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Brauchen wir Helden? Wer auf der Langbahn dazu taugt

Kolumne von Rudi Hagen
Martin Smolinski (vorne) und Lukas Fienhage (links) sind im Langbahn-GP 2020 fest dabei

Martin Smolinski (vorne) und Lukas Fienhage (links) sind im Langbahn-GP 2020 fest dabei

Vize-Weltmeister Martin Smolinski und der WM-Vierte und Rookie Lukas Fienhage waren herausragende deutsche Piloten im Langbahn-GP 2019. In der nächsten Saison sind mindestens vier Fahrer vom DMSB dabei.

Deutschland hat in der Geschichte der Langbahn-Weltmeisterschaft seit jeher mit herausragenden Fahrern brillieren können. An erster Stelle ist hier der neunfache Weltmeister Gerd Riss aus Bad Wurzach zu nennen. Je viermal konnten sich der Münchener Karl Maier und Robert Barth aus Memmingen den Titel sichern, dreifacher Weltmeister und populärster der Riege ist der Kieler Egon Müller. Je einmal Langbahn-Weltmeister wurden Alois Wiesböck aus Niederbergkirchen, Tom Dunker (Neumünster) und zuletzt 2018 Martin Smolinski aus Olching.

Lieben die deutschen Bahnsportfans eigentlich ihre (diese) Helden? Einen auf jeden Fall, Egon Müller. Der Schleswig-Holsteiner, obwohl mittlerweile schon 71 Jahre alt, hat mit seiner extrovertierten Rolle als «charming boy», der bis heute keine Gelegenheit in den Medien auslässt, den Bahnsport (und natürlich auch sich selbst) gut darzustellen, Erfolg gehabt. Fragt man auf der Straße nach Egon Müller, wird noch immer häufig «das ist doch der Rennfahrer» geantwortet.

Aber gibt es heute noch Helden? Und brauchen wir sie überhaupt im Bahnsport?

Was ist ein Held? Ein Held ist jemand, der sich mit Unerschrockenheit und Mut einer schwierigen Aufgabe stellt, eine ungewöhnliche Tat vollbringt, die ihm Bewunderung einbringt oder jemand, der auf seinem Gebiet Hervorragendes, gesellschaftlich Bedeutendes leistet.

Für den Bahnsport oder den Motorsport an sich ist der Begriff Held dann doch wohl ein wenig zu hoch gegriffen. Trotzdem können wir Rennfahrer bewundern, sich mit ihnen über ihre Erfolge freuen und mit ihnen leiden, wenn sie scheitern. Aber wie immer im Leben, gibt es auch die Missgunst, den Neid und die Häme. Im Zeitalter des Internets, wo über die sozialen Medien relativ ungefährdet andere mit Dreck beworfen werden können, passiert das natürlich auch mit Bahnsportlern, auch mit den erfolgreichen.

Martin Smolinski ist so einer, an dem sich die Gemüter reiben. Der Oberbayer, der sogar schon einen Speedway-GP gewinnen konnte, konzentrierte sich 2018 neben seinen Speedway-Ambitionen erstmals auf die Langbahn-WM und gewann sie dann auch prompt. In der Saison 2019 scheiterte der mittlerweile 35-jährige Familienvater erst im abschließenden Grand Prix im niederländischen Roden, als er im Halbfinale nach einer halsbrecherischen Aktion böse stürzte und am Ende dem Franzosen Dimitri Bergé den WM-Titel überlassen musste.

Aber auch der Vize-Weltmeistertitel ist etwas, worauf Smolinski, seine Familie, Freunde und Fans - wir alle - sehr stolz sein können. Er wird auf der Langbahn auch in Zukunft der Mann sein, der erstmal besiegt werden will. Und «Smoli» ist jemand, der etwas zu sagen hat, einer, der den Sport mit seiner professionellen Art nach vorne bringen kann.

Youngster Lukas Fienhage vom AC Vechta holte sich beim GP in Roden zum Abschluss seiner ersten vollständigen WM-Saison den Sieg mit einer Klasseleistung und wurde mit 79 Punkten WM-Vierter der Saison 2019. Dem 20-jährigen bodenständigen und intelligenten Niedersachsen, der sich in seiner ersten WM-Saison direkt für 2020 qualifizieren konnte, ist fürderhin noch eine Menge mehr zuzutrauen.

Max Dilger belegte am Ende der WM mit 44 Punkten einen undankbaren neunten Platz. Damit ist der Lahrer auf Platz 3 der Nachrückerliste für den GP 2020 und muss hoffen, dass er noch unterkommt. Der 30-Jährige hatte als relativer Langbahn-Neuling gehöriges Verletzungspech. Die Folgen seiner Schulter-OP scheinen auskuriert, aber ein gerissenes hinteres Kreuzband rechts wird ihn in der nächsten Saison noch begleiten.

Bernd Diener ist ein Phänomen. Der jetzt 60-jährige Schwarzwälder landete in seiner zweiten GP-Saison zwar mit 27 Punkten nur auf Platz 13, aber durch Platz 2 im Challenge in Scheeßel ist das Urgestein auch in der Saison 2020 Permanentstarter im Langbahn-GP. Die Saison begann für Diener denkbar schlecht. Gleich in seinem ersten Rennen bei den Dutch Open im niederländischen Vries, welches eigentlich der Saisonvorbereitung dienen sollte, kollidierte er mit einem Niederländer und verletzte sich dabei an Fuß und Schulter. Letztlich behinderten ihn die Folgen dieses Sturzes die ganze Saison über, aber die Oldie biss immer die Zähne zusammen.

Stephan Katt kehrt nach seinem Sieg im Challenge 2020 wieder in die Langbahn-WM zurück. Der 40 Jahre alte Neuwittenbeker hat nicht nur ein mentales Tief überwunden, sondern auch diverse Verletzungen.

Jörg Tebbe aus Dohren fuhr 2019 nur drei Grands Prix mit einer Wildcard. Platz 7 in Herxheim war sein bestes Resultat. Er beendete die Saison in der WM mit Platz 15.

Fazit: Deutschland ist in der kommenden Saison zumindest mit vier, vielleicht auch fünf Fahrern in der Langbahn-Weltmeisterschaft vertreten. Jeder von ihnen hätte die Unterstützung aller deutschen Fans verdient. Sie geben durchweg ihr Bestes und tun dies auch oft, wenn sie sich nicht so fit wie gewünscht fühlen oder gar sind. Sie sind keine Helden, aber sie sind Leistungssportler durch und durch. Sie haben sich unsere Anerkennung verdient.

Ergebnisse deutscher Langbahn-Piloten WM 2019:

Martin Smolinski:
WM-Platz 2 mit 113 Punkten (Herxheim Platz 2 mit 24 Punkten, La Reole Sieger mit 23 Punkten, Mühldorf Sieger mit 27 Punkten, Morizes Platz 4 mit 20 Punkten, Roden Fünfter mit 19 Punkten).

Lukas Fienhage:
WM-Vierter mit 79 Punkten (Herxheim Platz 8 mit 12 Punkten, La Reole Platz 5 mit 13 Punkten, Mühldorf Platz 6 mit 14 Punkten, Morizes Platz 3 mit 18 Punkten, Roden Sieger mit 22 Punkten).

Max Dilger:
WM-Platz 9 mit 44 Punkten (Herxheim Platz 12 mit 8 Punkten, La Reole Platz 6 mit 11 Punkten, Mühldorf Platz 8 mit 11 Punkten, Morizes Platz 11 mit 6 Punkten, Roden Platz 10 mit 8 Punkten).

Bernd Diener:
WM-Platz 13 mit 27 Punkten (Herxheim Platz 9 mit 10 Punkten, La Reole Platz 14 mit 5 Punkten, Mühldorf Platz 10 mit 8 Punkten, Morizes Platz 15 mit 1 Punkt, Roden Platz 12 mit 3 Punkten).

Jörg Tebbe:
WM-Platz 15 mit 17 Punkten (Herxheim Platz 7 mit 12 Punkten, La Reole und Mühldorf nicht am Start, Morizes Platz 13 mit 5 Punkten, Roden Platz 15 mit 0 Punkten).

Stephan Katt:
WM-Platz 18 mit 3 Punkten bei einem Wildcard-Einsatz beim GP 3 in Mühldorf.

Fortsetzung folgt.

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