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Zum Tod von Joey den Besten: «Es guckte jeder weg»

Von Günther Wiesinger
Die Ereignisse rund um den Todessturz des Niederländers Joey den Besten (30) in Imatra sollten die gesamte Road-Racing-Szene aufrütteln. Es kam in Finnland zu grotesken Begebenheiten.

Im Zusammenhang mit dem tödlichen Unfall des Niederländers Joey den Besten auf dem Strassenkurs von Imatra/Finnland berichtet Teamchef Max Geenen, Freund des Niederländers und als Besitzer der Firma Motorradtechnik Geenen GmbH auch Sponsor des 1000-ccm-Kawasaki-Superbike-Piloten, über bizarre und unliebsame Vorkommnisse in Zusammenhang mit der Veranstaltung auf der ehemaligen GP-Piste.

Die International Road Racing Championship (IRRC) wird unter der Schirmherrschaft der nationalen Motorradverbände 2023 bei sechs Events in fünf Ländern ausgetragen. Die Rennen werden in den «FIM Europe Open Calendar» aufgenommen und müssen die Anforderungen der nationalen Föderationen erfüllen.

Die Organisation der IRRC wird von der «Stichting International Road Racing Championship» durchgeführt, eine Stiftung, die im niederländischen Handelsregister unter der Nummer 71613994 verzeichnet ist.

Mit den zuständigen Behörden und den Teams gab und gibt es immer wieder Streit und Diskussionen. So wurde zum Beispiel im Mai vor dem ersten Rennen heftig darüber diskutiert, ob künftig Winglets verwendet werden dürfen oder nicht.

Die Verantwortlichen berufen sich in solchen Fällen meist auf die FIM-Homologation.

Aber von FIM-Präsident Jorge Viegas, der sich sonst in jede Nebensächlichkeit einmischt und im Dezember verkündete, das Mooney VR46-Team von Rossi werde 2024 in der MotoGP-WM auf Yamaha fahren, das wisse er verlässlich, und der dann im Mai fantasierte, Suzuki wolle in die MotoGP-WM zurückkehren, hat wahrscheinlich Wichtigeres zu tun, als einen Kommentar zu den grotesken Begebenheiten in der IRRC abzugeben, die offenbar unter der Schirmherrschaft der nationalen Verbände und der FIM läuft.

«Der Unfall von Joey hätte so nicht passieren müssen. Es kann im Motorradsport immer ein tödlicher Unfall passieren. Aber das Drama von Imatra wäre vermeidbar gewesen», bedauert Max Geenen. «Deshalb sind diese Geschehnisse einfach fürchterlich.»

Es war für jeden Augenzeugen offensichtlich, dass Joey den Besten nach dem Aufprall am Lichtmast kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Die Experten schätzten die Aufprallgeschwindigkeit auf ca. 180 km/h.

«Der Arzt war zwei Minuten nach dem Sturz an der Unfallstelle. Ich habe wenig später persönlich mit diesem Rennarzt gesprochen», schildert Max Geenen im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Er hat den Tod festgestellt, das ist auch im Polizeiprotokoll nachzulesen. Ich habe jetzt die finnische Polizei noch einmal kontaktiert und den ganzen Ablauf geschildert, damit sich diese Behörde einschaltet. Mir geht es nicht darum, dass Road Racing sterben soll. Ich stehe nach wie vor voll dahinter. Denn jeder, der sich in der IRRC aufs Motorrad setzt, der weiß, was passieren kann. Auch Joey wusste das ganz genau; wir haben auch öfters darüber gesprochen. Wir sind ja miteinander Motocross gefahren, Rad gefahren und haben Urlaube gemeinsam verbracht.»

Max Geenen war als Besitzer eines Motorradhauses in Kempen (Niederrhein) auch dafür verantwortlich, dass Joey den Besten seine Karriere nicht Ende 2018 beendet hat, wie es geplant war.

«Wir haben vor Corona gemeinsam angefangen, die Superbike-Einsätze in der IRRC aufzubauen und sind sehr professionell eingestiegen. Zuerst auf Suzuki, dann sind wir auf Kawasaki gewechselt. Ich bin für beide Marken Vertragshändler, aber die Erfolgsaussichten waren mit Kawasaki deutlich größer», berichtet der Motorradhändler aus der Nähe von Düsseldorf.

Joey van Besten stammte aus Borculo/NL und galt als einer der besten Straßenrennfahrer Europas. «Er ist bis zum Sonntag bei uns in den all den Jahren in keinem Training und keinem Rennen ein einziges Mal umgekippt oder gestürzt», zieht Max Geenen den Hut. «Er ist trotzdem in der Serie ganz, ganz weit vorne mitgefahren. Joey war wirklich ein sehr, sehr sicherer Fahrer, der immer sehr viel überlegt hat. Wir haben vor dem Rennen extra noch ein Regen-Mapping drauf gespielt, was die anderen Teams gar nicht gemacht haben.»

Am Vortag ist übrigens an derselben Stelle der 600er-Fahrer Jorn Hamberg an derselben Stelle mit derselben Ursache gestürzt – wegen Aquaplanings. Er kam unverletzt davon.

«Ich bin davon überzeugt, dass auch Joey wegen Aquaplaning gestürzt ist. Da stand eine Pfütze, und er wird beschleunigt haben, um die Reifen in der Aufwärmrunde irgendwie warm zu machen», meint Geenen. «Ich habe mit Hamberg gesprochen. Er hat mir erzählt: 'Ich habe das am Vortag gehabt, bei Aquaplaning kannst du nichts machen. Das geht so schnell, du kannst in diesem Moment gar nicht mehr reagieren.’ Hamberg ist am Samstag an dieser Laterne vorbei gerutscht. Von Joey wurde sie am Sonntag getroffen.»

«Wie die Veranstalter und Funktionäre dann mit diesem tragischen Ereignis umgegangen sind, war unerträglich. Da guckte einfach jeder weg. Wenn ich Veranstalter bin, egal wie klein oder groß der Event ist, dann habe ich Rückgrat und sage: ‘Hey, pass’ auf, es ist was Schlimmes passiert. Wie können wir euch helfen?' Doch wir haben nichts erfahren. Es kam keiner zu uns, die Veranstaltung lief einfach weiter, als sei nichts passiert. Es war lange Zeit keine Betroffenheit vorhanden, denn keiner wusste was. Nur mir hatte der Arzt ca. 20 Minuten nach dem Unfall gesagt, Joey sei tot.»

Auch der Bayer David Datzer ließ durch eine Geste nach dem Rennen beim Vorbeifahren an der Box von Joey den Besten anklingen, er drücke die Daumen. Geenen: «In dem Moment wusste ich schon lange, dass er tot. Manche Fahrer haben es in der Startaufstellung erfahren, weil ihnen andere Fahrer die Nachricht zuriefen, nachdem sie es irgendwo aufgeschnappt hatten.»

«So ging es die ganze Zeit weiter. Ich dachte mir: ‘Hört mal Leute, was geht hier eigentlich ab?’ Ich habe dann dem Streckensprecher auf der Bühne im Fahrerlager Bescheid gesagt. Der war nach dem zweiten IRRC-Rennen noch immer am Feiern und Rumschreien. Ich habe ihm deshalb meine Informationen geschildert. Erst dann hat er die Rennleitung angerufen. Er wusste anscheinend nicht, was überhaupt los war. Wir haben vom Tod Joeys schon lange vor dem Neustart der IRRC erfahren. Die Rennleitung war viel, viel früher informiert worden.»

Stand in der IRRC-Superbike-Serie (nach 3 von 6 Events)

1. Lukas Maurer, (CH), Kawasaki, 140 Punkte
2. Patrick Hoff (D), BMW, 92
3. Didier Grams (D), BMW, 87
4. Joey den Besten (NL), Kawasaki, 64
5. Nico Müller (D), BMW, 58
6. Markus Karlsson (S), BMW, 57
7. Vincent Lombois (B), Yamaha, 53
8. Luca Gottardi (I), BMW, 52
9. Johannes Schwimmbeck (D), BMW, 45
10. Laurent Hoffmann (B), 44


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