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Ross Brawn: Geheimnisse der Formel 1 enthüllt

Von Mathias Brunner
​Ross Brawn, langjähriger Wegbegleiter von Michael Schumacher, hat mit Ex-Williams-Teamchef Adam Parr ein Buch geschrieben – über die Geheimnisse von Team-Management und Politik in der Formel 1.

Der totale Wettkampf – das klingt in der deutschen Sprache nicht so windschlüpfg wie «total competition» auf Englisch und riecht ein wenig nach Verbissenheit oder Krieg. Der Untertitel macht dann hellhörig: Strategielektionen aus der Formel 1. Der Engländer Ross Brawn, bei Benetton, Ferrari und Mercedes Wegbegleiter von Michael Schumacher, hat zusammen mit Adam Parr (von 2006 bis 2012 Geschäftsleiter des Williams-Rennstalls) ein Buch verfasst. Es erscheint im kommenden Herbst im Verlag Simon & Schuster, ist als Dialog zwischen Brawn und Parr verfasst und gleicht Strategien in der Formel 1 mit militärischem Vorgehen der vergangenen Jahrhunderte ab. Gewiss kein alltäglicher Ansatzpunkt für Fachkräfte aus dem Motorsport.

Es geht auch darum, das strategische Vorgehen in der Formel 1 mit modernen Management-Stukturen im Geschäftsleben zu vergleichen. Adam Parr ist für das Thema der richtige Mann: Nach der Trennung von Williams hat er am University College von London einen Doktortitel in Strategie gemacht.

Ein erster Buch-Versuch von Parr war «Die Kunst des Krieges – fünf Jahre in der Formel 1», die im Stile eines illustrierten Romans Machtkämpfe im Grand-Prix-Sport thematisierte.

Der gelernte Anwalt Parr war von der Art und Weise fasziniert, wie es Ross Brawn bei verschiedenen Rennställen schaffte, das Team an die Spitze zu führen: Seine fünf WM-Titel mit Michael Schumacher von 2000 bis 2004 sind unerreicht, Brawn war es auch, der bei Mercedes ein Fundament goss, auf dem die WM-Titel von Lewis Hamilton 2014 und 2015 stehen.

Ross Brawn: Lieber Buchautor als Renndirektor

Ross Brawn ist in den vergangenen Jahren immer wieder mit einer Rückkehr in die Formel 1 in Verbindung gebracht worden. Der passionierte Fliegenfischer und Rosenzücher hat ein ums andere Mal dementiert.

Schon im Herbst 2014 war über eine Rückkehr von Brawn nach Maranello spekuliert worden – als Sportchef von Ferrari. Ross Brawn schob diesem Gerede einen Riegel, als er dem Sky-GP-Experten und früheren Formel-1-Fahrer Martin Brundle eine SMS schickte. Die bestand nur aus zwei Worten: «Nicht wahr.»

Im Rahmen des Goodwood Festival of Speed 2016 hat Brundle nachgehakt, denn Brawn, inzwischen 61 Jahre alt, tauchte dort seit längerem wieder einmal bei einer Motorsportveranstaltung auf.

Brundle bewegte den Weltmeister-BrawnGP-Renner beim beliebten Festival. Ross Brawn im Interview mit Brundle auf der britischen Sky: «Es handelt sich um mein eigenes Fahrzeug. Ich fand einfach, es sollte wieder einmal etwas Rennluft schnuppern.»

Brundle sagte: «Viele Fans finden, du solltest in der Formel 1 eine führende Rolle spielen. Aber jetzt mal ehrlich – gibt es Angebote?»

Brawn: «Nicht dass ich wüsste. Ich bin der Meinung, man sollte in solchen Dingen niemals nie sagen. Aber ich bin zufrieden mit meinem Leben, so wie es ist. Nichts, was bislang aufgetaucht ist, würde mich interessieren und motivieren, daran etwas zu ändern. Es liegt in meiner Natur: Wenn ich etwas mache, dann hänge ich mich voll rein, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Ich bin nicht sicher, ob ich mich nochmals so in eine Arbeit hineinknien möchte.»

Insider berichteten: Es habe sehr wohl ein Angebot gegeben, doch Brawn forderte angeblich weitreichende Kompetezen, und die war Ferrari-Chef Sergio Marchionne wohl nicht bereit zu gewähren. Motto: Es kann bei Ferrari nur einen Chef geben, und der heisst nicht Ross Brawn. Einmal mehr folgte ein Dementi von Brawn.

Aufregung dann in den Tagen vor dem Hockenheim-GP Ende Juli, als unser Kollege Maurice Hamilton im Flieger von London nach Frankfurt auf Ross Brawn traf. Sofort wurde im Fahrerlager von Hockenheim gemutmasst, Brawn sei auf dem Weg zu Geheimtreffen mit Ferrari.

Aber wenn das mutmassliche Treffen so geheim bleiben soll, wieso würde sich Brawn dann in einen Flieger setzen, in dem in aller Wahrscheinlichkeit jede Menge Formel-1-Personal aus Grossbritannien sitzt?

Im Internet machten sich bald die ersten Witzbolde über das angebliche Geheimtreffen lustig: «Jaja, und in Ferrari beginnen die Bauarbeiten an einem Forellenteich.» (Eine Anspielung auf Brawns Angelleidenschaft.)

Brawn sass wirklich im Flieger. Aber wie RTL-Moderator Florian König getwittert hat, war der Engländer auf dem Weg zur Michael-Schumacher-Ausstellung der DVAG in Marburg. Und er hat RTL gegenüber eine Formel-1-Rückkehr dementiert. Einmal mehr.

Das Verblüffende beim geheimsamen Projekt von Adam Parr und Ross Brawn: Es war der frühere Williams-Chef, der faszinierende Parallelen zwischen der Militärhistorie und dem Vorgehen von Brawn fand – Ross selber hat sich nie für Militärgeschichte interessiert, sondern eher aus dem Bauch heraus gehandelt.

Das neue Buch soll Geheimnisse hinter den Vorgehensweisen einiger der klügsten Köpfe der Formel 1 lüften. Wir sind gespannt und werden im kommenden November darüber berichten.

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