Formel 1: Abschied in der Unterhose

Daniel Bacher: «Niveau im Langbahn-GP ist niedriger»

Von Ivo Schützbach
Langbahn-GP werden auf Speedwaybahnen gefahren und das Gespann-EM-Finale auf der Langbahn. Daniel Bacher als ehemaliger Weltklasse-Fahrer versteht so einiges nicht mehr.

Zwischen 2000 und 2010 gehörte der Baindter Daniel Bacher zu den schnellsten Sandbahnpiloten der Welt. «Heute besuche ich nur noch drei oder vier Rennen im Jahr und informiere mich über SPEEDWEEK und Facebook, was los ist», erzählte der 40-Jährige.

Der dritte und letzte Teil des großen Interviews.

Dani, wie ist der Level heute im Langbahn-GP?

Niedriger als vor 15 Jahren. Als ich in den Grand Prix kam, gab es Leute wie Tatum, Barth, Riss, Kylmäkorpi. Vor allem aber gab es zehn starke Deutsche, von denen alle schnell waren.

Verstehst du, dass Fahrer wie Erik Riss, Michael Härtel und Dimitri Bergé lieber in Großbritannien in der Speedwayliga fahren, statt im Langbahn-GP um Medaillen zu kämpfen?

Das muss jeder selber wissen – ich würde trotzdem Langbahn weiterfahren. Ich verstehe es nicht. Erik Riss hätte noch ein paar Mal Weltmeister werden können. Bergé genauso. Aber sie wollen alle im Speedway-Sport weiterkommen. Ob sie das schaffen, ist eine andere Frage.

Tatum und Riss fuhren auch beides, Smolinski auch.

Warum kam Erik Riss nach England? Weil er Langbahn-Weltmeister war und einen bekannten Namen hatte. Und dann hat er sich auch gut gemacht. Zum Speedway-GP fehlt aber noch einiges, Smolinski ist der Einzige.

Wo ordnest du die Langbahn-Weltmeister Erik Riss, Martin Smolinski und Dimitri Bergé verglichen mit den Größten des Sports ein?

Ziemlich hoch, sie wurden nicht umsonst Weltmeister. Auch einer wie Mathieu Tresarrieu, der hat auf der Langbahn einen Schritt von 0 auf 100 gemacht.

Der Weltmeister von heute schenkt sich gegenüber seinen Vorgängern also nicht viel?

Wahrscheinlich nicht. Aber früher gab es sechs oder acht gleichwertige Fahrer, heute sind es drei oder vier – maximal. Die Leistungsdichte war früher höher.

Das liegt auch daran, dass es früher viel mehr Rennen und viel mehr Fahrer gab.

Das ist das Problem. Ich musste in der B-Lizenz noch Ausscheidung mit 30 oder 40 Leuten fahren und zehn kamen ins Rennen. Da musstest du im Pflichttraining schauen, dass du mit den Schnellen fährst, damit du auf eine gute Zeit kommst. Heute müssen sie gucken, dass sie das Feld voll bekommen.

Ist die Zeit von Rennen auf der grünen Wiese vorbei?

Bahnsport ist bei uns eine Randsportart und wird es immer bleiben.

Dem Speedway-Sport geht es noch einigermaßen gut, aber der Langbahn-Sport…

Aus dieser Sicht verstehe ich, dass Riss und Härtel lieber Speedway fahren. Es gibt nur noch wenige auf der Langbahn, die unter 30 sind.

2019 habe ich nach Jahren mal wieder den Grand Prix in Herxheim besucht. Das war eine schöne Veranstaltung, ich könnte aber auch sagen, es war genau gleich wie früher. Was hat sich die letzten Jahre im Langbahn-Sport getan?

Nicht viel.

Man fährt heute nur noch zu fünft. Als ich das erste Mal in Herxheim international fuhr, standen wir zu acht am Startband. Und das aber mit acht guten Fahrern. Dann fahren acht miteinander in die Kurve rein. Jetzt fahren sie zu fünft, das verstehe ich nicht. Aber die Herren von der FIM entscheiden so etwas.

Und das Langbahn-GP-Finale findet in Südostpolen, kurz vor der ukrainischen Grenze, auf einer Speedwaybahn statt, wo sich kein Langbahnfan hin verirrt.

Vor Jahren war dort ja schon mal ein Langbahnrennen, da war auch kaum was los.

Ich verstehe das alles nicht. Früher waren Langbahnrennen auf 1000-Meter-Sandbahnen, dann kamen kürzere Bahnen und Grasbahnen hinzu. Jetzt fahren sie auf einer 400-Meter-Bahn.

Und gleichzeitig wird die Seitenwagen-EM auf der 1000-Meter-Sandbahn in Pfarrkirchen gefahren.

Das ist genau so etwas. Die Europameisterschaft der Seitenwagen war immer auf der Grasbahn, nicht auf der Langbahn.

Wenn du dir anschaust, wie professionell der Speedway-GP aufgezogen ist und ihn mit dem Langbahn-GP vergleichst: Tut dir das weh?

Ja klar. Speedway wird ganz anders vermarktet, da stehen ganz andere Firmen als im Langbahn-Sport dahinter. Und auch vom Fernsehen her.

Bist du beeindruckt, was die Speedway-Fahrer auf dem Motorrad zeigen?

Ja. Das kommt natürlich auch daher, dass ich immer mehr Langbahn als Speedway fuhr.

Als ich mir den Langbahn-GP in Herxheim angeschaut habe fragte ich mich dauernd, was die da machen. Die rutschten alle an der Innenlinie herum, statt weiter raus zu fahren. Fünf Meter weiter außen geht es viel mehr vorwärts. Diener hat es einmal gemacht und ist von Platz 5 auf 1 vorgefahren. Also geht es. Im tiefen Dreck braucht man halt mehr Kraft.

Ist es im Langbahn-Sport notwendig, dass ein junger Fahrer jemanden in der Box hat, der aus Erfahrung eine Ahnung von dem Motorrad hat?

Schlecht ist das nicht, das hilft. Mit einem gut eingestellten Motorrad gehst du schon ganz anders an den Start, weil du weißt, dass du sicher bist. Weil jemand da ist, der dir Tipps gibt und dir sagt, was du tun musst.

Bei mir war das Marcel Gerhard, er war bei wichtigen Rennen immer dabei. Er sagte mir, was ich probieren soll und was wir ändern müssen.

Schau dir Erik Riss an. Er hatte das Know-how vom Vater, von ihm hatte er die Grundabstimmung. Er wusste, welcher Vergaser und welche Nockenwelle auf welche Bahn passt.

Wenn du niemanden hast, ist es sehr schwer nach vorne zu kommen.

Ist das ein Grund, weshalb es nur wenige deutsche Speedwayfahrer international zu etwas bringen?

Ja, das fehlt bei uns. Wenn du jemanden an der Hand hast, ist das immer gut. Wenn im näheren Umkreis nichts ist, dann machen die Fahrer nichts mehr, wenn sie aufgehört haben.

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