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Dominique Aegerter und der gestohlene Sieg

Von Günther Wiesinger
Domi Aegerter: Jubel in Misano, jetzt Trauerstimmung

Domi Aegerter: Jubel in Misano, jetzt Trauerstimmung

Der Schweizer Moto2-Rennfahrer Dominique Aegerter ist zutiefst zu bedauern. Sein beherzt herausgefahrener Sieg in Misano wurde wegen einer Trickserei gestrichen.

Dominique Aegerter hat beim Misano-GP am 10. September eine makellose fahrerische Leistung gezeigt und sich bei prekären, regnerischen Verhältnissen nicht nur wacker im Sattel gehalten, sondern seinen aufsässigen Landsmann Tom Lüthi bis zur Zielflagge in Schach gehalten. Der Vizeweltmeister lauerte rundenlang nur 0,1 oder 0,2 Sekunden hinter dem Suter-Fahrer und wartete auf einen Fehler.

Aber offenbar hat das Kiefer-Racing-Team nicht dieselbe Weltklasseleistung vollbracht wie der Fahrer. Denn inzwischen wurde Aegerter der Sieg aberkannt, weil bei einer Ölprobe unerlaubte Zusatzstoffe aufgespürt wurden.

Und nach dieser Affäre machte sich das Kiefer-Team mit einer völlig sinnentleerten Pressemittelung gleich noch einmal lächerlich.

«Es ist es für uns nicht nachvollziehbar, wie es zu dieser Unregelmässigkeit im Öl gekommen sein soll, da wir nachweislich das vorgeschriebene Öl verwendet haben. Wir versichern ausdrücklich, keinerlei Additive beigemischt zu haben. Die Entscheidung der FIM ist niederschmetternd für uns alle. Wir müssen sie akzeptieren, weisen aber jegliche Schuld von uns.»

Was soll das heißen, bitte?

In der A- und B-Probe wurden Unregelmäßigkeiten nachgewiesen.

Trotzdem sagt Kiefer: «Wir versichern, keinerlei Additive beigemischt zu haben.»

Aber wenn das Team von der Unschuld so stark überzeugt ist: Warum wurden dann nicht 1320 Euro für einen Einspruch gegen das Urteil investiert? Ohne Protest ist der Sieg für immer weg, es gibt keine Rechtsmittel mehr gegen die Disqualifikation.

Sehr professional geht es in manchen Belangen bei Kiefer nicht zu.

In dieser Pressemitteilung stand auch, dass die Probe nach dem Rennen entnommen wurde. Sie stammte aber vom Qualifying am Samstag.

Ein paar Stunden später reichte Kiefer eine «korrigierte Pressemitteilung» nach. Sie war aber nicht korrigiert, sondern nur ergänzt – um eine Entschuldigung an den Fahrer und an die Sponsoren.

Die Annullierung des Sieges kam für Kiefer zum ungünstigsten Zeitpunkt. 2017 hängt das Team in erster Linie am finanziellen Tropf des Schweizer Motorradherstellers Suter Industries, das ist jene Firma, die Kiefer in Pressemitteilungen noch immer als «Suter Racing» bezeichnet, obwohl dieser Firmenname bereits 2016 getilgt wurde.

Kiefer Racing muss jetzt für 2018 ein 1,2 Mio-Euro-Budget für Domi Aegerter auftreiben. Die Geldsuche verläuft harzig. Der diesjährige Sponsor «AirGrinder» wurde von Suter beigesteuert und macht nicht weiter. Bei Suter wird der Geldhahn zugedreht: Kiefer wird ein zahlendes Kundenteam sein wie Dynavolt Intact.

Firmenchef Eskil Suter äusserte zwar auch Zweifel an der Öl-Analyse; er führte ins Treffen, das Öl könne mit Treibstoff kontaminiert worden sein.

Aber: Erstens werden jedes Jahr Dutzende Ölproben genommen (auch in der Moto3 wird Liqui-Moly-Einheitsöl vorgeschrieben). Aber ich erinnere mich in all den Jahren nur an zwei Fälle, bei denen Unregelmäßigkeiten entdeckt wurden: Bei Pasini 2017 in Barcelona, bei Aegerter in Misano.

Fest steht: Bei Kiefer muss in Misano irgendeine folgenschwere Schlamperei oder Manipulation passiert sein.

Danny Aldridge, MotoGP Technical Director, nahm zu dieser Affäre gegenüber SPEEDWEEK.com wie folgt Stellung: «Benzin im Öl war nicht der Grund, warum Kiefer disqualifiziert wurde. Wir wissen, dass im Rennbetrieb Treibstoff einsickern kann. Es wurde ein Zusatzstoff gefunden, der nicht zu den Bestandteilen der erlaubten Öl-Inhaltsstoffe gehört. Er gehört nicht zum Make-up des Einheitsöls. Der Zusatzstoff kann also nur in den Ölkreislauf gekommen sein, weil er irgendwo beigefügt wurde. Ich war genau so geschockt wie alle andern, als die Testergebnisse aus dem Labor zurückkamen. Man darf nicht vergessen: Wir haben in Misano Proben von vier unterschiedlichen Motorrädern entnommen und eingeschickt. Die Probe von Kiefer war die einzige, die beanstandet wurde.»

Nachsatz von Techniker Danny Aldridge: «Warum Kiefer gegen das Urteil keine Beschwerde eingelegt hat, weiß ich nicht. Aber da bin ich nicht involviert.»

Denn Proteste müssen bei der Race Direction und bei Mike Webb eingebracht werden.

Fakt ist: Aegerter hält jetzt wieder bei einem GP-Sieg (Sachsenring 2014). Und in der WM-Tabelle rutschte er vom achten auf den elften WM-Rang zurück.

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