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IDM in der Sackgasse: So fehlt der deutsche Nachwuchs

Von Günther Wiesinger
IDM-Promoter Motor Events wolle sich zurückziehen, war beim GP von Deutschland zu hören. Die IDM ist eine Baustelle geblieben. Soll jetzt ausgerechnet der ADAC retten, was noch zu retten ist?

Es war vom ersten Tag an abzusehen. Die vom DMSB in jahrelanger mühsamer Kleinarbeit mit Hilfe dilettantischer «Serien-Manager» mühsam zugrunde gerichtete Internationale Deutsche Motorrad-Meisterschaft (IDM) erwacht auch unter dem neuen Promoter Motor Events HMP GmbH und den Machern Sepp Hofmann, Sepp Meier (von alpha Technik) sowie Bert Poensgen (vormals Suzuki-Motorrad-Verkaufs- und Vertriebsleiter und Geschäftsführer EuroSpeedwayLausitz) nicht zu neuer Blüte.

Das jüngste Rennen auf dem Hungaroring fand sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Sepp Meier dementiert die Ausstiegsgerüchte?, wenn auch etwas halbherzig. «Wir haben einen Fünf-Jahres-Vertrag, der läuft bis Ende 2017. Und es gibt sogar eine Option für fünf weitere Jahre», beteuert der Bayer.

Auf genauere Nachfrage hin räumt Meier freilich ein: «Wir haben beim DMSB um einen Termin gebeten, um verschiedene Punkte anzusprechen und Lösungen dafür zu suchen, wie das System zu verbessern ist.»

Das motorsportbegeisterte Motor-Events-Trio hat sich die kommerziellen Rechte an der IDM im Herbst 2012 für fünf Jahre unter den Nagel gerissen, natürlich mit Ausstiegsklauseln. Schon für 2013 gestaltete sich die Terminplanung zäh, die traditionellen Veranstalter sprangen ab, es gab lange Pausen im Rennprogramm, weite Reisen, etliche Rennen im Ausland wie in Zolder und Spielberg und zuletzt auf dem Hungaroring.

Motor Events rückte die Superbike-Klasse in den Vordergrund, obwohl dort nur 15 Fahrer auftraten, ein deutscher Siegfahrer fehlte jahrelang, die Asse kamen aus Australien, Tschechien, den Niederlanden, Belgien oder Österreich. Gareth Jones, Lorenzo Lanzi, Matej Smrz, Erwan Nigon und Javier Fores sind in Deutschland keine Publikumsmagneten.

Die IDM war schon lange zu einer Teilnehmer-finanzierten Veranstaltung verkommen. Es mussten also möglichst viele Klassen mit möglichst vielen Teilnehmern ins Programm gedrückt werden, dazu wurden die grossen Hersteller von Honda bis Suzuki mit stattlichen Teilnahmegebühren zu Kasse gebeten, die Kleinen wie KTM, Ducati, Triumph, MV Agusta und so weiter wurden links liegen gelassen. So stiegen viele namhafte Teams aus. KTM wurde als Nischenhersteller abgestempelt – die brauchte von den IDM-Machern niemand.

Teilweise wähnte man sich bei einem BMW-?Markencup statt bei einem IDM-Superbike-Lauf, das störte die MotorEvents-Macher freilich nicht sonderlich, sie betrieben ja als Partner von BMW fünf Jahre lang das Superbike-WM-Werksteam der Weiss-Blauen.

Ganz neutral war man also nicht, das regte so manchen Manager von Suzuki, Yamaha, Honda oder Kawasaki auf, wenn es ums technische Reglement ging. Und die jahrzehntelange Suzuki-Vergangenheit von Bert Poensgen erleichterte die Verhandlungen mit den Abordnungen der anderen Japaner auch nicht.

Während in der italienischen Superbike-Meisterschaft 2013 das Startfeld auf fast 50 Fahrer anwuchs, weil das Superstock-1000-Reglement eingeführt wurde, beharrten die IDM-Strategen auf dem Superbike-Reglement. Also musste die Superstock-1000-Klasse mitfahren, um die tristen Felder zu vertuschen.

Naja, die Zuschauer bleiben aus, viele Fahrer wechselten ins Racing-for-Fun-Gewerbe, weil ihnen der IDM-Betrieb zu teuer wurde.
Und irgendwann bekam man als Beobachter das Gefühl, die IDM spiele sich nur auf dem Lausitzring ab. IDM-Test, zwei IDM-Meetings, die IDM war Dauergast auf dem EuroSpeedway.

Der Sachsenring fiel bald aus dem Spielplan, schliesslich ging ja das Lausitzring-Management gerichtlich gegen die Zuschüsse des Freistaats Sachsen für den SaRi vor, keine Basis für eine gedeihliche Zusammenarbeit.

Der DMSB hat sich mit Hilfe des Motor Events-Deals den schwerkranken Patienten IDM in einer Art Kindesweglegung vom Hals geschafft.

Dass es keine Klassen mehr gab, die irgendwann wieder für GP-Nachwuchs sorgen würden, dass es kein deutscher Fahrer mehr in die Superbike-WM schaffte, dass bei den TV-Verträgen nichts passierte, kümmerte beim DMSB keinen.

Die ersten drei Jahre ?unter der Regie Motor Events sind rasch vergangen. Man bemühte sich, aber im Drittjob oder im Nebenerwerb lässt sich die IDM nicht retten.

Jetzt hat der DMSB die IDM womöglich für 2016 wieder am Hals.
?Dann soll der ADAC das Kommando übernehmen, ist zu hören.

Ausgerechnet der ADAC.

Kommen jetzt bald jene Experten zum Zug, die vor zehn Jahren Georg «Schorschi» Fröhlich für den kommenden Weltmeister hielten und ihn mit einer Werks-Honda und Weltmeister-Macher Sepp Schlögl als Cheftechniker in die 125er-WM schickten, während ein Dutzend echter Talente beim ADAC jahrelang abblitzte?

Hoffentlich wird beim ADAC jener offenbar von einer Art Tollwut befallene «Leiter Kommunikation Motorsport» in die IDM-Promotion eingebunden, der vor ein paar Tagen den erfolgreichsten deutschen MotoGP-Fahrer der letzten 60 Jahre quasi als jugendlichen Lügner mit erheblichen Erinnerungslücken darstellte und mit unqualifizierten Äusserungen anbellte.

Abgesehen davon, dass man sich als Kommunikations-Leiter nach all den Skandalen beim ADAC momentan ein bisschen kleinlaut verhalten sollte: Wenn der ADAC Junior Cup die deutsche Gehschule für künftige GP-Fahrer sein soll, wo sind dann die Top-3 dieser grandiosen Rennserie von 2014 hingekommen?

Wer liefert sachdienliche Hinweise zu ihrem spurlosen Verschwinden?

Keine Spur von deutschen Talenten

Und wenn es dank ADAC so wunderbar um den deutschen Rennfahrernachwuchs bestellt ist: Warum war keiner dieser jugendlichen Helden gut genug, um sich für den Red Bull Rookies Cup 2015 zu qualifizieren, dessen ehemalige Teilnehmer das halbe Moto3-WM-Feld 2015 ausmachen und die Moto2 bevölkern von WM-Leader Zarco bis zu Lorenzo Baldassarri und Florian Alt?

Ach, es gibt ja jetzt den «Northern European Moto3 Cup», dem ADAC sei gedankt. Was deren Protagonisten wert sind, haben wir bei den Wildcard-Fahrern Kappler und Geitner auf dem Sachsenring gesehen.

Deutsche GP-Teams wie RTG, Kiefer und Intact erblicken erstmals seit 20 Jahren keinen förderungswürdigen deutschen Moto3-Fahrer.

Aber der ADAC hat alles richtig gemacht.

Immerhin hat er beim österreichischen KTM-IDM-125-Junior-Team mit Michi Ranseder (ein Österreicher!) und Stefan Bradl einen Kleber draufgepappt.

Treffsicherheit hat der ADAC punkto Nachwuchsförderung in den letzten 10 oder 15 Jahren allerdings regelmässig bewiesen.
Und zwar dann, wenn es um das Auswählen der unqualifiziertesten Nachwuchsfahrer ging.

Wer brav, gehorsam, zurückhaltend, angepasst und biegsam war, wurde gefördert. Fahrerisches Talent – Nebensache. Oder waren die ADAC-Experten einfach nur ahnungslos?

Wer sich aufmüpfig, aggressiv, ehrgeizig und vorlaut benahm und seine eigene Meinung sagte, fiel beim ADAC durch den Rost. Selbst Sepp Schlögl, die Duldsamkeit und Gutmütigkeit in Person, nahm angesichts dieses Systems bald wieder Reissaus.

Auf der Rennstrecke sind aber die vom ADAC bevorzugten Eigenschaften nicht gefragt.

Weicheier, Dünnbrettbohrer, Beckenrandschwimmer, Schattenparker und Handy-am-Gurt-Träger haben im internationalen Motorradsport nichts verloren.

Irgendwann muss der reiche und stolze ADAC vom hohen Ross steigen und sich auch mit Querdenkern und unbequemen Experten auseinandersetzen. Aber die machen um diesen seltsamen und hochnäsigen Verein einen weiten Bogen.

Nicht erst seit 2014.

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