Langbahn-WM: Grands-Prix-System oder Eintages-Finale?
Unvergesslich: Im Ein-Tages-Finale von Scheeßel wurde Kelvin Tatum nach Stechen gegen Simon Wigg 1995 Weltmeister und Walter Scherwitzki Dritter
Die Austragung der Langbahn-Weltmeisterschaft im Grands-Prix-System ist nicht unumstritten. In der kommenden Saison werden wieder fünf GP gefahren. Eröffnet wird die WM am 21. Mai in Herxheim in Rheinland-Pfalz, danach geht es am 20. Juni nach La Réole in Südfrankreich, am 5. Juli folgt der GP in Mühldorf am Inn in Oberbayern, am 8. August wird im hohen Norden in Forssa (Finnland) gefahren und zum Abschluss der Weltmeisterschaft 2020 steht am 26. September der Grand Prix im polnischen Rzeszów auf dem Plan.
Das sind drei Sandbahnen, eine Grasbahn (La Réole) und eine Speedwaybahn in Rzeszów, die mit nur 395 m Bahnlänge die Kriterien einer Langbahn eigentlich nicht erfüllt. Im Jahr 2013 wurde hier allerdings schon einmal ein Langbahn-GP ausgefahren. In der kommenden Saison haben die Polen, wo der Langbahnsport nicht populär ist, aber einen guten Grund ins Stadion Miejski zu kommen, denn mit dem Dänen Kenneth Kruse Hansen, der 2020 mit einer FIM-Wildcard im Grand Prix dabei ist, ist ein Fahrer des heimischen Speedway-Clubs Stal Rzeszów am Start.
Was spricht für ein Grands-Prix-Format?
Der Gedanke, einen Meister zu suchen, der sich über eine Handvoll von Rennen beweisen muss, der auf verschiedenen Bahnen mit unterschiedlichen Längen, Belägen und Radien am Ende die meisten Punkte gesammelt hat, ist sicherlich nicht falsch. Auch trägt man dem Wunsch der Fans in den verschiedenen Ländern Rechnung, die besten Langbahn-Piloten auch mal bei ihnen «zuhause» zu sehen.
Noch bis in die 1990er-Jahre wurde die Langbahn-Weltmeisterschaft in einem Ein-Tagesfinale entschieden. Die Piloten mussten sich dafür über zwei Semifinales qualifizieren.
Blick zurück in die Historie: 1995, Langbahn-Weltfinale auf dem Eichenring in Scheeßel. Die Ränge sind mit zirka 10.000 Zuschauern wohlgefüllt, die Stimmung ist glänzend. Mit Walter Scherwitzki aus Damme wird ein Deutscher vielumjubelter WM-Dritter. Die Entscheidung um den Weltmeistertitel fällt im Stechen zwischen den beiden Briten Simon Wigg und Kelvin Tatum. Tatum gewinnt. Berauschend. Wer dabei war, wird es im Leben nicht vergessen.
Was spricht für ein WM-Tagesfinale?
Bei einem Tagesfinale kann die Spannung ungleich höher sein, obwohl auch im GP-System der Titel zuletzt immer erst im letzten GP entschieden wurde. Aber das Ein-Tagesformat würde sich aus Sicht der Sponsoren unter Umständen eher zum finanziellen Einstieg anbieten, da es langfristiger planbar ist. Aus Sicht der Planung gilt das auch für Fernsehen, Rundfunk und Presse, die man mit einem «Weltfinale» eher an die Bahn locken könnte.
Auch für die Fahrer selbst wäre die WM-Entscheidung an einem Tag von Vorteil. Sieht man sich die von der FIM bereitgestellten sogenannten Aufwandsentschädigungen an, denn von Preisgeldern kann man hier wahrlich nicht sprechen, dann muss man sagen, dass hier fast alle nur Geld dazu schießen müssen.
In der Qualifikationsrunde bekommt der Sieger 1850 €, der Zweite 750 € und der Dritte 700 €, danach geht es gestaffelt hinunter bis zu den Plätzen 26 und 27, wo jeweils noch 300 € ausgeschüttet werden. Die Platzierungen im Challenge werden wie folgt bedacht: Platz 1 1600 €, Platz 2 1500 €, Platz 3 1300, am Ende bekommen die Platzierten auf 16 und 17 noch je 350 €.
Für die Grands Prix wird für Platz 1 2500 € bezahlt, für Platz 2 2250 €, für Platz 3 2100 €, für Platz 4 1800 € und für Platz 5 1700 €, dann geht es weiter gestaffelt abwärts bis zu den Plätzen 16 und 17, wo je 450 € bereitstehen.
Wenn man sich jetzt aber mal die Reisestrecken ansieht, die für die GP-Rennen auf dem Plan stehen, wenn man die Kosten für das verbrauchte Material bedenkt, für Lebenshaltungskosten, vielleicht auch für Übernachtungen, Fähren und dann auch noch an die Unterhaltung der Mechaniker, des ganzen Teams denkt, dann kann sich jeder seinen eigenen Reim darauf machen, wie das Ganze am besten funktionieren könnte.