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Ausverkauf bei Moto-Shop Hollinger: 60 Prozent Rabatt

Von Rolf Lüthi
Aktuell ist beim Moto-Shop Hollinger in Wallisellen bei Zürich an zwei Tagen der letzte Ausverkauf, dann schliesst eines der traditionsreichsten Schweizer Geschäfte für Motorradbekleidung.

Man könnte weinerlich den Verlust eines lebendigen Stücks Schweizer Motorradkultur beklagen, doch das würde der Realität nicht gerecht. Die Zeiten haben sich geändert, und mit ihr die Motorradwelt.

Eine Auswirkung dieses Wandels: Obwohl viel mehr Leute Motorrad fahren als vor 50 Jahren, haben kleinere, vom Inhaber geführte Geschäfte für Motorradbekleidung Existenzsorgen.

Die Grosshandelsketten sind eine starke Konkurrenz geworden, dazu läuft ein zunehmender Teil des Handels übers Internet.

Den Moto-Shop Hollinger gegründet hat Charlotte «Lotti» Hollinger anno 1965. Das Geschäft für Motorradbekleidung war immer an der Bahnhofstrasse 20 in Wallisellen in einem Ladenlokal und angrenzender Wohnung untergebracht. In einer Zeit, als die Motorradszene eine kleine, verschworene Randgruppe war, baute sich Lotti Hollinger eine Existenz auf mit dem Verkauf der Bekleidungsmarken Sidi, Harro, Rukka und Belstaff, dazu führte sie die Helmmarken Nava, Römer, Cromwell, AGV und Schuberth. Eine Umkleidekabine gab es nicht, die Bekleidung wurde in der Stube hinter dem Ladenlokal zwischen den Regalen anprobiert.

Innerhalb kurzer Zeit wurde der Moto-Shop Hollinger und ihre Inhaberin zu einer Institution der Schweizer Motorradszene, «Töffmutter» oder «Honda-Lotti» wurde Lotti Hollinger genannt. Sie war nicht nur Geschäftsfrau, sondern auch Seelsorgerin und Lebensberaterin. In den 1990er Jahren, als die Motorradszene boomte, lief auch der kleine Laden mitten im Dorf Wallisellen richtig gut.

1997 übernahm Tochter Astrid «Asti» Hollinger den Moto-Shop Hollinger. Sie versuchte mit an Selbstausbeutung grenzendem Traditionsbewusstsein, das Geschäft zu erhalten. Sie hat die guten Zeiten miterlebt, aber danach auch den Wandel zuungunsten der kleinen Detailgeschäfte. «Es kam eine neue Generation von Motorradfahrern in den Laden», erzählt sie. «Die liessen sich eingehend beraten, probierten Bekleidung in mehreren Grössen und gingen wieder, ohne zu kaufen. Gekauft haben sie dann übers Internet. Das ist nicht nur bei mir so, damit sind Fachgeschäfte vieler Branchen konfrontiert.»

«Vor zwei Jahren eröffnete ein Grosser aus Deutschland ein Geschäft in der Nähe, dadurch wurde es nochmals schwieriger», sagt Asti und will den Namen partout nicht nennen. Gemeint ist Louis, der einen Kilometer weiter, direkt an der Autobahnausfahrt, einen Megastore eröffnete.

Zwar war Asti bei der Markenbekleidung preislich weiter konkurrenzfähig, doch «der Grosse aus Deutschland» hatte mehr Farben und Grössen stets vorrätig, konnte mehr Werbung machen und lockte mit Preisschlagern.

Dazu hat sich die Motorradszene gewandelt. Eine neue Generation von Motorradfahrern will das Einkaufserlebnis in einem lichten Neubau geniessen und nahm das mehr als 50-jährige Geschäft an der Hauptstrasse mitten im Dorf nicht wahr oder sah darin keinen erhaltenswerten Bestandteil der Schweizer Motorradkultur.

Vor zwei Jahren verstarb Lotti Hollinger im Alter von 79 Jahren. Nun wird auch das vor ihr gegründete Geschäft verschwinden, doch vorher ist noch an zwei Tagen, am 6. und 7. Juli, von 9 bis 20 Uhr Schlussverkauf mit 60 Prozent Rabatt. «Ich habe nur noch neun Helme», freut sich Asti (55). «Aber es hat noch eine grosse Auswahl an Lederhosen in verschiedenen Varianten und Stilrichtungen, Textilbekleidung, Lederjacken und Kombis hat es auch noch, dazu verkaufen wir auch Werkzeuge, Vitrinen, Dekomaterial und am Samstag gibt es Wurst vom Grill. Dann ist endgültig Schluss. Was dann noch übrig ist, spende ich einem Hilfswerk in Litauen.»

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