MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Jaroslav Falta (ČZ): Champion für zwei Stunden

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Es ist eine Schicksalsgeschichte der Motocross-WM: Jaroslav Falta (ČZ) gewann in einem dramatischen Saisonfinale die Weltmeisterschaft 1974, doch Weltmeister wurde er trotzdem nicht.

Für die Dauer von nur zwei Stunden war Jaroslav Falta Weltmeister der 250ccm-Klasse des Jahres 1974. Die Geschichte liegt fast 45 Jahre zurück, ist aber auch heute noch ein wahrer Krimi der Sportgeschichte.

Die Saison 1974 war geprägt vom Zweikampf zwischen dem Sowjetrussen Gennadij Moisejew (KTM) und dem tschechischen CZ-Werksfahrer Falta. CZ hatte nach den Erfolgen der 1960er Jahre, die geprägt von der Einführung der Zweitakttechnik waren, seinen Zenit Anfang der 1970er Jahre überschritten. Bekannte Namen wie Roger De Coster oder Joël Robert wandten sich vom tschechischen Hersteller ab, weil die Motorräder mit der rasanten Entwicklung jener Zeit nicht mithalten konnten. In der WM gab es damals im Gegensatz zu heute echte Artenvielfalt: Neben den japanischen Herstellern Honda, Suzuki, Kawasaki und Yamaha standen Motorräder der Marken KTM, Maico, Montesa, Husqvarna, Puch, Bultaco und CZ am Start.

Da Motocross aber eine Kombination aus Mensch und Maschine ist, bei der der Fahrer die entscheidende Rolle spielt, fuhr Falta dank seiner exzellenten Fahrtechnik trotzdem weiter in der Weltspitze mit. Ihm blieb auch keine andere Wahl, denn sein Heimatland gehörte in jener Zeit zum Ostblock. Die Richtung wurde von Parteichefs vorgegeben, nicht von Teamchefs.

Falta gewann 1974 den Grand-Prix in Gallarate (Italien) und auch den ersten Lauf seines Heim Grand-Prix in Holice (CSSR). Weitere Grand-Prix-Sieger der Saison wurden Torleif Hansen (Kawasaki), Gaston Rahier (Suzuki), Sylvain Geboers (Puch) und Harry Everts (Puch).

Im Saisonfinale von Wohlen (Schweiz) kam es zum ultimativen Showdown zwischen Falta und Moiseev. Der Russe führte mit 5 Punkten Vorsprung, doch Falta übernahm im ersten Lauf die Führung, während Moiseev mit Fahrwerksproblemen an seiner KTM zurückfiel. Als Falta ihn überrunden wollte, versuchte er ihn abzudrängen und aufzuhalten, so dass Harry Everts (Puch) und Håkan Andersson (Yamaha) auf den Rängen 2 und 3 der Spitze immer näher kommen konnten. Falta musste an dem Russen vorbei und es kam zur Kollision. Er stürzte und musste sich vor dem entscheidenden zweiten Lauf mit Rang 3 begnügen.

Falta stand vor dem großen Showdown und einer gewaltigen Zuschauerkulisse in Wohlen unter Druck. Er musste diesen letzten Lauf unbedingt gewinnen, um noch Weltmeister zu werden. Tatsächlich behielt er die Nerven und ging in Führung, während Moiseev erneut mit der Technik haderte und in der 7. Runde komplett ausfiel. Als Falta auf die überrundeten Russen Victor Popenko und Evgeny Rybalchenko auflief, die im Gegensatz zu KTM-Pilot Moiseev wie Falta auf der unterlegenen CZ unterwegs waren, behinderten sie den Tschechen offensichtlich. Rybalchenko trieb es auf die Spitze und holte Falta erneut von seinem Motorrad. Der führende Tscheche fiel wegen des Crashs auf Rang 3 zurück. Die beiden Russen wurden wegen ihres unsportlichen Verhaltens mit schwarzer Flagge disqualifiziert, während Falta all seine Kräfte mobilisierte und sowohl Caston Rahier (Suzuki) als auch Harry Everts (Puch) vor der Ziellinie abfing. Er gewann den zweiten Lauf und damit die Weltmeisterschaft 1974! Trotz der offensichtlichen Behinderungen der beiden Sowjets schaffte Falta im letzten Rennen des Jahres das Unmögliche.

Damit wäre er bis heute der letzte Weltmeister auf der CZ gewesen. Aber die Geschichte verlief anders.

Die sowjetische Föderation wollte ihre Niederlage nicht hinnehmen und legte Protest gegen Faltas Sieg ein. Ihre Begründung: Falta soll mit einem Frühstart in den zweiten Lauf gestartet sein. Zur damaligen Zeit erfolgte der Start über eine geschlossenen Startrampe, die in Fahrtrichtung fiel.

Wie die Jury ihre Entscheidung zugunsten der Sowjets fällen konnte, ist bis heute Gegenstand von Kontroversen, denn es gab weder damals noch heute Beweismittel in Form von Bewegtbildern oder Fotos. Warum sich die Jury in Wohlen schließlich der Meinung der sowjetischen Mannschaft anschloss, wurde nie stichhaltig begründet. Zur Strafe versetzte sie Falta, der in diesem Rennen zweimal absichtlich vom Bike geholt wurde, um eine Minute nach hinten. Dadurch fiel Falta auf den achten Platz zurück. Moiseev wurde am grünen Tisch zum Weltmeister gekürt. Dieser bis heute umstrittene Erfolg war übrigens zugleich der erste WM-Titel für KTM. Ein Einspruch der tschechischen Föderation gegen die Entscheidung wurde abgeschmettert.

Im gleichen Jahr zeigte Falta noch eine weitere beeindruckende Leistung, als er vor 65.000 Zuschauern im Los Angeles Memorial Coliseum Roger De Coster besiegte und den Super Bowl gewann.

Vermutlich wusste Falta in seiner aktiven Zeit selbst nicht, welche enorme Ausstrahlung er und die Marke CZ auf die Motocross-Szene in den USA hatte. Die tschechischen Bikes waren mehrfach Titelstory bekannter US-Magazine.

Für viele Amerikaner ist Falta bis heute der 'wahre Champion' des Jahres 1974. Möglicherweise ist er in den USA sogar bekannter als in seiner tschechischen Heimat.

Falta hat in Amerika noch heute eine solide Fan-Basis. Und bis heute ist CZ eine absolute Kultmarke geblieben. Jaroslav Falta hält sich im Moment wieder bei CZ-Treffen in den USA auf. Mit 68 Jahren ist er weiterhin fit und die Amerikaner feiern ihn als ihren absoluten CZ-Helden.

Trotz der Attacken der Sowjetrussen beim Saisonfinale in Wohlen blieb Falta gelassen und respektierte die Entscheidung der Jury, auch wenn er sich unschuldig fühlte. In den folgenden Jahren fuhr er weiter gegen Moiseev in der Weltmeisterschaft. Moiseev wurde 1977 und 1978 erneut auf KTM Weltmeister, während Falta mit zahlreichen Ausfällen haderte und mit der CZ technisch immer weiter ins Hintertreffen geriet. Es ist kein einziger auch nur angedeuteter Revanche-Akt Faltas bekannt, was viel über die Persönlichkeit Faltas aussagt. Er selbst hat sich auch nie als der 'wahre Champion' gefühlt, wie das seine amerikanischen Fans heute noch tun. Genau das macht ihn so sympathische und seine Leistung so einmalig. Das ist der Grund, weshalb Jaroslav Falta einer der ganz Großen unseres Sports war, ist und bleibt.

Übrigens: Am kommenden Samstag, am 11.5.2019, treffen sich international bekannte Fahrerpersönlichkeiten zu den 3. Talkessel-Classics in Teutschenthal. Im letzten Jahr war hier, neben weiteren Raritäten, auch eine Werks-CZ von Jaroslav Falta zu bestaunen.

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