andeutung einer Verbesserung, aber der Zustand des Patienten bleibt kritisch. Das kann immer noch in beide Richtungen gehen. Wenn operiert wird, müssen Parameter wie Blutdruck und Sauerstoffsättigung stimmen. Die Ärzte müssen da abschätzen, ob der Patient belastbar genug für einen solchen Eingriff ist. Und das war Michael Schumacher offenbar.»