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Fräulein Werner und ihr Gespür für Attacke

Kolumne von Rainer Braun
Hannelore Werner hielt Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre in den Formeln V, 3 und 2 ihre männlichen Kollegen in Atem. Heute wären solche Leistungen eine Sensation. Wir gratulieren zum 80. Geburtstag.

Vor dem flotten Mädel aus Hürth bei Köln fürchtete sich in der Blütezeit der Formel V fast jeder Konkurrent. Kein Mann war vor der damals 26-jährigen Rheinländerin und ihren mutigen Attacken sicher. Was die blonde Dame auf der Rennstrecke so alles aufführte, war in der Tat höchst bemerkenswert. Nun feiert «dat Hannelor» am 17. Januar ihren 80. Geburtstag.

Als einer ihrer ehemaligen Konkurrenten und «Leidtragenden» möchte ich heute gerne an meine alte Dauer-Konkurrentin erinnern und herzlich gratulieren. Ich mache das schon deswegen sehr gerne, weil ich mich um mehr als ein halbes Jahrhundert zurückversetzt fühle in eine wilde, unbeschwerte und unkomplizierte Motorsport-Ära.

Als Hannelore, gelernte Zahntechnikerin aus Hermülheim bei Köln, vom DKW F11-Tourenwagen 1966 in die Formel V kam, verschaffte sie sich mit mutigen, trickreichen und teils auch frechen Aktionen schnell Respekt.

Oft genug trieb sie ihre männlichen Konkurrenten an den Rand der Verzweiflung. «Das Weib fährt jenseits von Gut und Böse», empörte sich beispielsweise Formel Vau-Pilot Helmut Bross 1968 in Zolder, als ihn die couragierte Blondine kurz vor der Zielflagge mit einem haarsträubenden Manöver übers Gras überholte und den schon sicher geglaubten Sieg entriss. Hätte es da schon die heute so «beliebten» Track-Limits gegeben, wäre sie sofort disqualifiziert worden, aber sowas von.

Solche Situationen gab es mehr als einmal im schnellen Leben der Hannelore W., und so mancher auf diese Art blamierte Kollege stand hinterher wie ein begossener Pudel neben der frech grinsenden Rheinländerin auf dem Siegerpodium.

Natürlich wusste sie ganz genau, dass sie diese Karte mit ihrem Frauen-Bonus immer wieder spielen konnte. Auch ich habe erfahren müssen, wie das so ist, von Frau Werner abgeduscht zu werden.

Ich erinnere mich da an ein Rennen 1967 auf der Nürburgring-Südschleife, bei dem die Dame in der letzten Runde jeden Überholversuch abgeblockt hat, in dem sie brutal links und rechts über die unbefestigten Seitenstreifen donnerte und dabei ihren Verfolgern Dreck und Steine ins Gesicht schleuderte. Leider waren unsere Helme damals vorne noch offen und dementsprechend zerschossen war dann das Gesicht …

Es gab sicher noch so manche Aktion, über die man hätte reden können oder müssen. Doch keiner wollte sich dem Gespött aussetzen, gegen die Fahrweise einer Frau Protest einzulegen. Selbst die dominanten Österreicher mussten bisweilen zähneknirschend erkennen, dass der Image-Schaden bei einem Protest größer sein würde als zähneknirschend die Niederlage zu akzeptieren. So blieb es zumeist bei Rache- und Revanche-Drohungen.

Derweil empfahl der Österreich-Spaßvogel Dieter Quester, damals einer der Austria-Formel V-Stars, den düpierten Kollegen in der ihm eigenen, rustikal-derben Art, «statt zu jammern das Weib doch mal mit einem richtigen Kerl zusammenzubringen, damit sie endlich schlapp macht im Rennbetrieb». So was konnte man seinerzeit noch straffrei sagen, ohne gleich einen Shitstorm auszulösen.

Den «richtigen Kerl» fand sie tatsächlich wenig später. Zwischen Hannelore und ihrem Förderer Günther Hennerici, Chef des Wohnwagen-Unternehmens «Eifelland», war bald mehr als nur oberflächliches Geplänkel. Doch die innige Verbindung machte Hannelore nicht wie erhofft langsamer, sondern nur noch schneller und selbstsicherer.

So folgte der Formel V-Zeit eine glanzvolle Profikarriere. «Dat Hannelor», wie ihr Mäzen, Teamchef und späterer Ehemann sie gerne salopp in rheinischer Tonart nannte, kochte die Männer-Riege trotz der nochmals härteren Gangart der Formel 3 mit Mut und Cleverness ab.

Selbst vor Starts der zeitweise von Formel 1-Piloten durchsetzten Formel 2-EM schreckte sie nicht zurück. Ihr absolutes Karriere-Highlight lieferte sie 1970 auf der Nürburgring-Nordschleife ab, wo sie mit Platz 2 eine kleine Sensation lieferte und zugleich auch das beste Resultat einer Frau in der Geschichte der Formel 2 erreichte. Nachdem sich 1973 der erste von insgesamt drei Nachkömmlingen angemeldet hatte, beendete die Hannelore W. die Rennerei.

In Erinnerung bleibt eine schnelle, mutige Racerin, die rückblickend durchaus auch als eine Art frühe Ellen Lohr gelten kann. Mit dem Unterschied, dass die männliche Konkurrenz dem Sieger-Gen einer Frau Lohr zu deren Formel Ford-, Formel 3- und DTM-Zeiten weitaus mehr Respekt und Akzeptanz entgegenbrachte.

Liebe Hannelore, heute an deinem runden Geburtstag blicke ich sehr gerne auf unsere gemeinsame Zeit zurück. Es war ja kein Geheimnis, dass uns eine Art Hassliebe verband – trotzdem haben wir uns gegenseitig akzeptiert. Niederlagen gegen dich waren immer schmerzlich und so manchmal war’s sogar peinlich für uns wilde Kerle. Dazu dann noch dein freches, triumphierendes Lachen …

Ich wünsche dir ein weiterhin gesundes, sorgenfreies Leben im Eifelörtchen Boos, ganz nah am Nürburgring, wo du ohnehin die größten Erfolge gefeiert und deinen Konkurrenten die größten Niederlagen beigebracht hast. Und viel Spaß bei deinen sporadischen Reisen im Wohnmobil quer durchs Land – aber bitte nicht auch damit noch driften.

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