Yamaha feiert 25 Jahre R1 in Mugello
Das Herzstück der R1, die 1998 ihren grossen Auftritt hatte, war ein innovativer, kompakter und leichter, flüssigkeitsgekühlter Reihenvierzylinder mit 998 ccm. Im DOHC-Zylinderkopf waren pro Brennraum fünf Ventile untergebracht, drei Einlass- und zwei Auslassventile. Der eigentliche Wendepunkt war jedoch die geniale Entscheidung des Projektleiters Kunihiko Miwa, das weltweit erste vertikal gestapelte Getriebe in einem Serienmotorrad zu entwickeln.
Bei dieser Konstruktion liegen die Kurbelwelle und die beiden Getriebewellen nicht meher wie damals üblich auf einer Ebene. Die beiden Getriebewellen ordnete Miwa übereinander an, was einen viel kürzeren Motor, einen kürzeren Radstand und trotzdem eine traktionsfördernd längere Schwinge ermöglichte.
Zusätzlich zu ihrem innovativen Antriebsstrang führte die R1 1998 ein völlig neues Deltabox II Aluminium-Chassis, eine stark verstrebte Aluminiumschwinge und eine in Zusammenarbeit mit Öhlins entwickelte, einstellbare 41 mm USD-Vorderradgabel ein. Das von den GP-Zweitaktern inspirierte, kompakte Fahrwerk und die Fahrwerksabstimmung boten ein damals unübertroffenes Handling und eine unübertroffene Wendigkeit und setzten neue Massstäbe für moderne Sportmotorräder. Die R1 leistete erstaunliche 150 PS bei einem Gewicht von vollgetankt 201 kg.
Nicht verschweigen wollen wir hier die Tendenz der ersten R1-Jahrgänge, auf schlechten Strassen mit dem Lenker um sich zu schlagen und in Rennstrecken-Kurvenausgängen ihre Fahrer mit Highsidern abzuwerfen. Unarten, die ihre Ursache in der Kombination eines erfrischenden Leistungseinsatzen bei 8500/min, eines ultrakurzen Radstands von 1395 mm und einer nicht ganz gelungenen Übersetzungskinematik des Hebelsystems der hinteren Aufhängung hatten.
Yamaha reagierte und stellte auf 2000 eine weiter verfeinerte und verbesserte R1 vor, an der mehr als 250 Teilen überarbeitet waren, darunter Verbesserungen an Motor und Fahrwerk, eine aerodynamischere Verkleidung und ein neuer Schalldämpfer aus Titan. Zwei Jahre später, im Jahr 2002, stellte Yamaha unter der Leitung von Projektleiter Yoshikazu Koike die nächste Generation der R1 vor, die ein vakuumgesteuertes Kraftstoffeinspritzsystem für eine verbesserte Leistungsabgabe und einen neuen Deltabox III-Rahmen mit geringerem Gewicht und einer um 30 % höheren Torsionssteifigkeit aufwies.
Im Jahr 2004 kam die vierte Generation der R1 auf den Markt, die sich durch einen neuen Motor mit grösserer Bohrung und kürzerem Hub, eine geschlossene Zylinderkonstruktion, Pleuel mit gecrackten Pleuelfusslagern, einen Staudruck-Lufteinlass, eine modische, technisch sinnlose Underseat-Auspuffanlage, eine überarbeitete Fahrwerksgeometrie und ein geschärftes Verkleidungsdesign auszeichnet. Die 2004er R1 war das erste Serienmotorrad mit einem Leistungsgewicht von 1:1, dank der 180 PS und 180 kg Trockengewicht.
Die R1, die 2007 vorgestellt wurde, war mit Yamahas innovativem Ride-by-Wire-Drosselklappensystem YCC-T und elektronisch gesteuerten variablen Lufteinlasstrichtern (YCC-I) ausgestattet. Projektleiter Makato Shimamoto stellte ausserdem einen neuen Motor mit vier Ventilen, eine Rutschkupplung, einen verbesserten Deltabox-Rahmen sowie verbesserte Bremsen und Aufhängungskomponenten vor.
Aufbauend auf diesem Erbe brachte Yamaha 2009 die nächste Generation der R1 auf den Markt, die mit einem Crossplane-Kurbelwellenmotor ausgestattet ist, der direkt von Yamahas MotoGP M1 abgeleitet wurde. Diese einzigartige Konstruktion mit unregelmässiger Zündfolge reduziert die Trägheitskräfte und sorgt für eine linearere Gasannahme. Darüber hinaus führte Entwicklungsleiter Toyoshi Nishida Doppel-Einspritzdüsen, einen neuen, leichteren Deltabox-Rahmen, einen Hilfsrahmen aus Magnesiumguss und modernste Elektronik ein. Mit diesem Motorrad gewann Ben Spies als Klassenneuling 14 Rennen zur Superbike-WM und holte als Rookie den WM-Titel. Dazu wurde das YART-Team Langstreckenweltmeister, Leon Camier britischer Superbike-Meister und Katsuyuki Nakasuga japanischer Superbike-Meister.
2012 bekam die R1 eine Traktionskontrolle, die den Zündzeitpunkt, die Kraftstoffzufuhr und die Drosselklappenöffnung anpasst, um eine optimale Traktion zu gewährleisten und so das Fahrverhalten und den Kraftstoffverbrauch zu verbessern.
Ein weiterer bahnbrechender Schritt erfolgte 2015, als die auf 200 PS erstarkte R1 das erste Serienmotorrad war, das mit einer sechsachsigen Trägheitsmesseinheit (IMU) und elektronischen Unterstützungssystemen ausgestattet war – entwickelt und bewährt in der MotoGP. Mit einem Trockengewicht von 179 kg und einer Vielzahl von Rennfunktionen war die 2015er R1 eine Sensation. Projektleiter Hideki Fujiwara stellte ausserdem die limitierte Topversion der R1M vor, die mit elektronisch gesteuerten Federelementen, einer lehten Kohlefaserverkleidung und einem Onboard-Datenlogger ausgestattet ist, um die Bedürfnisse ernsthafter Renn- und Track Day-Fahrer zu erfüllen.
Das 2018er R1 Modell wurde mit einem Quick Shift System (QSS) mit einer Blipper-Funktion für kupplungsloses Hoch- und Herunterschalten ausgestattet. Das Fahrverhalten wurde mit einem progressiveren Mapping des Lift Control Systems und überarbeiteten Fahrwerkseinstellungen verfeinert. Die Öhlins Electronic Racing Suspension der R1M verfügt über eine überarbeitete Schnittstelle für ein intuitiveres Setup.
Für 2020 erhielt die R1 einen CP4-Motor mit neuem Zylinderkopf, Nockenwellen und Einspritzsystem – während die umfangreichen elektronischen Fahrerassistenzsysteme verfeinert wurden. Ein neues EBM (Engine Brake Management) ermöglicht es dem Fahrer, die Motorbremswirkung dreistufig anzupassen und das neue Brake Control (BC)-System sorgt für mehr Vertrauen und Kontrolle bei Kurvenfahrten. Mit überarbeiteten Dämpfungsventilen und einer reduzierten Federrate sorgte die 43 mm-KYB-Gabel für mehr Feedback und ein natürlicheres Fahrgefühl. Die R1M wurde mit einem neuen Federbein und einer überarbeiteten Öhlins ERS NPX-Gasdruckgabel ausgestattet.
Derzeit liegt Toprak Razgatlıoğlu, Superbike-Weltmeister auf Yamaha im Jahr 2021, auf dem zweiten Zwischenrang der WM, das YART-Team führt in der Langstrecken-WM.
Auf 2023 wurde die R1 GYTR vorgestellt, die speziell für Track Day-Fahrer und Rennfahrer entwickelt wurde. Diese Maschine wird nach den FIM Stock 1000-Regularien hergestellt und ist ideal als Basis für ein Rennmotorrad oder als rennstrecken-Maschine für ambitionierte Trackday-Fahrer. Die R1 GYTR ist mit über 25 GYTR-Komponenten ausgestattet, darunter eine Akrapovic-Rennauspuffanlage, ein Rennsteuergerät, ein Kabelbaum, GYTR-Fahrwerksteile und eine komplette Rennverkleidung in weisser Grundierung.
Anlässlich dieses bedeutenden Jubiläums wird die Yamaha Racing Experience in Mugello die Feierlichkeiten für die R1 ausrichten. Die toskanische Rennstrecke, die für ihr schnelles und anspruchsvolles Streckenlayout bekannt ist, bietet den perfekten Rahmen, um die R1 zu ehren. Normalerweise ist die Veranstaltung exklusiv für R1M-Kunden, aber die 2023 YRE wird zum ersten Mal für alle R1-Besitzer geöffnet, um dieses bedeutsame Ereignis zu feiern.
Zwei Optionen für die Teilnahme stehen zur Wahl. Es gibt 25 Plätze für R1-Besitzer für das gesamte zweitägige Programm, bei dem sie zusammen mit den R1M-Kunden die volle Yamaha Racing Experience geniessen können. Dazu gehören Track-Sessions an beiden Tagen, die Möglichkeit, sich von Yamaha Renntechnikern beraten zu lassen, um ihr Motorrad optimal abzustimmen, exklusive Führungen durch die Pata Yamaha Prometeon WorldSBK-Box und vieles mehr.
Als zweite Möglichkeit können R1-Besitzer nur am Samstag teilnehmen, wo sie sich für bis zu zwei Rennstrecken-Sessions kostenlos anmelden und trotzdem die Event-Atmosphäre geniessen und einen Blick hinter die Kulissen in der Pata Yamaha Prometeon Garage werfen können.
Bei den Tracksessions werden die Beseitzer von R1 und R1M zusammen mit Toprak Razgatlıoğlu, Andrea Locatelli, Remy Gardner, Dominique Aegerter, Lorenzo Baldassari, Bradley Ray und Niccolò Canepa die Piste von Mugello befahren.
Die Feier zum 25-jährigen Jubiläum in Mugello verspricht ein exklusives Erlebnis für alle R1- und R1M-Besitzer zu werden. Eine Sonderausstellung mit R1-Modellen aus allen Jahren und eine Sammlung einiger der denkwürdigsten Rennmotorräder runden das Event ab.