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Kiefer Racing: Die Fortsetzung der Märchenstunde

Kolumne von Günther Wiesinger
Verlor 25 Punkte und einen Sieg: Domi Aegerter

Verlor 25 Punkte und einen Sieg: Domi Aegerter

Aegerter vor Lüthi: Es war ein historischer Sieg in Misano, der erste Schweizer Doppelsieg im Solo-GP-Sport seit 1949. Jetzt ist alles Makulatur. Wegen einer Öl-Schlamperei bei Kiefer.

Die Diskussion um die Disqualifikation von Dominique Aegerter nach dem Moto2-Sieg in Misano am 10. September wurde im Phillip-Island-Paddock auch am Freitag fortgesetzt.

Inzwischen steht fest, welcher unerlaubte Zusatzstoff in der Suter MMX2 mit der Startnummer 77 im Einheitsöl von Liqui Moly aufgespürt wurde – es handelt sich um das Additiv Ester.

Das Kiefer-Team tischt immer wieder neue fadenscheinige Erklärungen und Ausreden auf.

Stefan Kiefer versteift sich jetzt darauf, dass sich diese Chemikalie von der Innenseite einer Plastik-Ölflasche von Liqui Moly gelöst haben könnte.

«Ein Moto2-Motor hat einen Tankinhalt von 3 Litern, wir haben 2 Prozent der unerlaubten Substanz darin gefunden», erklärte Technical Director Danny Aldridge gegenüber SPEEDWEEK.com. «Kiefer behauptet, man habe nur 1 Prozent gefunden. Aber selbst wenn wir diese Annahme gelten lassen, entspräche das einer Menge von 30 Millilitern. So eine Menge kann sich unmöglich bei einer Flasche ablösen...»

Die Funktionäre lassen übrigens die Treibstoffproben bei einer Firma namens Intertek testen, die Ölproben bei einem spanischen Labor, weil dieses sehr rasche Resultate liefert.

Im Jahr 2015 wurde erstmals das Einheitsöl für die Moto2-WM vorgeschrieben; damals wurden noch manche Tests im Liqui Moly-Labor vorgenommen. Doch einige Teams protestierten dagegen, weil sie befürchteten, Liqui Moly könnte beim Aufspüren einer illegalen Probe aus dem deutschen Dynavolt-Intact-Team befangen sein. Weil Liqui Moly dort zu den größten Sponsoren zählt. Deshalb wurde das Labor gewechselt– aus verständlichen Gründen.

Auch die Behauptung von Kiefer, man habe eventuell Öl aus dem Jahr 2015 erwischt, so könnte sich im Laufe der Zeit mehr Ester-Substanz von der Flasche gelöst haben, wird von den anderen Teams als völlig unglaubwürdig eingeschätzt. «Wir bekommen pro Rennen von Liqui Moly vier 1-Liter-Flaschen pro Fahrer geliefert. Wir haben meist nach einem Grand Prix noch 1 oder 0,8 Liter übrig. Diesen Rest lassen wir in der Box stehen, das nimmt sich doch keiner mit nach Hause», erzählte ein Moto2-Techniker.

«Wir haben im Fahrerlager Gerüchte gehört, dass einige Teams das Öl mit Additiven manipulieren», schilderte Technical Director Danny Aldridge im Exklusiv-Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Deshalb haben wir die Anzahl der Proben erhöht. Wir nehmen immer Proben bei den Top-3, ein vierter Fahrer wird zusätzlich ausgelost. Aegerter kam nach Platz 3 im Misano-Quali an die Reihe... Bei Kiefer muss dieses Additiv zugefügt worden sein. Denn es gehörte nicht zum ursprünglichen Make-up dieses Öls. Wie das passiert ist, das muss das Team herausfinden. Das zu ergründen, ist nicht meine Aufgabe.»

Übrigens wird von den Liqui-Moly-Technikern schon seit langer Zeit erklärt: Mit solchen Additiven wie Ester lässt sich heute beim besten Willen keine zusätzliche Motorleistung mehr finden.

Inzwischen wurde Domi Aegerter von der Race Direction aufgefordert, seinen Siegerpokal nach Valencia mitzubringen. Und Tom Lüthi muss seine 2.-Platz-Trophäe wieder abliefern. Denn er darf dann den Pokal von Aegerter mit nach Hause nehmen.

Irgendwann wird sich Kiefer hinstellen und einräumen müssen, dass irgendjemand im Team einen Fehler gemacht hat – ob absichtlich oder unabsichtlich, das wird sich kaum ergründen lassen.

Dass «nachweislich» (O-Ton Kiefer) alles mit rechten Dingen zugegangen ist, diese Behauptung kann Kiefer nicht aufrecht erhalten.

Als das Idemitsu-Moto2-Team 2014 in Katar wegen eines illegalen Luftfilters diqualifiziert wurde, reagierte das Team von Tady Okada wesentlich professioneller. Es entschuldigte sich öffentlich und versicherte, es sei leider ein unerklärlicher Fehler passiert.

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Von Ivo Schützbach
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