Ferrari-Legende Mauro Forghieri: Wo Formel 1 versagt
Mauro Forghieri (Zweiter von rechts) bei der Ennstal-Classic
Mauro Forghieri hat als Ferrari-Cheftechniker noch Auto und Motor selber konstruiert, so etwas wäre heute undenkbar. Mit der heutigen Formel 1 geht der 83-Jährige zum Teil hart ins Gericht, er bringt aber auch konkrete Lösungsvorschläge für mehr und vor allem für echte Überholmanöver.
Mauro Forghieri hat viele erfolgreiche Formel 1-Autos konstruiert – in Österreich kennt jedes Kind den Ferrari 312 T, mit dem Niki Lauda 1975 Weltmeister wurde. Als Gast der Ennstal-Classic wirkt der 83-jährige Forghieri extrem rüstig – und gibt den Fans, die ihn allesamt erkennen, bereitwillig Autogramme.?
Forghieri kommt noch aus der alten Garde – als einer von sehr wenigen Designern hat er das Auto und auch den Motor konstruiert.
Doch im Gespräch mit der Ennstal-Classic winkt Forghieri ab: «Ich habe nicht das komplette Auto im Alleingang entworfen – ich habe nur Ideen entwickelt, da habe ich dann eine Skizze und eine rohe Grundkalkulation angefertigt und diese dann meinem Designer in die Hand gedrückt.»
Auch in punkto Aerodynamik war Forghieri Vorreiter: «In Spa-Francorchamps habe ich 1968 einen Flügel in der Mitte des Fahrzeugs angebracht, vorne gab es nur zwei kleine Stutzen.»
Ende der 70er Jahre kamen die «wing cars», mit Seitenkästen, deren Unterböden als umgekehrtes Flügelprofil ausgelegt waren, an der jüngsten Stelle kam es zu einem Ansaugeffekt, dafür mussten die Sidepods mit Schürzen abgedichtet werden.
Forghieri erzählt: «Enzo Ferrari hat uns zwei Jahre lang verboten, mit solchen Miniskirts zu arbeiten – er bestand darauf, dass keine Teile auf dem Boden schleifen dürfen.»
Doch 1979 kam die Erlaubnis, Enzo Ferrari hat zu Forghieri gesagt: «Bau deine Miniskirts, bei den Frauen magst du sie ja auch so sehr.»
Forghieri lacht: «Die endgültige Form des Weltmeister-Ferrari 312 T4 wurde im Windkanal geboren – es war das erste Mal, dass wir Schürzen verwendet haben, doch diese haben mit Federn gearbeitet, sodass wir nur auf sehr flachen Strecken erfolgreich waren.»
Ohrfeige für die moderne Formel 1
Die heutige Formel 1 findet Mauro Forghieri nur zum Teil gut. Die neuen Turbomotoren mit ihren Hybridsystemen begrüsst der Italiener: «Alle grossen Hersteller verlangen nach einem Hybridsystem – ich finde es gut, dass sie heute für die gleiche Distanz nur noch 70 Prozent des Treibstoffs oder sogar weniger benötigen.»
Forghieri fügt hinzu: «Wo ich aber nicht einverstanden bin mit der FIA, ist die Vorgehensweise, den Spritverbrauch Runde für Runde zu kontrollieren. Meiner Meinung nach ist die Formel 1 eine „Show of power“ und diese Regel ist aus sportlicher Hinsicht nicht akzeptabel.»
Beim Thema Aerodynamik kommt bei Mauro Forghieri ein wenig in Rage: «Weg mit dem DRS, denn DRS ist lä-cher-lich!“
Die heutige Aerodynamik sagt Forghieri nicht zu: «Ich mag die Aerodynamik der aktuellen Autos nicht – die Nasen sind zu lang. Ich verstehe nicht, warum man die Aerodynamik nicht reduziert, um ein normales Überholen ohne DRS zu ermöglichen. Wenn heute ein Gegner weniger als eine Sekunde hinter einem Piloten liegt, kann er nur zuschauen, wie sein Verfolger an ihm vorbeifährt – und das ist nicht korrekt. Ein Weltmeister muss in der Lage sein, auch ohne Hilfestellung einen Gegner überholen zu können – denn sonst ist er kein Weltmeister in meinen Augen.»
Für mehr Überholmanöver würde auch eine Einschränkung der Aerodynamik hilfreich sein: «In einem Personenkraftwagen hast du alle aerodynamischen Elemente innerhalb des Radstands – warum sagt man nicht: Du kannst so viele aerodynamische Teile einbauen, wie du möchtest, aber innerhalb des Radstands. Das wäre eine Möglichkeit.»
Und: «Ein weiterer Punkt ist der Bremsweg. Wie viele Personenkraftwagen verwenden Bremsscheiben aus Karbon? Warum wird es in der Formel 1 eingesetzt? Weil irgendjemand viel Geld damit verdient. Wenn wir in der Formel 1 normale Bremsscheiben verwenden würden, dann würde sich der Bremsweg verdoppeln und das Überholen wäre um vieles leichter.»