Sieger Philipp Öttl (KTM): «Heute hat alles gepasst»
Der Circuito de Jerez und der 6. Mai 2018 wird Phillip Öttl immer in Erinnerung bleiben.
In seiner sechsten Moto3-Saison strafte Öttl alle Besserwissen lügen, die ihm nachsagten, der hätte längst in die Moto2-Klasse aufsteigen sollen.
Aber Papa Peter, selbst fünffacher GP-Sieger (3 x 80 ccm, 2x 125 ccm) war der Meinung, Philipp habe in der kleinsten WM-Klasse noch einiges zu lernen.
Dass der Junior ausgesprochen talentiert ist, hat der Bayer schon in den Nachwuchsserien bewiesen und auch von Anfang an in der Moto3-WM.
«Der Bua ist besser als ich, er fliegt nicht dauernd runter», sagte Papa Peter schon vor sechs Jahren.
Phillip Öttl fuhr ab 2013 zwei Jahre lang im Interwetten-Team von Dani Epp auf Kalex-KTM, dann ein Jahr bei Paddock TT Motion. Danach gründete Papa Peter für 2016 sein eigenes Team, zuerst als Schedl Team, dann ab 2017 als Südmetall Schedl Team. Der Marke KTM blieb man natürlich immer treu, Peter Öttl war dort jahrelang für die Supermoto-WM-Einsätze verantwortlich. Crew-Chief ist Stefan Kirsch, der schon bei Peter Öttl für die GP-Siege zuständig war.
Peter Öttl war 1989 auf den Weg zum Titelgewinn in der 80-ccm-Weltmeisterschaft. Aber er stürzte beim Finale in Brünn zwei Kurven vor Schluss – so wurde Manuel Herreros auf Bultaco Weltmeister.
Philipp Öttl zeigte in der WM bisher manchmal unerklärliche Leistungsschwankungen. Zuletzt patzte er am 8. April in Argentinien. Aber am Donnerstag vor dem ersten Jerez-Training wirkte er zuversichtlich und selbstbewusst, es war sein 22. Geburtstag.
Und jetzt ist er WM-Fünfter, 28 Punkte hinter dem Leader. «Wenn ich in der WM unter die Top-5 oder Top-6 komme, fahre ich nächstes Jahr Moto2», sagt Philipp. «Am liebsten würde ich unter die Top-3 fahren.»
«Ich habe einen guten Start gehabt, aber in der ersten Runde gab es leider gleich eine Feindberührung, ich habe mich aber gleich wieder gut zurückgekämpft», berichtete Philipp. «Dann habe ich das Rennen angeführt und versucht, das Tempo zu forcieren und anzugreifen. Ich habe die Gruppe dadurch ein bisschen auseinandergezogen, das war mein Plan. Ich habe mein Ding gemacht. Und sobald mich jemand überholt hat, habe ich ihn sofort zurücküberholt. Das hat auch deshalb gut geklappt, weil das Motorrad super abgestimmt war. Das Team arbeitet ausgezeichnet. Wir haben in diesem Jahr zwei neue Mechaniker, aber die Truppe ist so eingeschworen, als seien wir ewig beisammen.»
«Ich bin auch ganz gut gefahren», hielt Philipp mit berechtigtem Stolz und mit Genugtuung fest. «Es hat heute einfach alles gepasst. Als ich einmal gespürt habe, dass hinter mir etwas nicht ganz passt, weil die Motorengeräusche weg waren, die ich vorher immer gehört habe, habe ich kurz auf die TV-Screen geschaut und gesehen, jetzt sind nicht mehr so viele Gegner hinter mir. Eigentlich habe ich dann nur noch kühlen Kopf bewahren und fertig fahren müssen. Das war in den letzten zwei, drei Runden eigentlich das Schwierigste. Denn du weißt plötzlich, du gewinnst jetzt deinen ersten Grand Prix, das war schwierig.»
Der KTM-Pilot aus derm Südmetall Schedl Racing Team wusste nicht, wer außer Jorge Martin noch zu Sturz gekommen war. «Ich habe am Bildschirm nur Martin liegen gesehen. Dann habe ich wieder nach vorne schauen müssen. Aber ich habe gesehen, dass nur noch einer hinter mir ist, aber mit Abstand, die restliche Gruppe war weiter weg. Ich habe dann gepusht und bin das Rennen fertig gefahren. Ich habe nur nach vorne geschaut, das ganze Rennen hindurch.»
Papa Peter erlebte mit gewaltiger Intensivität, was das Wort Vaterstolz bedeutet. «Das ist das Schönste für mich, einmal neben dem Junior auf dem Siegerpodest stehen zu dürfen», schilderte er, während er alle Szenen fotografierte und in der Champagner-getränkten Teamuniform durch die Gegend spazierte. «Bei Philipp hat sich heute gelohnt, dass er immer so viel allein fährt, das hat ihn schon 2017 beim Spielberg-GP ausgezeichnet, als er Zweiter geworden ist.»
«Ich habe mich auf meine Linie konzentriert, damit ich meinen Strich sauber durchfahr’», berichtete der 22-jährige GP-Sieger. «Ich fahre immer gerne vorne in der Gruppe, weil dann hast du nicht den Ärger und den Stress mit den andern. Wenn mich einer überholt hat, habe ich ihn einfach wieder zurücküberholt. Das ist das Einzige, was ich machen kann. Wenn ich das nicht mache, falle ich weiter zurück. Und das wollte ich nicht.»
Philipp Öttl hatte hier in Jerez schon am Donnerstag die Überzeugung geäußert, KTM habe die Lücke zu Honda geschlossen. «Ich bin gut aus den Kurven rausgekommen, das ist eine Stärke der KTM. Bei der Bremsstabilität und beim Reinfahren in die Kurven, da tun wir uns noch ein bisschen schwer. Aber KTM beweist schon im Motocross, dass sie einfach die stärksten Motoren haben. Und in einem guten Team wie unserem, das die Technik gut im Griff hat, kann man dann auch mal das schnellste Motorrad haben. Wir haben für heute die Übersetzung noch mal gewechselt. Der Wind war heute einiges stärker als im Training. Im Warm-Up war es noch nicht so schlimm.»
Und wie geht es jetzt weiter? Öttl: «Heimfahren, konzentriert weiterarbeiten, den Trainingsplan durchziehen und bei den Sachen dabeibleiben, die ich in den letzten drei Jahren in der Moto3 gelernt habe. Ich verstehe inzwischen, wie das Motorradrennfahren eigentlich geht. Ich möchte das so beibehalten und mir vor dem nächsten Rennen noch einmal in Erinnerung rufen, was sich bisher bewährt hat und was sich hier eigentlich so gemacht habe. Davon verspreche ich mir, dass die Ergebnisse konstant bleiben.»
Was ändert dieser Sieg für einen jungen Mann wie Philipp Öttl?
«James Hunt hat immer gesagt, es ändert sich der Kontostand. Es ändert sich aber auch der Punktekontostand. Nein, im Ernst: Es ändert sich nur in der Statistik was, dass man halt einmal einen Grand Prix gewonnen hat. Das fühlt sich gut an. Der zweite Sieg wird schwieriger, glaube ich. Aber wir werden gescheit daran arbeiten in der restlichen Saison.»