Willy Bauer und die rätselhafte 73
Willy Bauer war in den 1970er Jahren in der WM erfolgreich
Heute, am 17. November 2020, feiert die deutsche Motocross-Legende Willy Bauer den 73. Geburtstag. Die Zahl 73 hat für Bauer eine besondere Bedeutung. Im Jahre 1973 triumphierte er in der 500ccm Königsklasse der Motocross-Weltmeisterschaft, doch sein Titel wurde durch eine bis heute umstrittene Entscheidung der FIM nicht homologiert.
Es ging um die Wertung des Frühjahrsklassikers von Sittendorf (Österreich). Das Rennen sollte live im Fernsehen übertragen werden. Die internationale Jury entschied sich nach heftigen Schneefällen in der Nacht und unfahrbaren Bedingungen für einen Kompromiss, einen Start mit reduziertem Fahrerfeld ohne Punktevergabe für die Weltmeisterschaft durchzuführen. Die Hauptprotagonisten, DeCoster, Bauer und van Velthoven, starteten bei diesem Rennen nicht. Aufgrund des damals geltenden Reglements gab es 9 Streichresultate über die Saison.
Bauer wurde am Saisonende 1973 Weltmeister, 4 WM-Punkte vor Roger DeCoster. Das wäre bis heute der einzige WM-Erfolg der Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung gewesen. Vor der Deutschen Einheit gab es zwischen 1966 und 1968 drei deutsche WM-Titel in der 500 ccm Klasse für Paul Friedrichs aus der DDR. Nach der Wiedervereinigung holte Ken Roczen im Jahre 2011 einen weiteren WM-Titel in der MX2-Klasse. Doch 1973, beim Herbstkongress der FIM im Oktober, wurde Bauers WM-Titel nicht homologiert und die Jury-Entscheidung von Sittendorf für nichtig erklärt. Das hatte Auswirkungen auf die Streichresultate und den gesamten Ausgang der WM, denn es wurden andere Rennen gestrichen.
Willy Bauer hatte 1973 die meisten Siege, aber auch zahlreiche Ausfälle. DeCoster war über die Saison der konstantere Fahrer. Ihm spielte die Wertung von Sittendorf in die Karten. Bauer verlor durch diese Entscheidung am grünen Tisch seinen WM-Titel und Roger DeCoster wurde zum Weltmeister des Jahres 1973 erklärt. Weitere Details zu dieser Entscheidung finden Sie in diesem Artikel.
Bis heute ist kaum nachvollziehbar, dass ein Team, eine Föderation und auch der Fahrer selbst eine solche Entscheidung unwidersprochen hinnimmt. «Ich habe es als gottgegeben hingenommen, als Schicksalsschlag», erklärt Willy Bauer. «Ich war Motocrossfahrer und kein Offizieller. Die Vertretung des OMK [Anm.: Oberste Motorradsport-Kommission, Vorgängerorganisation des DMSB] war sehr schwach. Als Fahrer kann man da wenig ausrichten.» Auch Maico intervenierte nicht.
Außerdem hielt sich Bauer zum Zeitpunkt des Herbstkongresses in den USA auf, wo er in kurzer Zeit zum gefeierten Star der sich gerade etablierenden US-Motocross-Szene avancierte.
Und so nahm die Geschichte einen anderen Verlauf. Die Bundesrepublik Deutschland hatte vor der Wiedervereinigung keinen Motocross-Weltmeister.
Bauer, der seit seinem Motocross-Unfall 1978 in Schottland querschnittsgelähmt ist, begann 1979 sein zweites Leben und übernahm den Total-Renndienst. «Ich habe also nahtlos im Motorsport weitermachen können. Den Renndienst habe ich bis 2016 gemacht. Mit 69 habe ich aufgehört.»
«Ich habe mir nach dem Unfall die Frage gestellt, will ich weitermachen oder nicht. Nachdem ich mich fürs Weitermachen entschieden habe, war klar, dass ich das Beste aus der Situation machen muss und ich glaube, es ist mir relativ gut gelungen. Ich habe zwar nicht mehr laufen können, aber ich habe wenig versäumt.»
Bauer ist sich bewusst: Motocross war sein Leben und ist es bis heute. Er agierte in der Ära der größten Popularität des Sports. Darauf blickt Bauer mit Dankbarkeit zurück: «Ich denke, es war die schönste Zeit in unserem Sport. Wir sind ja noch mit PKW und Anhänger zum WM-Lauf gefahren und nicht mit einem Sattelzug. Ich denke, wichtig ist, was Fahrer und Motorrad bringen, wobei beim Motocross noch immer der Fahrer die entscheidende Rolle spielt. Es war eine tolle Zeit.»
So ist und bleibt für die meisten Experten und Fans Willy Bauer bis heute der wahre Weltmeister des Jahres 1973! Daran soll am heutigen 17. November, Willy Bauers 73. Geburtstag, erinnert sein.