Formel-E-Kritik von Marko: Di Grassi schießt zurück
Lucas di Grassi
Lucas di Grassi wollte die Kritik nicht unkommentiert lassen. Der Brasilianer gehört zu den Fahrern, die kein Blatt vor den Mund nehmen, die ihre Meinung offen aussprechen. Es war also klar, dass sich di Grassi zu den jüngsten Aussagen von Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko äußern würde.
Marko hatte zu einem Rundumschlag ausgeholt. Hatte mit ziemlich deutlichen Worten erklärt, warum die «Racing Puristen» von Red Bull Racing, wie er es nannte, kein großes Interesse an der Formel E haben.
«Die Formel E ist einfach nur eine Marketing-Entschuldigung der Automobilindustrie, um vom Diesel-Skandal abzulenken», sagte Marko bei den Kollegen von motorsport.com. «Unter dem Strich sind Diesel-Motoren einfach die effizientesten Antriebe. Am Anfang lagen die Kosten in der Formel E bei acht Millionen Euro. Inzwischen sind es weit über 20 Millionen. Wenn mit Porsche und Mercedes die wirklich Großen dazukommen, wird der Preis noch weiter steigen. Und wenn die Budgets dann in die Richtung von 40, 50 Millionen gehen, wird mindestens ein Hersteller Fünfter oder Sechster in der Meisterschaft sein. Wenn das passiert, wird die Euphorie schnell vorbei sein, befürchte ich.»
Die Formel E sei «wie die Formel 3 mit einer 400 Kilogramm schweren Batterie, und (die Autos) sind so langsam. Die Formel E sieht nur attraktiv aus, weil sie auf diesen engen Straßenkursen fahren. Das ist der größte Vorteil der Formel E als Super-Marketing-Gag: Sie sind mitten in den Städten.»
Und: «Du musst deine Freundin fragen, ob sie lieber nach Spa oder New York will. Das ist das Grundkonzept der Formel E: zu den Leuten gehen.»
Di Grassi konterte rund um das dritte Saisonrenenn der Formel E in Chile, erklärte: «Dr. Marko sagte, dass er ein "Racing Purist" ist. Dieses Argument ist für mich nicht ganz richtig, denn es hängt davon ab, was es den Leuten bedeutet. Was genau bedeutet der Gedanke? Verteidigt er dann auch Pferderennen gegenüber Autorennen? Wenn er ein echter Racing-Purist ist, sollte er Pferderennen verteidigen. Oder Rennen mit reinen Verbrennermotoren, ohne Hybrid-Systeme, wie es sie in der Formel 1 gibt.»
Laut di Grassi sei es eher «eine persönliche Meinung wie: "Schaut, ich will in der Formel E nicht mitmachen, ich bin zu alt dafür und möchte lieber Verbrenner-Rennen in der Formel 1 machen."»
Die Formel 1 sei immer noch die wichtigste Kategorie im Motorsport, so di Grassi, «aber die Zukunft der Hersteller ist elektrisch.»
Sein Arbeitgeber Audi gewinne in der Formel E mehr als in der Formel 1, so der frühere Formel-E-Champion, der den Sinn der Elektroserie verteidigte. «Fakt ist, dass jedes Auto von Audi in der Zukunft elektrisch ist. Interessant ist herauszufinden, wie wir Elektroautos schnell, effizienter und billiger machen können. Das tun wir hier. Nicht nur Audi, alle. Es ist hier mehr eine kommerzielle Weiterentwicklung als in der Formel 1.»