Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Quali China: Rosberg vor Ricciardo, Hamilton im Pech

Von Mathias Brunner
​Abschlusstraining China: Rosberg vorne, Ricciardo schneller als Ferrari, Reifenpoker von Rosberg, Pech für Hamilton, Unfall von Pascal Wehrlein (Manor).

Nach einem gewaltigen Unwetter am Samstagmorgen im Grossraum Shanghai blinzelte zur Mittagszeit auf dem Shanghai International Circuit die Sonne hervor. Bedrohliche Wolken kehrten zurück, aber im Fahrerlager hofften viele, dass es trocken bleiben würde – denn erstmals 2016 wurde zwar nach dem letztjährigen Quali-Prozedere gefahren, jedoch mit der Reifenzuteilung von diesem Jahr.

Nach den zwei verpatzten Ausscheidungs-Qualifikationen in Australien und Bahrain wurde die Rückkehr zum gewohnten Trainingsmodus von allen begrüsst. Einem halt das jedoch nichts: Während des Rennens in Bahrain merkten die Spezialisten von Mercedes, dass am Getriebe von Lewis Hamilton etwas nicht stimmt. Ein modernes Getriebe muss sechs Rennwochenenden halten, ein Wechsel bei einem Rennen wie Monaco ist aber unerwünscht. Die Mercedes-Strategen meinten: Lieber hier in China ein Wechsel, so Hamilton einen Teil von fünf Rängen zurück wieder aufholen kann, als in den Strassen von Monte Carlo oder ein Rennen zuvor in Barcelona, wo das Überholen ebenfalls schwierig ist.

Als die Quali begann, gab es an einigen Stellen des Shanghai International Circuit noch feuchte Stellen, aber Lewis Hamilton funkte schon während seiner ersten Runde (auf Intermediates): «Die Piste ist so gut wie trocken.»

Ein grosser nasser Fleck lag unter den beiden gewaltigen Brücken über der Start/Ziel-Geraden. Sky-GP-Experte Martin Brundle: «Das kühlt die Reifen dann ab, kurz bevor du in die erste Kurve einlenken musst. Aber das ist für alle gleich.»

Unfall von Wehrlein

Das erste Opfer des Qualifyings, auf superweichen Reifen: Manor-Pilot Pascal Wehrlein – Dreher, Leitschieneneinschlag bei Start und Ziel, Quali-Unterbrechung!

Zeitlupenaufnahmen zeigten: In der Beschleunigungsphase geriet der Manor auf einen Buckel, die nasse Bahn enthob die Reifen ihrer Haftpflicht, von da an war Wehrlein nur noch Passagier.

Der Mercedes-Zögling am Funk: «Tut mir leid, Jungs, ich konnte nichts mehr machen.»

Damit war klar: Würde nicht noch ein Pilot eine Strafe erhalten, muss der Sigmaringer am Sonntag den Grossen Preis von China vom letzten Startplatz aufnehmen.

Die chinesischen Streckenposten brauchten eine Weile, bis der Manor hinter die Leitschiene bei der Haupttribüne gehievt war.
Auch bei der letzten Kurve eingangs Start und Ziel gab es noch einen nassen Fleck. Martin Brundle: «Es ist recht einfach – die Piloten müssen halt aufpassen. Ich würde nicht so weit gehen und sagen, das war ein Anfängerfehler, weil ich Wehrlein nicht für einen Anfänger halte. Aber er hat sich eine Lektion gelernt.»

Williams-Fahrer Felipe Massa erklärt: «Wenn da alles zusammen kommt, dann hast du keine Chance. Da ist ein übler Buckel, der das Heck aushebelt, dazu ist es nass, und Wehrlein hat den verstellbaren Heckflügel flach gestellt.»

Die Chinesen brachten auf Befehl von Charlie Whiting, dem Sicherheitsdelegierten und Starter der Formel 1, einige Reinigungsfahrzeuge auf die Bahn, um die nassen Flecke etwas weniger nass zu gestalten.

Quali 1: Motor-Alarm bei Hamilton

Bei Mercedes hatte man andere Sorgen: Der Motor von Lewis Hamilton gab nicht volle Leistung ab. Die Quali-Pause nach dem Unfall von Wehrlein war den Mercedes-Technikern hoch willkommen.

Das Wasserproblem unter den Brücken ging nicht so schnell weg: Weil es am Morgen so stark geregnet hatte, tropfte von den riesigen Trägern noch immer Wasser herunter, Pistenreinigung hin oder her.
Nochmals Martin Brundle: «Jeder Fahrer muss wissen – das Pedal funktioniert auf beide Seiten. Die Fahrer müssen sich den Verhältnissen anpassen und basta.»

Nach 23 Minuten ging es endlich weiter.

Noch immer wurde bei Hamilton gearbeitet, wegen des Motorproblems. Langsam wurde die Zeit knapp bei den Weltmeistern.

Die McLaren-Honda-Fahrer Button und Alonso setzten erste Bestmarken, gut eine Sekunde vor Romain Grosjean, der seinen Haas-Renner aufgrund der hohen Reifendruckvorgaben von Pirelli als unfahrbar bezeichnet hat.

Jenson Button wies über Funk darauf hin: «In der Auslaufzone bei der Einfahrt zur Box steht ein Fahrzeug. Wenn wir dort Probleme haben, dann knallen wir da voll rein.»

Es handelte sich um eines jener Fahrzeuge, welche versucht hatte, die Piste zu reinigen.

Lewis Hamilton kam sechs Minuten vor Schluss der Quali erstmals auf die Bahn, um herauszufinden, ob der Motor nun sauber läuft. Ergebnis: Während Nico Rosberg Bestzeit fuhr, war Renault-Fahrer Jolyon Palmer am Ende der langen Gegengeraden kurz neben der Strecke.

Hamilton kam sofort zurück in die Box: Problem mit dem Hybridsystem! Das bedeutet – 160 PS weniger als die Konkurrenz, damit war der dreifache Champion chancenlos.

Zu allem Übel wurde Hamilton kurz vor der Einfahrt zur Box auch noch beinahe von Toro-Rosso-Fahrer Max Verstappen abgeräumt, als der Niederländer versuchte, einen sauberen Schwung in die letzte Kurve hin zu fahren.

Nach zwei Poles in Australien und Bahrain schied Hamilton ohne eine einzige Runde aus: Die Motorprobleme liessen sich nicht lösen!
Lewis: «Schon beim Rausfahren auf die Bahn merkte ich, dass etwas nicht stimmt. Jetzt müssen wir sicherstellen, dass wir aus dem Defekt etwas lernen.»

Zur Erinnerung: In 2014 startete Hamilton zum Ungarn-GP von ganz hinten und schaffte es noch aufs Siegerpodest!

Aber Hamilton sagt: «Ja, aber damals in Ungarn hatten wir ein Rennen mit Mischverhältnissen und auch nicht solch dramatischen Reifenabbau wie hier.»

Frage vieler Fans: Wird die Strafe von fünf Ränge zurück wegen des Getriebewechsels nach den Motorproblemen zum Sotschi-GP hin verschoben? Antwort: Nein, eine solche Regel gibt es nichts mehr. Die Strafe gilt hier in China als abgesessen.

Lewis: «Zum Glück kann man hier überholen. Das wird ein unterhaltsames Rennen.»

Die Reihung nach Quali 1: Die Ferrari von Vettel und Räikkönen vorne, Rosberg nur Fünfter, Aus für Wehrlein (Unfall), Hamilton (Motor), Haryanto, Palmer, Gutiérrez und Magnussen, also beide Renault out!

Quali 2: Nico Rosberg pokert richtig

Zur Erinnerung: Die Fahrer müssen mit jenem Reifen in den Grand Prix gehen, mit dem sie die schnellste Runde in Quali-Segment 2 fahren. Daher stellte sich die Frage: Wer würde aus den Top-Ten mit weichen (statt superweichen) Reifen pokern, um zwar beim rohen Speed Zugeständnisse zu machen, dann aber mit Walzen ins Rennen gehen zu können, die länger halten? Denn Tests vom Freitag hatten gezeigt: Die superweichen Reifen halten nur fünf oder sechs Runden.

WM-Leader Rosberg jedenfalls ging mit weichen Reifen auf die Bahn, als Quali 2 begann – 1:36,240 min. Würde seine Zeit mit weichen Reifen reichen, um unter die besten Zehn vorzustossen, wo dann mit superweichen Reifen gefahren werden kann?

Die Force-India-Fahrer Pérez und Hülkenberg konnten auf superweichen Reifen die Zeit von Rosberg auf den weichen Pirelli nicht knacken, Max Verstappen im Toro Rosso auch nicht, ebenso wenig Daniel Ricciardo im Renner von Red Bull Racing.

Ferrari ging auf den Poker von Mercedes nicht ein: Vettel und Räikkönen gingen beide mit superweichen Reifen auf die Reise.
Kimi Räikkönen knackte die Rosberg-Zeit, 122 Tausendstelsekunden schneller als Rosberg, Vettel belegte 65 Tausendstel hinter dem Finnen Rang 2.

Aber wenn Pirelli sagt, der Unterschied zwischen dem weichen und dem superweichen Reifen in China beträgt rund acht Zehntelsekunden, dann fuhr Rosberg eine grandiose Runde.
Nico Hülkenberg rollte auf drei Rädern aus und funkte: «Ich habe mein linkes Vorderrad verloren.»

Rote Flagge!

Das wird eine Strafe für Force India setzen, die FIA ist sehr streng, was verlorene Räder angeht.

Aus im zweiten Segment: Massa (als Elfter), Alonso, Button, Grosjean, Ericsson und Nasr.

Quali 3: Pole für Rosberg

Nur neun Fahrer gingen also ins letzte Quali-Segment (ohne Hülkenberg). Nico Rosberg gab den Takt vor: 1:36,111 min.
Erster Konter von Ferrari mit Kimi Räikkönen – 1:35,972 min, schneller als Rosberg! Blick in die Statistik – wann stand der Finne letztmals auf Pole? Genau, in Magny-Cours 2008, als er und Felipe Massa die erste Startreihe für Ferrari betonierten.

Nico Rosberg konnte also die Vorteile der weichsten Pirelli-Mischung nicht komplett nutzen.

Rosberg, Vettel und Räikkönen gingen für ihre letzten Sturmläufe auf die Bahn. Was für ein Unterschied zur doofen Ausscheidungs-Quali, als zum Schluss niemand mehr fuhr.

Nico Rosberg fuhr dann 1:35,402 min – Bestzeit!

Sebastian Vettel konnte nicht kontern: Nur viertbeste Zeit nach einem Fehler in der Haarnadel.

Kimi Räikkönen konnte sich nicht verbessern, die Sensation jedoch war Daniel Ricciardo im Red Bull Racing – Startplatz 2 und dies auf trockener Bahn, wer hätte damit gerechnet?

Damit ist der Teppich für einen wunderbaren Grand Prix gelegt.
Nico Rosberg hat seine 23. Pole erreicht, seine erste seit Abu Dhabi 2015.

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