Kanada-GP in Montreal: Bald Besuch der Bagger
Montreal hat sein Aufwärmtraining für den Formel-1-Grand Prix 2016 begonnen – am Sonntag sind die letzten Frachtjumbos aus Europa auf dem Flughafen Mirabel eingeflogen, an der Rennstrecke richten die emsigen Mechaniker die Boxen ein. Die Verhältnisse dort sind in die Jahre gekommen. Das Fahrerlager ist chronisch eng, mit der Zeit mussten Teamhäuschen aufs olympische Ruderbecken hinausgebaut werden, um mehr Raum zu gewinnen. Aber mit solchen provisorischen Lösungen ist bald Schluss. Denn der neue Vertrag mit Bernie Ecclestone, der 2014 für zehn weitere Jahre abgeschlossen worden ist, sieht zahlreiche Erneuerungsarbeiten an der Infrastrukur vor, die in der kanadischen Metropole auf rund 20 Mio Euro veranschlagt wurden – neue Boxenanlage, neuer Kontrollturm, neues Pistenkrankenhaus, das nur noch grenzwertig den FIA-Bestimmungen genügt.
Insgesamt fünf Frachtmaschinen jetten das GP-Material rund um die Welt, die erste davon war schon am vergangenen Freitag gelandet. Die Fahrer trudeln auch langsam ein: Mercedes-Zögling Pascal Wehrlein und Haas-Fahrer Romain Grosjean waren an Bord unserer Swiss-Maschine aus Zürich, einige ihrer Fahrerkollegen hingegen weilen schön länger in Nordamerika.
Lewis Hamilton hat in Colorado trainiert, auch ein Abstecher nach New York lag drin. Sein Mercedes-Stallgefährte Nico Rosberg hatte einen Auftritt in Boston. Jenson Button liess es sich in Miami gutgehen.
Aus welchen Richtungen auch immer die Fahrer einfliegen – sie werden sich alle spätestens am Donnerstag an der Strecke treffen. Dort werden tausende kanadischer Rennfans auf sie warten: Donnerstag ist auf der Insel Notre-Dame traditionell Tag der offenen Tür.
Der Zehnjahresvertrag zwischen Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone und Rennpromoter François Dumontier war die Frucht von zwei Jahre währenden Verhandlungen. Wie so oft gab es Knatsch ums Geld: Im Falle Kanada-GP beträgt die jährliche Antrittsgebührforderung von Bernie Ecclestone umgerechnet 10 Mio Euro, mit zusätzlichen vier Prozent jedes Jahr. Bei einer Laufdauer von zehn Jahren würde das Rennen 2024 demnach rund 15 Mio kosten.
Für Austragungsorte wie Baku oder Abu Dhabi ist das ein besseres Taschengeld, in Kanada aber musste Dumontier schon sehr viele Bälle in der Luft halten, um den neuen Vertrag zu stemmen – denn es galt, rund ein Dutzend Politiker und Funktionäre auf den Ebenen Stadt (Montreal), Provinz (Québec) und Staat (Kanada) unter einen Hut zu bringen, die alle finanziell zum Rennen beitragen.
Die Gespräche wurden durch zwei Regierungswechseln in nur 18 Monaten nicht eben vereinfacht. Ganz zu schweigen davon, dass es in Montreal innerhalb eines Jahres vier verschiedene Bürgermeister gegeben hat!
Aber zum Glück wurde letztlich alles gut: Der grösste Sportanlass von Kanada erfreut sich anhaltender Beliebtheit bei Fans und Formel-1-Zirkus; Stadt, Provinz Québec und die Tourismusbehörden auf regionaler und nationaler Ebene wissen um die Magnetkraft des Rennens. In keiner Formel-1-Stadt wird so tüchtig gefeiert und der Grand-Prix-Sport so warmherzig willkommen geheissen wie in Montreal.
Die Stadt wird die kompletten Kosten für den Umbau der Infrastruktur übernehmen, wenn hier die Bagger auffahren. Der Grosse Preis ist der grösste touristische Anlass des ganzen Jahres, Montreal-Bürgermeister Denis Coderre hat wiederholt betont, er werde alles daran setzen, das Rennen in der Stadt zu behalten. Und er hat Wort gehalten.