Stadler: «Es wird früher über die WM nachgedacht»
Adi Stadler (li.) mit seinem ehemaligen Vorgesetzten Keijiro Koinuma
Adi Stadler feierte 2012 sein 30-jähriges Jubiläum im Motorradsport: 1982 startete er seine Rennsport-Karriere im Hercules Sachs Cup. Fünf Jahre später eroberte er den Titel des Europameisters und stieg 1988 in die 125-ccm-Weltmeisterschaft ein, wo er auf Anhieb Rang 7 der Gesamtwertung erreichte. 1992 wechselte er in die 250-ccm-WM.
Seit dem Ende seiner aktiven Laufbahn 1995 steht der KFZ-Mechaniker-Meister auf der anderen Seite der Boxenmauer und betreute für HRC bereits nationale und internationale Meisterschaften auf technischer Ebene. Derzeit ist er für die WM-Klassen Moto2 und Moto3 zuständig.
Wie muss man sich deinen Tagesablauf bei einem GP-Rennwochenende vorstellen?
Mein Aufgabengebiet hat sich verändert. Früher stellte ich die Verbindung zwischen dem Werk und den Teams dar. Seit die Moto2-Klasse die 250-ccm-Kategorie abgelöst hat, hat die Firma Geo Technology den Beratungsvertrag und stellt den Service sicher. Ich vermittle also mittlerweile zwischen dem Service und dem Werk. Ich bin also ab acht Uhr an der Strecke und verfolge den technischen Ablauf. Wenn es technische Probleme gibt, werden sie erfasst und an das Werk weitergeleitet, wo Massnahmen zur Verbesserung getroffen werden. Diese werden dann an mich zurückgeleitet, ich gebe sie dann weiter.
Für Fahrer wie Toni Mang, Dirk Raudies oder dich selbst war es normal, selbst an den Motorrädern zu schrauben. Fehlt der aktuellen Fahrergeneration der Bezug zur Technik und das nötige Know-How?
Ich hegte immer den Wunsch mit Technik zu arbeiten, deshalb wurde ich auch KFZ-Mechaniker und nicht Postbote, wie es meine Mutter wollte. Mein frühes Interesse an Motorrädern wurde durch meine Familie bedingt. Mein Vater war Kraftfahrer und ich war immer von Technik umgeben und bin so hineingewachsen. Heute ist das anders. Ein junger Kerl mit 13 Jahren kann dieses Verständnis nicht haben, wenn er nicht mit Technik aufgewachsen ist.
Die Informatik ist eine andere Art von Technik, die heute interessanter ist. Ausserdem geht man anders an den Sport heran. Es wird viel früher über die WM nachgedacht. Ich habe damals einfach den Sport betrieben und nicht einmal an die Deutsche Meisterschaft gedacht. Aus Respekt hätte ich mich auch nicht getraut Toni Mang oder andere Stars anzusprechen, aber die Zeiten ändern sich. Die Fahrer des jetzigen Red Bull Rookies Cup kommen beispielsweise schon sehr früh in Kontakt mit den WM-Stars.
In der letzten Saison wurde viel über die harte Fahrweise von Marc Márquez und nach Assen von Sandro Cortese gesprochen. Wie gross ist der Unterschied zwischen den aktuellen Piloten und den Fahrern deiner Generation zu bewerten?
Ich habe diese Härte auch erlebt und früher wurde mindestens genauso hart gefahren. Heute ist nur alles sichtbar, denn jeder Zentimeter der Strecke wird gefilmt und ist oft live im TV. Also bekommt es jeder mit und es sieht spektakulärer aus, als es manchmal wirklich ist.
Der Motorradsport wird auch in Deutschland immer beliebter. Doch wird er je den Status der Formel 1 erreichen?
Schwierig zu sagen, aber ich glaube nicht. Der Motorradsport war in Deutschland am Boden, aber wir sind auf einem guten Weg, dank Stefan und Sandro. Deutschland ist nun mal ein Autoland. Wir haben hier viele grosse Automobilhersteller. Dem Automobilsport gefährlich zu werden ist schwierig, aber falls Stefan Bradl einmal um den Titel in der MotoGP-Klasse kämpfen kann, wird die Aufmerksamkeit grösser. Im Gegensatz zum Automobilsport werden hierzulande nämlich die nationalen Meisterschaften stiefmütterlich behandelt.
Wer ist der neue Star am MotoGP-Himmel?
Der Erfolg von Valentino Rossi ist eine Ausnahme und seine Nachfolge anzutreten ist schwierig. Marc Márquez zeigt im Moment die richtigen Ansätze und auch Stefan Bradl könnte, wenn er sich stetig so weiterentwickelt, mitmischen.