Motorsport ganz anders: Meine grösste Niederlage
Der grosse Ayrton Senna hat einmal gesagt: «Ich habe aus meinen Niederlagen mehr gelernt als aus meinen Siegen.» Dieser Satz wird auch dem englischen Journalisten und F1TV-Reporter Will Buxton im Kopf herumgespukt haben, als er sich für das Thema seines ersten Buches entschied. Denn der Brite wollte mit einer eindrucksvollen Reihe herausragender Racer nicht über Siege und Titel plaudern, sondern über schwarze Stunden, über ihre grössten Niederlagen.
Buxton hat sich (in einer Welt vor Corona) mit der Crème de la crème an einen Tisch gesetzt: Mit mehrfachen Formel-1-Weltmeistern wie Niki Lauda, Emerson Fittipaldi, Alain Prost und Mika Häkkinen, mit IndyCar-Stars wie Rick Mears und Bobby Unser, mit Langstrecken-Piloten wie Tom Kristensen, Derek Bell und Emanuele Pirro, mit Rallye-Assen wie Ari Vatanen und Sébastien Loeb, mit StockCar-Piloten wie Jeff Gordon und Jimmie Johnson.
Ich habe nie zuvor ein Buch gelesen, in welchem Rennfahrer so offen über Schwächen reden. Die Lektüre fühlt sich beinahe an, als hätten wir die Rolle eines Psycho-Therapeuten übernommen, und bei uns auf der Couch lägen die scheinbar härtesten Männer der Welt, um ihren butterweichen Kern zu offenbaren.
Diese Geschichten gehen ans Herz: Alex Zanardi, der nach einem Handrad-Unfall erneut einer grossen Prüfung unterzogen wird, sprach mit Buxton über den Verlust seiner Beine. Jeff Gordon erklärt, wie ihn seine Ehe fertiggemacht hat. Rick Mears erzählt, wie er zum Alkoholiker wurde. Dario Franchitti offenbart, wie gravierend seine Hirnverletzungen waren. Ari Vatanen öffnet wahre Abgründe, als er in einer tiefen Depression der Überzeugung war, er würde an AIDS sterben.
Emerson Fittipaldi redet über seine Nahtod-Erfahrung, Jackie Stewart über die 70er Jahre, als es normal war, jedes Jahr eine Handvoll Freunde und Fahrerkollegen sterben zu sehen, Mario Andretti über den schweren Unfall seines Zwillingsbruders Aldo und über den tödlichen Unfall seines Bruders im Geiste, Ronnie Peterson. Damon Hill erläutert, wie er mit dem Verlust seines berühmten Vaters Graham Hill umging.
Dieses Buch zeigt, wie gefeierte Renn- und Rallyefahrer mit den zahlreichen Hürden umgehen müssen, die das Leben uns gnadenlos vor die Füsse wirft; Buxton zeigt, wie verletztlich die angeblichen Machos doch sind. Und das macht sie erst recht zu Helden.
«My greatest defeat», Geschichten von Not und Hoffnung, ist eines der ungewöhnlichsten Motorsportbücher und aus diesem Grund unbedingt zu empfehlen.
Das Wichtigste in Kürze
Will Buxton: My Greatest Defeat
Von Evro Publishing, Dorset (England)
ISBN: 978-1-910505-40-3
Querformat 23,4 x 15,6 cm
Text in englischer Sprache
320 Seiten
Mehr als 350 Abbildungen
Mit Fahrerporträts von Giuseppe Camuncoli
Für rund 22 Euro im Fachhandel oder direkt bei Evro Publishing