Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Regeln 2017: Gipfel gescheitert, Lösung im Februar?

Kolumne von Mathias Brunner
Mercedes gegen Ferrari – die Formel 1 soll wieder begeistern

Mercedes gegen Ferrari – die Formel 1 soll wieder begeistern

​Das Gipfeltreffen in Mailand zur Zukunft der Formel 1, mit Pirelli als Gastgeber, endete ergebnislos. Es gibt nur ein Lippenbekenntnis der Teamchefs. Jetzt wird die Zeit langsam knapp.

Das Problem ist dringlich, also reisten GP-Sieger wie Sebastian Vettel, Nico Rosberg und Felipe Massa nach Mailand zu Pirelli. Den Hintergrund beleuchtet der frühere Formel-1-Star David Coulthard: «Viele Fahrer würden sich nicht trauen, das offen zu sagen, aber sie fühlen sich unterfordert.»

Für den Schotten steht fest: «Für mich sollte die Formel 1 die schnellste Rennwagenformel sein. Wir aber sind mehrere Sekunden langsamer als vor zehn Jahren. In einer Welt, die sich mehr und mehr beschleunigt, ist das nicht das richtige Signal. Die Fans wollen doch spüren, dass hier überdurchschnittliche Athleten 300 km/h schnelle Autos bändigen. Das ist fundamental für die Formel 1. Heute sehe ich Fernsehbilder von den Piloten in Kurve 3 von Barcelona. Das ist eine fabelhafte Kurve, hier sollten die Piloten auf der Rasierklinge reiten, mit zusammengekniffenen Hinterbacken, fast Vollgas, so wie es noch vor einigen Jahren war. Nun jedoch müssen dort alle vom Gas, die ganze Herausforderung ist weg. Ich will die Fans aber staunen sehen: „Wow! Habt ihr gesehen, wie schnell die sind?“ Statt dessen bewegen sich die Autos in Bereichen, welche die Fahrer unterfordern. Keiner von ihnen würde das öffentlich sagen, aber ich weiss, dass viele Piloten von der gegenwärtigen Formel 1 enttäuscht sind. Sie sind einfach zu weit davon entfernt, was sie am Lenkrad wirklich zeigen könnten.»

Im Rahmen ihrer Arbeit für die Fahrervereinigung GPDA haben die Piloten diese Bedenken Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone mitgeteilt. Er bestätigt nun gegenüber BBC Sport: «Die meisten Fahrer sind mit den bisher verwendeten Reifen nicht mehr glücklich. Weil sie viel zu selten am Limit fahren können. Ich unterstützte komplett ihr Begehren, dass sie die meiste Zeit über alles aus dem Auto und auch aus sich selber holen können wollen. Und ich habe das Pirelli mitgeteilt.»

Daher gestern der Gipfel in Mailand bei Pirelli.

Die Fahrer fürchten: Wenn die Formel-1-Autos 2017 oder 2018 markant schneller werden sollen, wird Pirelli aus Sicherheitsgründen nicht mitziehen. Und die Mailänder wollen das deshalb nicht, weil sie so viele Daten als möglich sammeln wollen, ihr Wunsch nach mehr Testfahrten vom Formel-1-Reglement jedoch abgewürgt wird.
Die Fahrer wollten klarmachen: Sie möchten ab 2017 wieder Reifen, mit welchen sie wieder voll fahren können. Doch so einfach ist das nicht. Denn Pirelli-Rennchef Paul Hembery hat dazu mehrfach gesagt: «Wir bräuchten mehr Testfahrten, um solche Reifen zu bauen.» Doch das Reglement verbietet solche Tests. Die Formel 1 steht sich wieder einmal selber im Weg.

Beim Gipfel waren neben den Piloten auch Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone, FIA-Präsident Jean Todt, Ferrari-Chef Sergio Marchionne sowie einige Teamchefs dabei.

Vorausgegagen war ein Treffen der Techniker mit Charlie Whiting (dem technischen Delegierten der FIA) am Londoner Flughafen Heathrow. Es kam, wie es viele Fans befürchten mussten: Die Techniker konnten sich – einmal mehr – nicht auf einen Nenner diskutieren, noch immer gibt es keine Einigkeit, wie im Detail das 2017er Formel-1-Reglement aussehen soll, wenn die Rennwagen aggressiver aussehen und markant schneller sein sollen.

Aber nun wird die Zeit knapp. Die Entscheidungsträger haben Mailand mit dem Versprechen verlassen, bis Ende Februar eine Lösung gefunden zu haben.

Nächster Schritt: Sitzungen der Strategiegruppe, dann der Formel-1-Kommission in Genf, am 23. Februar. Wenn bis 29. Februar keine Lösung gefunden wird, tritt möglicherweise ein, was Williams-Technikchef Pat Symonds bereits angeregt hat.

Symonds schlägt vor, die ursprünglich für 2017 geplanten Regeländerungen auf 2018 zu verschieben, weil den Teams die Zeit ausgeht.

Der Williams-Technikchef erklärte im Rahmen an der Autosport International Show: «Werden wir ein gutes Auto hinbekommen? Ich weiss es nicht. Ich denke, wir haben noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns und ich fühle mich ein bisschen gestresst und unter Druck. Ich denke, dass wir etwas zu vorschnell handeln, ohne die Grundlage zu schaffen, von der wir ausgehen wollen.»

Der 62-jährige Brite, der als einer der Hauptakteure die Schaffung der neuen Regeln aus nächster Nähe miterlebt, gestand auch: «Ich wäre sehr viel glücklicher, wenn wir die Änderungen 2018 statt 2017 einführen. Dann haben wir ein Jahr Zeit, um herauszufinden, was wir wirklich brauchen. Aber wahrscheinlich sieht das nicht jeder so. Ich denke nicht, dass die Strategiegruppe derzeit darüber diskutiert, ob die technischen Regeln richtig oder falsch sind. Sie hat uns den Auftrag gegeben, diese auszuarbeiten und das machen wir auch. Ich glaube, die Strategiegruppe macht nun weiter und befasst sich mit den sportlichen Aspekten.»

Rennfans befürchten sowieso: Was wird aus dem Ziel, die Formel 1 zwischen fünf und sechs Sekunden pro Runde schneller zu machen? Die geplanten radikalen Änderungen der Formel-1-Regeln drohen auf dem Weg zur Ausformulierung zu verwässern.

Um die Formel 1 aus ihrer Krise zu hieven und neue Zuschauerkreise zu erschliessen, wollen die Entscheidungsträger der Königsklasse die Regeln des GP-Sports radikal ändern. Die höchste Motorsport-Klasse soll wieder lauter, attraktiver und spektakulärer werden – unter anderem durch neue Chassis-Regeln, die nicht nur eine schöne Silhouette, sondern dank erhöhtem Abtrieb auch spannendere Duelle zur Folge haben sollen.

Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery beteuert, dass die Italiener durchaus Reifen konstruieren können, die höheren Belastungen ausgesetzt werden können, auch wenn sich diese klar von den aktuellen Walzen unterscheiden würden: «Wir können einen Reifen backen, der jeder erforderlichen Belastung gewachsen ist. Aber dieser würde sich stark von den aktuellen Mischungen unterscheiden. Wenn wir den Abtrieb um 50 oder 60 Prozent erhöhen, dann werden wir andere Reifen sehen als jene, die wir in den vergangenen Jahren für die Formel 1 konstruiert haben.»

Hembery warnt auch: «Ich kann mich noch gut an unseren Formel-1-Einstieg erinnern. Damals war Ross Brawn der Kopf der Reifen-Arbeitsgruppe und eine der ersten Aussagen, die er machte, war: 'Wir wollen keine schnelleren Kurvengeschwindigkeiten.' Wir müssen also vorsichtig sein. Die Leute müssen realisieren, dass die Leistung in der Formel 1 schon jetzt sehr hoch und eine Verbesserung der Rundenzeit um fünf Sekunden enorm ist. Wir müssen uns sicher sein, dass wir uns auch in die richtige Richtung entwickeln.»

Aber haben die Fachleute von Pirelli nicht immer beteuert: Der Autoverband FIA und Bernie Ecclestone wollten Reifen, die gezielt abbauen – um Reifenwechsel zu begünstigen und die Grands Prix zu durchmischen? War das nicht die Vorgabe? Die hat leider zur Folge, dass die Fahrer mit ihren Walzen umgehen wie mit rohen Eiern. Und das ist spannungshemmend.

Bernie Ecclestone erwidert: «Wir haben nur gesagt – baut Reifen, die ungefähr die Hälfte des Rennens halten. Dann bekommen wir auch Boxenstopps. Doch ich finde, die Piloten sollten trotzdem in der Lage sein, so schnell als möglich zu fahren. Wenn die Startampel erlischt, sollten sie Vollgas geben können.»

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