Exklusiv: Besuch bei Günther Steiner im Haas-F1-Werk
Mitten im Herzen des NASCAR-Landes entsteht in diesen Wochen ein Formel-1-Rennstall. Es gibt noch kein Chassis, keinen Fahrer und keinen Chefingenieur, aber ein Gebäude, an dem ein Firmenschild angebracht wurde. SPEEDWEEK.com durfte kürzlich zusammen mit Teamchef Günther Steiner einen Spaziergang durch das neue Werk des ersten Formel-1-Rennstalls in US-amerikanischem Besitz seit 1986 und dem missglückten Experiment Beatrice-Lola von Teamchef Carl Haas (mit Gene Haas nicht verwandt) unternehmen.
Das neue Werk in Kannapolis (im Nordosten von Charlotte) gleicht der Werkshalle des Stewart Haas Racing NASCAR Teams, das gleich gegenüber auf der anderen Strassenseite steht. Derzeit arbeiten nur wenige Leute im Gebäude, das unweit des Charlotte Motor Speedway zu finden ist.
Steiner, der ehemals Cheftechniker bei Ford in der Rallye-WM war, dann bei Jaguar in der Formel 1 und als leitender Techniker kurz bei Red Bull Racing und dann im NASCAR-Rennteam wirkte, kündigte an, dass die ersten zehn bis zwanzig Mitarbeiter im Januar starten werden. In einigen Wochen soll auch der Deal mit einem von drei möglichen Partnern für die europäische Aussenstelle in Grossbritannien unterschriftsreif sein.
Steiner erklärt: «Das Team, die Autos und Transporter, Mechaniker und Renningenieure, werden dort beheimatet sein, denn das macht mit Blick auf die Transportkosten auch sinn. In Grossbritannien findet man auch die richtigen Profis für den Rennbetrieb. Das ist die beste Region, um die richtigen Leute zu finden.»
Der Innenausbau des Gebäudes soll bis Dezember fertiggestellt sein, wie Steiner verrät: «Der Plan sieht vor, dass dann die Arbeiten im Innenbereich abgeschlossen sind. Aber wir werden hier nicht gleich von Beginn an alles selbst produzieren, sondern starten mit kleineren Sachen. Das werden wir dann laufend ausbauen, wenn wir dazugelernt haben.»
Zu Beginn verlässt sich Haas F1 vor allem auf einen technischen Partner, der gerüchteweise Chassis-Spezialist Dallara sein soll. Steiner betont: «Wir werden uns sehr stark auf unseren technischen Partnern verlassen müssen, parallel werden wir mit der Zeit immer mehr Teile der Produktion übernehmen, bis wir alles selbst produzieren.»
Der Südtiroler schildert: «Wir werden zu Beginn nur jene Teile konstruieren, die wir nicht von unserem technischen Partner kaufen können. Wir werden mit CFD (Computational Fluid Dynamics, Anm.) beginnen und die Teile für die Windkanal-Modelle fertigen. Jeden Tag können wir hier viel zum Formel-1-Projekt beitragen.»
Für Formel-1-Verhältnisse scheint das US-Team eher klein zu bleiben. Steiner schätzt, dass bis Ende 2015 150 bis 250 Mitarbeiter in Kannapolis und Grossbritannien arbeiten und das Gebäude mit dem neuen Schild über der Türe zum Leben erwecken werden.