IDM 2018: Schöne Bescherung
Die Verpackung der IDM stimmt schon mal
«Die Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG hat der AG Motorsport des Industrie-Verbandes Motorrad e.V. und der Wirtschaftsdienst GmbH des DMSB e.V. jeweils Kooperationsverträge unterbreitet mit dem Ziel, die Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft (IDM) ab 2018 als Promoter fortzuführen», lautete die Pressemitteilung in der vergangenen Woche. «Die Gesellschafter der Motor Presse Stuttgart GmbH & Co.KG haben heute unserer Entscheidungsvorlage zur Durchführung der IDM 2018 zugestimmt», hiess es dann kurz vor Weihnachten. Ob die nötigen Unterschriften durch die AGM und den DMSB schon geleistet wurden, steht da nicht, aber da darf man trotz der nicht eindeutigen Formulierung von ausgehen.
Jetzt liegt also die IDM hübsch verpackt auf dem Gabentisch. Ob sich unter der Verpackung allerdings das erhoffte Präsent einer gut vermarkteten, gut besuchten und zukunftsorientierten Meisterschaft befindet oder nur ein paar langweilige schwarze Socken, das schnell in der dunklen Schublade verschwindet, bleibt noch abzuwarten. Denn über Inhalte weiß man fast noch nichts.
Als normal scheint es inzwischen, dass die IDM-Klassen gerade Mal sechs Renn-Wochenenden fahren. Die Superbiker bekommen noch eins dazu, als Rahmenrennen bei der Langstrecken-WM. Für alle anderen heißt es zwischen dem ersten und dem zweiten Rennen mal wieder große Pause von über zwei Monaten. Und von acht Rennen redet schon gar keiner mehr. Besser als nichts, mag der eine oder andere denken.
Supersport 300, Supersport 600, Superbike und Seitenwagen heißen die IDM-Klassen. Offen ist, ob die IDM Supersport 300 nur so heißt, oder ob auch ein Meistertitel drin ist. Denn bisher war die Nachwuchsklasse lediglich als Cup ausgeschrieben, einer kostengünstigeren B-Lizenz geschuldet. Über Nenngelder und Einschreibgebühren gibt es noch keine Infos. Auch die Fahrzeiten der einzelnen Klassen ist unbekannt. Denn gibt es 2018 eine IDM mit Cup-Klassen im Rahmenprogramm oder wird die IDM, nach wie vor eine Industrie-finanzierte Serie, eine Serie der Marken-Cups mit ein paar IDM-Rennen drumherum?
IDM Supersport 300
Neu dabei in der Arbeitsgruppe Motorrad ist Hersteller KTM. Beim Blick auf die Angebotspalette der Österreicher wird sich das Engagement auf die kleinste Klasse beschränken. Die Niederländer hatten die Klasse in der Saison 2017 mit ihrem Yamaha-R3-Cup bereichert und das Feld der spärlichen IDM-Piloten aufgepeppt. Doch in Sachen 300 cc machen die Niederländer nun ihr eigenes Ding und bieten in ihrer Meisterschaft ebenfalls eine 300er-Serie an.
Die Top-Zwei der IDM 2017, Jan-Ole Jähnig und Max Kappler, haben mit dem Team Freudenberg den Sprung in die Weltmeisterschaft geschafft, was auch die IDM als gute Nachwuchsserie, die Fahrer mit Potential hervorbringt, auszeichnet. Doch wie man die Klasse voll bekommen will, hat noch keiner erklärt.
IDM Supersport 600
Mit Thomas Gradinger verabschiedet sich der Meister 2017 in Richtung WM. Wegen Überfüllung geschlossen werden musste die Klasse auch in diesem Jahr nicht. Doch als Bindeglied zwischen den Cup- und Nachwuchsklassen hin zur IDM Superbike hat die Supersport 600 Klasse noch immer ihre Berechtigung. Es müssten sich allerdings auch da mehr Teams engagieren, die dort ihren eigenen Superbike-Nachwuchs heranziehen. 2018 könnte die IDM SSP 600 das Auffangbecken für heimatlose Yamaha-Cup-Piloten werden. Denn eine Fortsetzung im 41. Jahr der ältesten und erfolgreichsten Nachwuchsschule ist derzeit nicht in Sicht.
IDM Superbike
Die höchste Klasse der IDM muss sich 2018 neu erfinden. Ein Großteil der Aufmerksamkeit war in diesem Jahr dem Reiterberger-Effekt geschuldet. Denn neben guten Rennen stimmte auch das Drumherum. Das Drama um den überraschenden WM-Ausstieg und die bange Frage, würde Reiterberger wieder zur alten Form zurückfinden, wollte keiner verpassen. Im Hintergrund wurde Reiterberger nicht nur technisch sondern auch bei der Öffentlichkeitsarbeit und der Selbstvermarktung professionell unterstützt. Und Reiterberger selbst verkaufte sich gekonnt als bayrisches Original, der neben schnellen Runden auf der Strecke auch auf der Show-Bühne die perfekte Angus-Young-Kopie geben kann.
Das machen er und sein Team jetzt eben woanders, in der Superstock 1000 EM. In der IDM und bei den Fans wird die Lücke groß sein. Denn es zählen nicht nur schnelle Rundenzeiten. Auch wenn Siege und sportliche Erfolge im Vordergrund stehen, werden eine professionelle Vermarktung, eine gewisse Originalität und ein Wiedererkennungswert immer wichtiger.
Offen ist auch, wie sich die Hersteller noch bei den Teams engagieren, wenn ein großer Batzen ihres Budgets bereits in die Finanzierung der Serie und der Marken-Cups fließt. BMW muss einen Ersatz für ihr Reiterberger-Aushängeschild finden. Suzuki ist mit Luca Grünwald ihren besten Piloten 2017 losgeworden. Honda war mit dem Team Holzhauer und Jan Halbich als Einzelkämpfer unterwegs und bei Kawasaki erwies sich Nachrückerin Lucy Glöckner zwar als Glücksgriff aber Einzelkämpferin. Das hauseigenen Yamaha Team muss aus dem Schatten von Seriensieger BMW heraustreten.
IDM Sidecar
Dass die Seitenwagen-Fans geschlossen hinter ihrer Serie stehen, steht ausser Frage. Doch die Nachwuchsfrage wird bei den Dreirädern immer dringlicher. Wie schon in diesem Jahr müssen sich die Teams entscheiden, ob sie in der WM mit einem 600 cc Motor antreten oder in der IDM das 1000-cc-Konzept unterstützen. Beides können sich die wenigstens leisten und gegenseitige Besuche bei den Serien fallen dadurch flach.
Cup-Klassen
Der Suzuki GSX R 1000 Cup, der markenoffen Twin-Cup, der 2017 aus 99,9 Prozent Suzukis bestand, und der BMW Boxer-Cup 2.0, gefahren mit der R NineT Racer, sind sicherlich nett anzuschauen und die Teilnehmer sind lustige Gesellen. Doch es sind und bleiben Serien, in denen ambitionierte Piloten unterwegs sind, die zu Hause einem mehr oder weniger gut dotierten Job nachgehen und die sich als flottes Hobby eben lieber schnell Moped fahren gönnen statt Hallen-Halma. Den deutschen Valentino Rossi wird man dort allerdings weniger finden.
Doch die Industrie würde bei der Finanzierung der IDM nicht mitspielen, wenn sie die Serie nicht als Marketing-Instrument nutzen würden, um ihre Motorräder an den Mann oder die Frau zu bringen. Der Yamaha-Cup als eine der weltweit erfolgreichsten Nachwuchsserien steht bis her nicht zur Debatte und der ADAC macht mit seinem Junior Cup und dem Northern Europe Cup nach wie vor seine eigene Sache. Ein Gastauftritt des Junior Cups wäre in Assen möglich. Doch nach einem gewaltigen Engagement des ADAC sieht es erstmal nicht aus.
IDM Zukunft
Wer glaubt, die IDM sei nun gerettet und man könne sich getrost zurücklehnen, hat sich getäuscht. Denn wie weit der Deal zwischen dem Stuttgarter Verlagshaus, der AGM und dem DMSB reicht und ob die Planung über 2018 hinausgeht, weiß keiner außer den Beteiligten. In Sachen Promotion war 2017 nicht viel, ein schlüssiges Konzept 2018 liegt noch nicht vor. Keiner bezweifelt, dass die Stuttgarter Zeitung und Hobby-Veranstaltungen wie die Triumph-Challenge können. Ob sie eine Serie professionell vermarkten können, wird sich zeigen. Nach einem Jahr IDM-Erfahrung sollte die vorhandene Luft nach oben deutlich verringert werden. Denn nur mit ein bisschen in Facebook posten und Anzeigen in den hauseigenen Blättern schalten, ist es nicht getan. Der Erfolg ist ihnen zu wünschen, denn davon haben alle Beteiligten was.
Ein guter Anfang wäre es, der motorsportbegeisterten Menschheit die gute Nachricht der IDM 2018 zu verkünden. Denn auf der Internet-Seite der IDM, immer noch keine eigene sondern lediglich eine Unterabteilung des Verlages, kann man «aktuell» die Ergebnisse des IDM-Finales von Hockenheim abrufen. Auf den Seiten der Hersteller ist nichts zu finden, von wegen «wir machen mit? Ihr auch?». Im News-Center des Industrieverband Motorrad, wo die Arbeitsgruppe Motorrad, die den IDM-Spaß immerhin zu einem Großteil finanziert, ihr Zuhause hat, ist als Top-News zu lesen «Keine Fortführung der IDM 2018». Es wäre an der Zeit, das ramponierte Image der IDM aufzupolieren, denn sie hat’s verdient.
Termine 2018
23.-25. April: Auftakttraining Oschersleben
27.-29. April: Oschersleben
07.-10. Juni: Speedweek Oschersleben (Superbike 1000)
06.-08. Juli: Zolder/Belgien
27.-29. Juli: Schleiz
24.-26. August: Lausitzring
07.-09. September: Assen/Niederlande
28.-30. September: Hockenheimring