Talentsuche: Red Bull von Mercedes ausgebremst?
Fast alle Formel-1-Rennställe betreiben ein eigenes Programm, um die grössten Talente der Nachwuchsklassen schon vor ihrem Aufstieg in die Königsklasse des Motorsports an sich zu binden. Aus gutem Grund: Formel-1-Champion Sebastian Vettel ist das beste Beispiel dafür, wie sehr sich Nachwuchsförderung lohnen kann.
Der jüngste vierfache Weltmeister der Formel-1-Geschichte ist ein Red Bull-Eigengewächs, genau wie sein Teamkollege Daniel Ricciardo. Der Australier hatte seine ersten Formel-1-Jahre in der Red Bull-Talentschmiede Toro Rosso verbracht, bevor er in diesem Winter ins Weltmeister-Team befördert wurde – und sich seither tapfer schlägt.
Beide waren vor ihrem Formel-1-Debüt Teil des Red Bull Junior Teams, das derzeit drei Talente umfasst: Carlos Sainz jr., Pierre Gasly und Alex Lynn. Alle Drei müssen sich keine Sorgen um das liebe Geld machen – ihre Einsätze werden vollumfänglich von Red Bull finanziert. Dafür erwartet Red Bulls Nachwuchs-Chef und Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko Ergebnisse. Nur wer sich bewährt, erklimmt mit dem Weltmeister-Macher die Stufen seiner Karriere-Leiter.
Der ehemalige Formel-1-Pilot und zehnfache GP-Sieger Gerhard Berger verrät: «Carlos Sainz jr. soll der nächste sein, der eine Chance bekommt.» Denn der Sohn der gleichnamigen Rallye-Legende ist in der 3.5-Liter-Klasse der Renault World Series auf Titelkurs. Der 19-Jährige aus Madrid soll sein Formel-1-Debüt in den Farben des Caterham-Teams bestreiten.
So weit sind die Anwärter für die Nachwuchs-Förderprogramme noch nicht. Auf dieser Stufe drängt sich vor allem ein Name auf: Max Verstappen, Sohn des ehemaligen GP-Piloten Jos, hat in diesem Winter den Sprung vom Kartsport in die Formel-3-EM gewagt, nachdem er sich den Weltmeistertitel und zwei EM-Titel im Kart geholt hatte.
In der Meisterschaftstabelle belegt der 16-jährige Niederländer nach 21 von 33 Rennen den zweiten Gesamtrang. Der Rookie durfte schon sieben Siege feiern, auf dem Circuit de Spa-Francorchamps und auf dem Norisring war Max in einer eigenen Liga unterwegs und sicherte sich jeweils alle drei Rennsiege.
Kein Wunder, dass die Formel-1-Rennställe um den fliegenden Holländer buhlen. In Hockenheim wurde Verstappen in der Energy Station gesichtet, und Dr. Marko gab auf Nachfrage von SPEEDWEEK.com unumwunden zu: «Max ist ein aussergewöhnlicher junger Mann, und selbstverständlich haben wir ein Auge auf ihn geworfen.»
Doch damit ist er nicht der Einzige, wie Berger erklärt: «Im Moment laufen viel interessantere Diskussionen bei Red Bull und Mercedes, in denen es um die nächsten Nachwuchsfahrer geht. Das gibt es zwei ganz talentierte, die aus der Formel 3 kommen. Das sind Esteban Ocon und Max Verstappen. Verstappen war dieses Wochenende da, und Helmut hat gesagt, dass es sehr gut aussieht, dass er der nächste Red-Bull-Nachwuchsfahrer wird. Er hat sicher das Potential, in Richtung der Formel 1 zu gehen. Mal schauen.»
Der 54-jährige Österreicher weiss aber auch: «Auch Niki (Lauda, Aufsichtsratsvorsitzender des Formel-1-Rennstalls von Mercedes, Anm.) ist interessiert. Mal schauen, ob das Rennen zugunsten von Helmut oder zugunsten von Niki ausgeht. Ich kenne Verstappen aus der Formel 3, er kam direkt aus dem Kartsport und ist jetzt ein Meisterschaftskandidat. Wenn er jetzt schon den Schritt in Richtung eines der Nachwuchsteams einschlagen kann – also Mercedes oder Red Bull – dann ist ein Weg in Richtung Zukunft geebnet.»