Cyril Abiteboul (Renault): Krise war vielleicht nötig
Cyril Abitboul und Christian Horner in Melbourne: Körpersprache sagt alles
Grundsätzlich gilt: Renault ist bis Ende 2016 vertraglich an Red Bull Racing gebunden. Darüber hinaus steht den Franzosen jedoch ein breites Entscheidungsspektrum offen – mit dem vierfachen WM-Partner weitermachen, ein eigenes Auto einsetzen (will heissen: Toro Rosso übernehmen), mehr Präsenz zeigen (Toro Rosso zwar nicht kaufen, aber in Renault-Gelb fahren lassen), aus der Formel 1 aussteigen. Dafür hätten die Fans wenig Verständnis: schliesslich war es Renault, welche unter Androhung des Davonlaufens durchgestiert hatte, dass die Formel 1 den Schritt in die Turbohybrid-Ära macht.
Nach dem öffentlich ausgetragenen Streit zwischen Renault und Red Bull Racing in den letzten Wochen hat Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko die Weichen in ruhigere Fahrwasser vorgegeben: klare Aufgabenteilung, weniger Schuldzuweisung, Ärmel hochkrempeln, gemeinsam nach Lösungen suchen.
Cyril Abiteboul, Geschäftsleiter von Renault Sport F1, nimmt die Männer in Schutz, die teilweise schweres Geschütz aufgefahren hatten, und zwar alle: «Das gehört zu diesem Sport. Wenn wir nicht Männer wären, welche von Testosteron getrieben sind, dann wären wir wohl kaum im Motorsport. Auf den Tisch zu hauen, ist Teil des Geschäfts, es sollte jedoch nicht einer Marke schaden. Wieso sind wir letztlich in der Formel 1? Um die Marke Renault in die Auslage zu stellen. Wenn unser Ruf leidet, dann muss man sich fragen, ob ein Engagement noch berechtigt ist. Nach dem Australien-GP gab es viele harte Worte, es gab auch viele Spekulationen, das wollen wir nun alles hinter uns lassen und uns auf unsere Aufgaben konzentrieren.»
Inzwischen ist auch klarer umrissen worden, wer sich worum kümmern soll. Abiteboul: «Wir müssen sorgfältig abschätzen, wo uns Red Bull Racing helfen kann. Es gibt Bereiche, in welchen wir sagen müssen – tut uns leid, es ist nicht so, dass wir keine Hilfe von euch möchten, aber wir glauben, es ist besser, wenn wir uns alleine um das kümmern. Es gilt zu sehen, wo Hilfe Sinn macht und wo nicht. Und da müssen Grenzen gezogen werden.»
Abiteboul bei den Kollegen von ESPN zur Krise mit Red Bull Racing: «Vielleicht muss so etwas ab und an sein, um Fortschritte zu machen. Ich erkenne von allen den Willen, dass wir zusammen nach vorne schauen. Wir haben einen Vertrag bis Ende 2016, und ich spüre einen Appetit beider Seiten, diese Partnerschaft fortzuführen. Das ist gut, denn das gibt uns die Möglichkeit, langfristig zu planen. Das wird in den kommenden Monaten für uns eine Priorität sein – zu definieren, was über 2016 hinaus passiert.»
«Es gibt verschiedene Szenarien, die wir gegenwärtig abwägen. Wir müssen sorgfältig abwägen, ob der Marketing-Gewinn durch den Einsatz grösser ist als das Engagement in der heutigen Form. Motorsport war schon immer wichtig für Renault, und er wird es auch immer bleiben. Für eine Marke ist die Formel 1 eine tolle Bühne, von daher macht ein Engagement im GP-Sport immer Sinn. Aber wenn wir das Gefühl haben, wir bekommen nicht genügend zurück, dann kann ein Abschied auch zum Thema werden. VW oder Audi sind auch tolle Marken, und die sind im GP-Sport weit und breit nicht zu sehen. Um Erfolg zu haben als Marke, brauchst du die Formel 1 nicht unbedingt.»