MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Felipe Massa: Kein neuer Williams-Vertrag – Rücktritt

Von Mathias Brunner
Felipe Massa

Felipe Massa

​Langsam fallen die Puzzle-Teilchen für das GP-Startfeld 2017 an ihren Platz: Im Fahrerlager von Monza hat der Brasilianer Felipe Massa auf Ende der Saison seinen Rücktritt aus der Formel 1 erklärt.

Felipe Massa tritt ab: Der knuffige Brasilianer, einer der beliebtesten und zugänglichsten Fahrer, beendet mit dem Grossen Preis von Abu Dhabi im kommenden November seine GP-Karriere, nach eigener Hochrechnung pünktlich zu seinem 250. Grand Prix.

Das Motorhome von Williams platzte aus allen Nieten, so viele TV-Mannschaften und Journalisten stehen sich auf den Füssen herum, als der 35jährige Brasilianer begründet: «Ich habe lange nachgedacht und bin zur Entscheidung gekommen, die Formel 1 auf Ende der Saison zu verlassen. Es kommt der Punkt in deinem Leben, wenn du eine andere Richtung einschlagen musst.»

«Die Chance besteht, dass ihr mich auch künftig am Rennlenkrad erleben werdet, aber das ist noch nicht entschieden.» Massa wird mit einem Wechsel in die brasilianische StockCar-Serie in Verbindung gebracht, auch von DTM-Rennen war die Rede.

Massa weiter: «Ich habe Monza nicht zufällig für diese Ankündigung gewählt. Vor zehn Jahren trat hier ein Fahrer zurück, der meine Karriere wesentlich beeinflusst hat – Michael Schumacher. Er gab hier ebenfalls seinen Rücktritt, das war vor zehn Jahren. Michael hat sich damals für mich stark gemacht, dass ich weiter Ferrari fahren kann. Nur sein Rücktritt hier in Monza machte es möglich, dass ich weitermachen konnte. Italien ist zudem im Laufe der Jahre meine zweite Heimat geworden, daher fand ich es passend, hier zu euch zu sprechen.»

«Ich darf auf meiner Karriere sehr stolz sein, selbst wenn ich am Titel haarscharf vorbei geschrammt bin. Ich bin nun 27 Jahre lang Rennen gefahren, fünfzehn Jahre in der Formel 1, das ist eine lange Zeit. Die restlichen acht GP-Wochenenden will ich einfach nur geniessen. Ich möchte mich bei allen bedanken, die meine Karriere verfolgt und die mich in all den Jahren unterstützt haben.»

Massa bestätigt, dass diese Entscheidung seit längerem in ihm gereift war und dass er für 2017 mit keinem anderen Rennstall verhandelt hat.

Am Ende seiner Rede brandet Applaus durch das Motorhome von Williams: Ein klares Zeichen für die grossen Sympathien, die der stets zugängliche Brasilianer unter uns Journalisten geniesst.

Es wird gesagt: In der Niederlage zeigt sich wahre Grösse. Und ich werde nie vergessen, mit welchem Stil Felipe die bitterste Stunde seiner Karriere durchgestanden hat – als er 2008 nach einem makellosen Sieg auf heimischem Boden in Brasilien so nahe am Titel war und dann doch enttäuscht wurde.

Felipe Massa: Titel 2008 um Sekunden verpasst

Mit neun Jahren bestritt Felipe Massa seine ersten Kart-Rennen. Acht Jahre später stieg er in die brasilianische Formel-Chevrolet-Serie ein und gewann dort 1999 die Meisterschaft. Er setzte sein Karriere in Europa fort und bestritt im Jahr 2000 Rennen in der italienischen und europäischen Formel Renault. Er gewann beide Meisterschaften.

Ende 2001 fuhr Massa in Mugello seine ersten Runden in einem Formel-1-Auto, für das Sauber-Team. Teamchef Peter Sauber sagte mir damals: «So wie zuvor Kimi Räikkönen war Felipe in den schwierigen schnellen Passagen sofort auf Speed. Das ist für mich ein sicherer Indikator für Talent.»

Massa erhielt einen Vertrag für 2002. In seiner ersten kompletten Formel-1-Saison konnte er aber lediglich vier Punkte einfahren, da er einige gute Positionen durch seine ungestüme Fahrweise verschenkte. Er wurde WM-Dreizehnter.

2003 wurde Massa deshalb von Teamchef Peter Sauber für ein Lehrjahr zu Ferrari geschickt, wo er als Testfahrer agierte.
2004 kehrte Massa zu Sauber zurück. Er fuhr nun regelmässig in die Punkteränge. Auch 2005 fuhr er für Sauber. In den letzten beiden Jahren für Sauber erreichte er die WM-Schlussränge 12 und 13.

Durch seine Leistung überzeugte er Ferrari-Teamchef Jean Todt, dessen Sohn Nicolas Manager von Felipe Massa Manager ist, den Paulista für die Saison 2006 unter Vertrag zu nehmen.
Nach vorsichtigem Start in der ersten Saisonhälfte schaffte er beim Grossen Preis der Türkei in Istanbul seinen ersten Sieg. Er schloss die WM-Saison als hervorragender WM-Dritter ab.

2007 fuhr Massa an der Seite von Kimi Räikkönen, Michael Schumacher war in Rente gegangen. Felipe und Kimi fuhren in der ersten Saisonhälfte auf Augenhöhe, bis sich Räikkönen im zweiten Saisonabschnitt von Massa absetzen konnte und nach dem hochdramatischen Finale von Interlagos die Weltmeisterschaft für sich entschied. Der Brasilianer belegte in einer der spannendsten und am härtesten umkämpften Weltmeisterschaften in der Geschichte der Formel 1 den vierten WM-Rang.

Auch 2008 startete Massa an der Seite von Räikkönen und erwischte einen schlechten Saisonstart. Die Steigerung liess nicht lange auf sich warten. Nach seinem Sieg beim Grand Prix von Frankreich übernahm er als erster Brasilianer seit Ayrton Senna die Führung in der Weltmeisterschaft, die er jedoch beim nächsten Rennen in Silverstone nach etlichen Fahrfehlern wieder verlor. Nach einigem Auf und Ab, nach Patzern und Siegen reiste Massa mit sieben Punkten Rückstand zum letzten Rennen der Saison nach Brasilien, in seine Heimatstadt São Paulo.

In einem wahren Herzschlagfinale schien er für wenige Sekunden Weltmeister zu sein. Da Massa mit einer makellosen Fahrt in Führung lag, musste Konkurrent Lewis Hamilton mindestens den fünften Platz erreichen, um Weltmeister zu werden. In der vorletzten Runde überholte Sebastian Vettel den Engländer, der somit nur noch Sechster war. In der Ferrari-Box und auf den Rängen wurde bereits gejubelt. In der vorletzten Kurve des Rennens gelang es Hamilton aber noch, den auf Trockenreifen fahrenden Timo Glock zu überholen. Die Gesichter in der Ferrari-Box gefroren, als jemand der jubelnden Familie Massa klarmachte – Hamilton hatte in der zweitletzten Kurve der letzten Runde des letzten Saisonrennens das Unmögliche möglich gemacht. Massa blieb nur der Titel Champion der Herzen. Er ging nach dem Rennen mit der schmerzlichen Niederlage bewundernswert um und erhielt für seine sportliche Einstellung zu Recht viel Lob.

2009 am Tod vorbei, 2010 von Ferrari gedemütigt

Beim Grossen Preis von Ungarn 2009 wurde Felipe Massa im Training von einer Schraubenfeder am Helm getroffen, die sich am BrawnGP-Renner von Rubens Barrichello gelöst hat. Felipe erlitt schwere Kopfverletzungen, wäre kurz nach dem Unfall beinahe an der eigenen Zunge erstickt und fiel für die restliche Saison aus. Erst beim Saisonauftakt 2010 in Bahrain sass er wieder am Steuer und hatte einen neuen Teamkollegen: Fernando Alonso.

Gleich bei seinem ersten Rennen in Bahrain wurde Massa hinter Alonso Zweiter, beim nächsten Rennen in Australien kam er vor dem Spanier als Dritter ins Ziel. Nach dem dritten Saisonrennen in Malaysia führte er die WM-Wertung an, musste die allerdings bereits in China an Jenson Button abgeben. Die nächste Podest-Platzierung folgte erst bei Grand Prix von Deutschland, wo Felipe zum ersten Mal in der Saison ein Rennen anführte. Auf Befehl des Teams musste er aber Alonso, der direkt hinter im lag, vorbeilassen und wurde am Ende Zweiter. Dafür wurde Ferrari von den Fans ausgepfiffen und von den Medien nach dem Rennen gnadenlos angeprangert. Die Rennleitung sah das Überholmanöver als verbotene Stallorder und belegte Ferrari mit einer Geldstrafe von 100.000 Dollar. In den restlichen acht Saisonrennen stand Felipe Massa noch zwei Mal als Dritter auf dem Podium, in Italien und Südkorea. Am Ende der Saison war er WM-Sechster, Alonso wurde WM-Zweiter.

Das Jahr 2011 startete mit drei Punkteplatzierungen, ein Platz auf dem Podium blieb Massa aber die gesamte Saison verwehrt. Sechs fünfte Plätze waren seine besten Ergebnisse und nach 19 Rennen beendete er die Saison wieder auf Rang 6. Mit 15 Platzierungen in den Punkten war der Brasilianer 2011 aber der beste Pilot, der nie auf dem Podium stand. So langsam dämmerte den Fans von Massa: So nahe wie 2008 würde er dem Titel wohl nie wieder kommen. Seit dem dramatischen WM-Finale vor eigenem Publikum hat er kein Rennen mehr gewinnen können.

2012 holte Felipe Massa erst beim vierten Rennen in Bahrain seine ersten WM-Zähler. Nachdem er in Spanien nur 15. wurde, gab es Schelte vom Team. Er solle mal einen Gang zulegen, hieß es, und beim nächsten Rennen in Monaco wurde Felipe Massa Sechster. Danach kam er nur in Valencia und Hockenheim nicht in den Top-Ten ins Ziel. In Silverstone erreichte er mit Rang 4 sein bis dahin bestes Ergebnis, das er in Monza wiederholte. In Japan stand er als Zweiter zum ersten Mal in der Saison auf den Podium und schloss das Jahr als Dritter bei seinem Heimrennen in Brasilien ab.

Am Ende des Jahres belegte er Platz 7 in der Fahrerwertung. In Italien wurde die Kritik lauter, dass Massa ausgewechselt gehört.

2013 startete Felipe Massa mit Platz 4 in Australien in die Saison und fuhr vier Rennen später beim Grand Prix von Spanien als Dritter auf das Podest. In Monza und Greater Noida/Indien gelangen dem Massa vierte Ränge, ansonsten sprangen nur noch verhaltene Resultate heraus, vor allem im Vergleich zu seinem Teamkollegen Fernando Alonso. Vor dem Grand Prix von Singapur gab Ferrari bekannt, dass Massa das Team zum Saisonende nach acht Jahren verlassen und durch Rückkehrer Kimi Räikkönen ersetzt werden würde.

Für die Saison 2014 fand Massa beim Williams Team Unterschlupf. Beim britischen Traditionsrennstall blühte Massa wieder auf – nur viel Pech verhinderte, dass Felipe mehr erreichte als zwei Podestränge (Monza und Interlagos) sowie den siebten WM-Rang.

2015 fuhr Massa bei Williams auf Augenhöhe mit jenem Mann, der monatelang als Räikkönen-Nachfolger bei Ferrari gehandelt wurde: Valtteri Bottas. Letztlich waren die guten Leistungen von Felipe gemessen an jenen von Bottas einer der Gründe, wieso Ferrari den jungen Finnen nicht holte. Massa wurde 2015 WM-Gesamtsechster.

In der laufenden Saison 2016 liegt Felipe auf dem zehnten Zwischenrang, mit 39 Punkten. Sein letzter Podestplatz geht auf Monza 2015 zurück. Aus den letzten acht Rennen konnte er nur drei Punkte holen, mit zehnten Plätzen in Monaco, Baku und Spa-Francorchamps. Valtteri Bottas liegt mit 62 WM-Zählern auf Zwischenrang 7. Im Laufe des Sommers deutete sich an, dass Williams dem Brasilianer keinen neuen Vertrag offerieren würde.

Claire Williams, Teamchefin des englischen Traditionsrennstalls: «Das ist für uns ein trauriger und hoch emotionaler Tag. Felipe ist ein wahrer Gentleman, und ich schätze uns glücklich, dass er sich damals entschieden hat, für uns zu fahren.»

Felipe gibt das Kompliment zurück: «Ich war immer ein grosser Fan von Frank Williams, und es war eine Ehe für mich, für diesen Rennstall fahren zu dürfen.»

In 242 Rennen hat Felipe elf Siege errungen, er stand 41 Mal auf dem Siegerpodest, startete 16 Mal von der Pole-Position in einen Grand Prix und fuhr 15 schnellste Rennrunden.

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