Auf Achse: Robert Hahn schlaflos im Renntransporter
Sie gehören zu den in der Regel ungefeierten Helden unseres Lieblingssports: die Rennmechaniker. Aus der kleinen Schweiz zogen einige mutige junge Männer in die weite Welt hinaus, um sich das Ansehen der weltbesten Rennfahrer zu erarbeiten. Einer von ihnen ist der Frauenfelder Robert Hahn.
Jetzt mal ehrlich: Wie viele Mechaniker berühmter Rennfahrer kennen Sie mit Namen? Keinen einzigen? Dann gehören Sie ohne Zweifel der Mehrheit an, denn die Männer (und Frauen) mit flinken Händen und wachem Geist gehören zu den Helden im Hintergrund. Umso schöner, wenn ein Verlag den Mut hat, solchen Mechanikern die Chance zu geben, ihre Geschichte zu erzählen.
McKlein Publishing tut das ein weiteres Mal: Nach dem tollen Buch von Edi Wyss machen wir uns nun auf die Socken mit Robert Hahn. 1968, mitten in der Goldenen Ära des Automobilrennsports, taucht der damals 24 Jahre Mann aus dem Kanton Thurgau in die Welt des internationalen Motorsports ein.
Der begabte Rennmechaniker betreut Formel-1-Rennwagen und Fünfliter-Lola des Schweden Joakim Bonnier, entwickelt einen eigenen Heckflügel und bewältigt heikelste technische Notfälle.
Hahn findet die Anerkennung bei Kollegen in den grossen internationalen Teams und begegnet auf seinem Weg Rennfahrer-Legenden wie Jo Siffert, John Surtees und Jack Brabham, ebenso Mechanik-Zauberer wie Edi Wyss, Bob Dance, Dave «Beaky» Sims, Willie Southcott und Denis Daviss.
Robert Hahn erlaubt uns Einblicke in eine Welt, die im Glamour des Rennsport-Zirkus oft verborgen bleibt. Anschaulich erzählt er von den Erfolgen, aber auch von prekären Arbeitsbedingungen. Er beschreibt die bescheidenen Mittel, den enormen Zeitdruck und die schier endlosen Transportfahrten, die zu den besonderen Herausforderungen des Rennmechaniker-Berufs gehörten.
1972 bis 1974, in einer wichtigen Phase in der Schweizer Rennsportgeschichte, ist er als Rennmechaniker aktiv in der Schweizer Automobil-Meisterschaft und in der Formel-2-Europameisterschaft. Als irgendwann die Bilanz für ihn nicht mehr stimmt, löst er sich von der Szene und findet Erfüllung als Fahrer im Club-Rennsport und in der Schweizer Ausgabe des Trofeo Alfa Romeo 1994 und 1995.
Wieso wir dieses Buch so empfehlen dürfen: Robert Hahn berichtet aus erster Hand von nahbaren Stars und weniger einfühlsamen Teamchefs, von Freundschaften und Rivalitäten, vom Rückzug aus dem weltweiten Sport auf die Schweizer Bühne und schliesslich vom Wechsel hinters Lenkrad. All dies ungeschminkt, ungetrübt, erzählt aus einer Epoche, als noch niemand wusste, was politische Korrektheit ist.
Wie bei Edi Wyss ist dieses Tingelleben des Rennzirkus in den 1960er und 1970er Jahren ein Füllhorn für teils unglaubliche Geschichten; Vorkommnisse, wie sie im heutigen Rennsport nicht mehr passieren können. Das Buch ist herrlich bebildert, mit vielen Aufnahmen, die Robert Hahn selber gemacht hat.
Wir tauchen ein in die faszinierende Welt jener Männer, die ihre Leidenschaft leben, das ist aus jeder Zeile zu spüren. Diese Passion reisst den Leser mit, entführt ihn an exotische Orte, lässt ihn staunen über Begebenheiten aus einer anderen Epoche. Es ist sehr schwer, dieses Buch zur Seite zu legen – ein grösseres Kompliment kann es nicht geben.
Das Wichtigste in Kürze
Robert Hahn: Schlaflos im Renntransporter
Unterwegs zu den Rennstrecken 1968–1995
In Zusammenarbeit mit Christoph Ditzler
ISBN: 978-3-947156-54-2
320 Seiten, rund 380 Fotos und Grafiken
Format 30 x 20 cm
Für 79,90 Euro im Fachhandel oder direkt bei www.rallyandracing.com