Gerhard Berger exklusiv: «Zu viele Nachwuchsformeln»
Auch Gerhard Bergers Neffe Lucas Auer fährt in der Formel-3-EM mit
Der ehemalige Formel-1-Pilot Gerhard Berger baut als Formelsport-Verantwortlicher des Automobilweltverbands FIA an einer neuen Karriere-Leiter, die zur Formel 1 führen soll. Obwohl der 54-jährige Ex-Ferrari-Fahrer überzeugt ist, dass es derzeit zu viele Nachwuchsklassen gibt, hat er mit der Formel 4 eine weitere Serie geschaffen. Im exklusiven SPEEDWEEK.com-Interview spricht der Tiroler über seine Pläne.
Gerhard Berger, was ist die Formel 4?
Die Formel 4 soll die Einstiegsformel für alle jungen Talente sein, die nach ihrer Kart-Karriere in den Monoposto-Sport einsteigen. Sie soll der erste Schritt zur Formel 1 darstellen. Die Idee ist einfach: Wir wollen mit der Formel 4 und Formel 3 eine Pyramide schaffen, an deren Spitze die Formel 1 steht.
Gibt es derzeit nicht schon zu viele Formelsport-Klassen?
Ja, grundsätzlich schon, und wir bauen derzeit an einer weiteren Meisterschaft. Doch wie gesagt, geht es darum, einen idealen Weg in die Formel 1 zu schaffen. Das war überfällig und schon lange das Ziel. Die Formel 4 wird eine starke Meisterschaft. Sie folgt einem guten Konzept und es ist auch ein perfektes Auto. Die Nachfrage ist da, in Italien läuft die erste nationale Meisterschaft schon.
Wie haben die nationalen Automobilverbände auf die Formel 4 reagiert?
Wie gesagt, läuft die erste nationale Meisterschaft in Italien schon. Im nächsten Jahr kommt China dazu, auch Australien steht an. Auch Deutschland, Grossbritannien und Südamerika sollten folgen. Wir verhandeln mit vielen Ländern. In den nächsten drei bis fünf Jahren wollen wir Meisterschaften auf der ganzen Welt nach dem gleichen technischen Reglement austragen lassen. Damit bieten wir den Jugendlichen eine grosse Plattform, um ihr Potenzial unter Beweis zu stellen. Von der Formel 4 soll es dann direkt in die Formel 3 gehen.
Gibt es ein Alterslimit für die Formel 4?
Ja, das liegt bei 15 Jahren. Die Austragung wird jeweils national organisiert. Es gibt keine internationale Koordination.
Welche Rolle nimmt denn die FIA ein, wenn die Meisterschaften einmal laufen?
Die FIA will das Konzept und die Regeln auf den Tisch legen und das Ganze so koordinieren, dass die Qualität auf einem hohen Level bleibt und es fair zu und her geht. Da geht es um Dinge wie die richtige Überwachung der Einhaltung der Regeln und auch das richtige Mass an Entwicklung.
Wie sieht es mit den Motorenlieferanten aus?
Die Idee lautet, in jedem Land einen Einheitslieferanten für die Antriebseinheiten zu finden. So gibt es keinen Entwicklungswettbewerb und die Kosten halten sich folglich in Grenzen. Der Rahmen liegt klar bei 150 bis 160 PS. Ausserdem wird auch eine Gewichts- und Leistungskurven-Vorgabe gemacht. Weltweit soll mit der gleichen Leistung gefahren werden.
Sind Sie den neuen Formel-4-Renner schon gefahren?
Nein, ich bin nicht mehr so scharf aufs Fahren!
Wie schätzen Sie die heutige Formel 3 ein?
Die Formel 3 ist die wichtigste Nachwuchsformel für alle jungen Leute, die in die Formel 1 aufsteigen. Sie füllt die Lücke zwischen der Formel 4 und der Formel 1 perfekt aus. Das Feld ist unglaublich stark und einige der heutigen Formel-1-Stars haben schon in der Formel 3 gezeigt, was sie können, etwa Daniil Kvyat. Aus dem aktuellen Formel-3-Feld ist Max Verstappen ein gutes Beispiel dafür, wie hoch die Qualität der Fahrer und Teams dort ist. So etwas gibt es nur in Europa.