Fernando Alonso: Manchmal muss man Schauspieler sein
Fernando Alonso
In einem Interview mit «formula1.com» plaudert der McLaren-Honda-Pilot aus dem Nähkästchen. Zum Beispiel, wie ein F1-Wochenende bei ihm so aussieht. Immerhin haben sich seit seinem Debüt in der Königsklasse 2001 einige Routinen eingespielt. Die Quintessenz: Es ist alles zeitlich penibel geplant, um den Stressfaktor so gering wie möglich zu halten.
«Ich bin sehr präzise, was Zeiten angeht, deshalb ist mein Raum voll von Papieren mit den exakten Zeiten des Wochenendes, durchgeplant bis zur letzten Minuten. Ich streiche dann alles durch, was ich erledigt habe. Das ist mein psychologischer Countdown für das Rennen», sagte Alonso. Auch die Rennvorbereitung selbst ist für einen Exzentriker wie den Spanier eher langweilig und gewöhnlich.
Früh an der Strecke sein, Meetings mit den Ingenieuren und die Fahrerparade. «Dann habe ich noch eine 30 Minuten für mich allein. Dann rufe ich meine Familie und meine Freundin an. Und dann geht es ins Auto. Das ist eine ziemlich normale Prozedur - nichts Außergewöhnliches.» Und nach dem Rennen schaut sich Alonso den kompletten Lauf noch einmal an. Um ihn abhaken und runterkommen zu können.
Auch am Flughafen versucht Alonso, unnötigen Stress zu vermeiden. Deshalb weist er seinen Fahrer schon mal an, eine halbe Stunde früher als geplant zu kommen. «Ich mag es, viel Zeit am Flughafen zu haben. Deshalb komme ich nie auf den letzten Drücker an. Das ist unnötiger Stress, den ich immer vermeiden will.»
Da kämen ein vorbildlicher Teamchef und Teamkollege natürlich gelegen, um Stress und Ärger zu vermeiden. «Ich mag Teamchefs, die die Erwartungen realistisch halten», sagte Alonso. «Es hilft nichts, wenn man zu sehr motiviert und am Ende enttäuscht wird. Es gibt Teamchefs, die diesen Trick anwenden, das ist aber nichts für mich. Ich bevorzuge es, dass man mir die Wahrheit ins Gesicht sagt.» Vor allem aktuell scheint das bei McLaren-Honda gut zu funktionieren, denn trotz der sportlichen Misere bleibt Alonso erstaunlich gelassen.
Und sein Teamkollege? Der muss «schnell, loyal und einen guten Sinn für Humor» haben. «Wir verbringen viel Zeit miteinander und es wird immer stressige Momente geben. Nicht unbedingt zwischen ihm und mir, aber im Team. Jemand mit Humor kann da helfen», so der zweimalige Weltmeister.
Aber natürlich hat Alonso in all den Jahren in der Formel 1 auch seine Tricks gelernt. Psychologische zum Beispiel, wie in den vergangenen Jahren, als er im Titelkampf mit Sebastian Vettel Samurai-Sprüche twitterte. «Man muss ein guter Schauspieler sein - manchmal. Es wird immer Situationen geben, in denen man ein wenig lügen muss. Schauspielerische Fähigkeiten können einem den Tag retten. Man muss auch eine gute Portion Egoismus besitzen. Keine Arroganz, aber manchmal muss man sich den Respekt des Umfelds erarbeiten.»