Formel 1: «Dumme Regel half Verstappen»

Bernie Ecclestone: 100 Mio Dollar für die Freiheit

Von Mathias Brunner
Bernie Ecclestone: Ich bin dann mal weg

Bernie Ecclestone: Ich bin dann mal weg

Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird heute Dienstag das Verfahren vor dem Münchner Landesgericht gegen «Mr. Formula One» eingestellt. Viele Menschen fragen: Wie ist das möglich?

Ist Freiheit käuflich? Diese Frage stellen sich heute in Deutschland viele Menschen. Denn alles deutet darauf hin: das Verfahren gegen Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone (83) vor dem Münchner Landesgericht wird im Verlaufe von heute Dienstag eingestellt, nach einem 100-Millionen-Dollar-Deal zwischen der Staatsanwaltschaft und Ecclestone.

Aber wer sich in den sozialen Netzwerken umguckt, was dieser Handel auslöst, der spürt den Tenor – hier kauft sich jemand frei. Ganz so einfach ist es aber nicht.

Zur Erinnerung: Die Staatsanwaltschaft wirft Ecclestone vor, Gerhard Gribkowsky (dem früheren Vorstand der bayerischen Landesbank) beim Verkauf der Formel-1-Mehrheit 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld gezahlt zu haben. Damit wollte er nach Überzeugung der Ankläger Einfluss auf den neuen Besitzer der Rennserie nehmen und seine Macht an der Spitze sichern.

Ecclestone seinerseits gab an, von Gribkowsky erpresst worden zu sein – wenn Bernie nicht spure, werde er, Gribkowsky, pikante Details an die britischen Steuerbehörden verraten.
Seit April wurden Dutzende Zeugen befragt, und je länger das Verfahren dauerte, desto eher wurde klar: Der Vorwurf der Bestechung und der Anstiftung zur Untreue wird sich kaum beweisen lassen.

Ecclestones Anwälte schlugen am 29. Juli vor, den Prozess einzustellen und boten eine Ausgleichszahlung vor. Sie erklärten, dass es «höchst fragwürdig» sei, ob man Ecclestone für die Vorgänge um den ehemaligen BayernLB-Vorstand überhaupt zur Verantwortung ziehen könne. Ausserdem handle es sich um ein für den 83-Jährigen «extrem belastendes Verfahren». Die Staatsanwaltschaft wollte den Vorschlag prüfen, erklärte aber, «sich grundsätzlich mit einem solchen Angebot anfreunden zu können».

Schnell war die Rede davon, dass der Deal 100 Mio Dollar umfasse. Weder Verteidigung noch Staatsanwaltschaft haben sich zu dieser Summe geäussert, da Stillschweigen vereinbart worden sei. Gemäss Paragraph 153a des Deutschen Strafgesetzbuchs ist ein solcher Handel möglich, wenn «Auflagen erfüllt werden, die geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen».

In deutschen Zeitungen ist seither von Kuh-Handel die Rede, von einer Justiz-Blamage, von einer Perversion des Rechts. Die deutsche Justiz muss massive Kritik einstecken für einen Deal, der als grösste Zahlung für eine Verfahrenseinstellung gilt.

Selbst wenn den Buchstaben des Gesetzes Genüge getan ist: Für den Mann von der Strasse wird der Eindruck bleiben – Freiheit ist käuflich, jedenfalls für Wohlhabende.

Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nennt den Deal «eine Frechheit». Falls es tatsächlich zu dieser Absprache im Münchner Bestechungs-Prozess gegen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone komme, «wäre das nicht mit dem Sinn und Zweck unserer gesetzlichen Regelung in Einklang zu bringen», sagt die FDP-Politikerin im Deutschlandfunk. Die Summe beweise doch, dass im Kern eine Schuld vorliegen müsse. «Und in meinen Augen darf in dieser Dimension nicht mit der Justiz, mit der Gerechtigkeit gehandelt werden. Durch Absprachen wie im Fall Ecclestone wird das Gerechtigkeitsgefühl vieler Bürger massiv beschädigt. Das ist genau das, was man von Justiz nicht erwartet.»

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