Heikki Mikkola (Husqvarna): Er war der König aller Klassen
Anfang der 1970er Jahre ging es bei der Motocross-WM noch etwas anders zur Sache als heute: Die Zweitakter waren laut, die 500er-Maschinen regelrecht brutal. Allein beim Antreten eines 500er-Zweitakthammers hat sich mancher Fahrer und Mechaniker den Mittelfußknochen gebrochen, wenn das Biest wieder einmal zurückgeschlagen hat.
Die Leistung der luftgekühlten Zweitakter schwankte stark bei unterschiedlichen Temperaturen. Leider war die Leistung in den Morgenstunden meist besser, als am Nachmittag von heißen Sommertagen. Betroffen waren allerdings alle Fahrer, denn Wasserkühlung gab es damals noch nicht.
An umgelenkte, progressiv wirkende Mono-Shock-Dämpfer war nicht zu denken: Federwege von 20cm waren damals purer Luxus - mit Twin-Shock-Dämpfern, versteht sich. Allerdings kamen zu jener Zeit auch gerade Luftfederelemente in Mode, wie wir sie heute in moderner Form wiedersehen. Dazu später mehr.
Der Finne Heikki Mikkola war bekannt durch seine Hartnäckigkeit, seinen Ehrgeiz und seine Fitness. Er war der erste Fahrer, der 1974 und 1976 Weltmeister in den beiden Klassen - 500ccm und 250ccm - wurde.
Im finnischen Motor-Magazin «Vauhdin Maailma» wurde 1972 eine Werbung für Champion-Zündkerzen abgebildet, die Heikki Mikkola mit seiner Familie, seinem Transporter und seiner Husqvarna zeigt. Er fuhr damals die 500er-WM. Der abgebildete Ford Transit war DAS «Wohnmobil» der 70er Jahre! Die Maschine wurde unter dem archaischen Vorzelt auf die Rennen vorbereitet.
Motocross war auch in der Blüte der 1970er Jahre kein Mittel, um große Berühmtheit zu erlangen. Die Motocross-Werksfahrer waren vergleichsweise rudimentär ausgestattet. Diese Situation sollte sich erst einige Jahre später ändern, als der Sport von der Industrie als Markt entdeckt wurde. Die Budgets von damals sind mit den heutigen nicht annähernd zu vergleichen.
Heikki Mikkola begann seine Karriere sehr früh. Er feierte seine ersten Erfolge im finnischen Hyvinge auf einem legendären Sandkurs. Mikkola war einer der frühen Sandspezialisten. Er hatte enorme Kraft und Ausdauer und wäre vermutlich auch in anderen Sportarten erfolgreich gewesen. 1968 feierte er seinen ersten Erfolg als Zweiter beim finnischen 250ccm Grand-Prix in Hedemora hinter Torsten Hallman.
Die Saison 1971 begann vielversprechend. Er führte die WM schon nach vier Runden an. Danach lief es weniger gut und er wurde am Saisonende Vierter in der Gesamtwertung. 1972 stieg er von der Viertelliter- in die Halbliterklasse um, in der seine Gegner keine Geringeren als Roger De Coster, Ake Jonsson und Bengt Aberg waren. De Coster wurde in diesem Jahr Champion, Mikkola wurde Dritter.
Husqvarna entwickelte für 1973 ein neues Konzept-Bike und brauchte einen Fahrer. Mikkola kehrte deshalb in die Viertelliterklasse zurück und wurde in dem Jahr Dritter. 1974 wechselte er wieder zu den Fünfhundertern. Es wurde sein Jahr! Niemand konnte ihn stoppen, nicht einmal Roger De Coster! Nach zahlreichen spannenden Zweikämpfen siegte der Finne am Ende mit 9 Punkten Vorsprung vor dem belgischen Titanen.
Physis und Ausdauer waren der Schlüssel zum Erfolg: «Ich habe meine Kraft zum Ende des Jahres hin aufgebaut, um zum Saisonstart im Frühjahr perfekt vorbereitet zu sein.» Damals begann die Saison traditionell in Österreich: «Im Januar habe ich das Training noch einmal intensiviert, um die mörderische Grand-Prix-Saison durchzustehen.» Zwei bis drei Trainingseinheiten mit Laufen, Turnen und Fahren gehörten zum täglichen Programm.
1974 überraschte ein Sowjetrusse die gesamte Motocrosswelt in mehrfacher Hinsicht: Gennady Moiseev war der schnellste Mann im Feld. Statt der CZ, produziert vom tschechischen Ostblock-Brudervolk, pilotierte der Sowjet zur Verwunderung Aller die neue und damals unbekannte KTM!
1974 schrieb Moiseev Geschichte und holte den ersten WM-Titel für KTM in der 250er Klasse - vor dem Tschechen Jaroslav Falta auf CZ. Zu dieser Zeit führte CZ die Innovation ein, welche heute wieder eine große Renaissance erlebt: Die Luftfederelemente waren - wie heute - leichter, als Federbeine. Damals hatten sie jedoch den Nachteil, dass sie ihre Federwirkung durch Erwärmung stark erhöhten. An eine dezidierte Abstimmung des Fahrwerks, die über die Renndistanz Bestand hatte, war damit nicht annähernd zu denken.
Zurück zu dem Finnen Mikkola: Während seiner Karriere erlitt Mikkola auch einige Verletzungen, die ihn immer wieder zurückwarfen. Mikkola überraschte die Szene mit einer erneuten Rückkehr in die Viertelliterklasse. Er blieb dabei Husqvarna treu: «Ich will der Erste sein, der beide Klassen gewinnt», sagte er voller Selbstvertrauen.
Die Saison 1976 begann mit einem Kampf epischen Ausmaßes gegen den Weltmeister von 1974, Gennady Moiseev! Im entscheidenden Rennen gewann Mikkola gegen Moiseev mit nur einem Punkt Vorsprung - er war Meister beider Klassen!
1977 wechselte Mikkola von Husqvarna zu Yamaha und wurde 1977 und 1978 erneut zweimal Weltmeister. Yamaha war zu jener Zeit Pionier in Sachen Zentralfederbein. Seine Gegner: Der Amerikaner Brad Lackey und der Brite Graham Noyce, die später ebenfalls Weltmeister der damaligen Königsklasse wurden.
Heikki Mikkola blieb immer ein bodenständiger Kerl: «Ohne meinen Mechaniker Heikki Penttila aus meinem Heimatort Hyvinkää wäre mein Erfolg so nicht möglich gewesen. Die exzellenten Husqvarna-Bikes taten ihr Übriges», resümiert der Finne. «Wenn ich in den Wäldern zu Hause spazieren war, hat mir das immer einen Extraschub Kraft gegeben.»
Heikki Mikkola feiert am 6. Juli 2015 seinen 70. Geburtstag.