Italiener im GP-Sport: Seit 2009 kein Titelgewinn
In der GP-Weltmeisterschaft 2017 greifen die Italiener wieder auf breiter Front an. In der Moto3-Klasse existieren mehr italienische Teams als italienische Topfahrer, das war vor vier, fünf Jahren noch ganz anders.
In der Moto3-WM 2017 zählen Fahrer wie Bulega, Bastianini, Fenati, Antonelli, Mignon und Di Giannantonio zu den Titelfavoriten.
In der Leichtgewichtsklasse hat Italien aber seit 2004 (Andrea Dovizioso auf Honda) keinen Weltmeistertitel mehr erobert.
Übrigens: 2004 war ein guter 125-ccm-Jahrgang. «Dovi» gewann die WM damals vor Barberá, Roberto Locatelli, Lorenzo und Stoner.
Von den Top-5 wurden drei weitere Fahrer später Weltmeister...
In der Moto2-Klasse 2017 gelten Franco Morbidelli und Lorenzo Baldassarri als Titelanwärter, auch Bagnaia, Locatelli, Marini und Manzi werden eine gute Figur machen.
In der MotoGP-Klasse werden bei den Italienern Rossi, Dovizioso, Iannone und Petrucci für Begeisterung sorgen.
Es ist noch nicht lange er, da herrschte in Italien noch Tristesse am GP-Himmel.
Wer erinnert sich an 2010 und 2011? Damals kam in der 125er-WM kein Italiener unter die Top-Ten der Gesamtwertung.
Noch schlimmer: Simone Grotzkyi beendete diese beiden Jahre in der 125er-WM als bester Italiener auf dem 15. und 16. WM-Rang.
Auch am Saisonende 2013 fiel die Bilanz traurig aus, die italienischen MotoGP-Fans hatten damals schon eine ganze Weile nicht mehr viel zu lachen. Sogar der große Valentino Rossi hatte von Oktober 2010 (Sieg in Sepang auf Yamaha) bis Ende Juni 2013 in Assen kein MotoGP-Rennen gewonnen! Sein letzter MotoGP-WM-Titelgewinn liegt sowieso weit zurück – 2009.
In der Moto3-Klasse blieb Italien 2012 nach dem Jerez-Sieg von Romano Fenati am 29. März sieglos. Es siegten Fahrer wie Cortese, Viñales, Salom, Kent – und sogar Louis Rossi.
2013 erlebten wir in der Moto3-Nachwuchsklasse keinen einzigen Italiener-Erfolg. 2014 gewann Fenati in Argentinien, der erste Italo-Triumph nach zwei Jahren! Fenati (KTM) siegte dann auch in Jerez, Mugello, und Aragón, es war der Beginn eines deutlichen Aufschwungs. Italienische Team wie Gresini, SKY VR46, Ongetta Rivacold, Das San Carlo Team Italia, Platinum Bay Real Estate, Leopard Racing und jetzt die SIC58 Squadra hielten Ausschau nach Talenten aus Italien, auch Mahindra Racing und Peugeot förderten die Talente in der CIV frühzeitig, Rossi setzte ein Team in der spanischen CEV Repsol-Meisterschaft ein.
Inzwischen sind die mageren Moto3-Jahre für Italien vorbei. In der WM 2016 landeten Bastianini, Bagnaia, Di Giannantonio, Bulega, Locatelli und Fenati auf den Rängen 2, 4, 6, 7, 9 und 10. Also sechs Italiener in den Top-10! Der aussergewöhnlich schnelle Francsoco «Pecco» Bagnaia gewann zwei WM-Rennen, Bastianini eines, Fenati auch eines. Aber einen Moto3-WM-Titel haben die «Azzurri» noch nie gewonnen.
In der Moto2-WM war in Italien eine Weile lang auch nicht mehr viel los. Andrea «The Maniac» Iannone gewann zwar in den Jahren 2010 bis 2012 acht Moto2-WM-Läufe, für den Gesamtsieg kam er jedoch nie in Betracht. Und in der MotoGP-WM war damals aus italienischer Sicht mit Ausnahme von Rossi und Dovizioso auch nicht viel zu sehen.
Die MotoGP-Stars versetzten die Tifosi früher oft in Ekstase. Rossi gewann zum Beispiel in Mugello von 2002 bis 2008 sieben Mal hintereinander; 2003 erkämpften Biaggi und Capirossi hinter ihm die Plätze 2 und 3, 2005 war es genau so – mit Melandri an vierter Position!
Dann kamen ein paar magere Jahre, denn Rossi fuhr 2011 und 2012 auf Ducati. Bei den Roten gelangen ihm 2012 insgesamt nur drei Podestplätze. 2013 bei der Rückkehr zu Yamaha hat er bei 18 Rennen immerhin sechs Top-3-Ergebnisse geschafft.
Die Nachwuchssorgen der Italiener manifestierten sich in erster Linie in den kleinen WM-Kategorien Moto3 und Moto2. Die jungen Fenati, Antonelli, Tonucci und Co. standen 2013 mit ihren Honda gegen die übermächtigen KTM auf verlorenem Posten. Das zeigte sich an den WM-Positionen: 10. Fenati. 16. Antonelli. 26. Tonucci.
125 ccm/Moto3: 13 Jahre ohne Titelgewinn
Früher gewannen die Italiener (und Sanmarinesen) in der 125-ccm-Klasse einen Titel nach dem andern. Gresini (1985 und 1987), Cadalora (1986), Capirossi (1990 und 1991), Gramigni (1992), Rossi (1979), Locatelli (2000), Poggiali (2001), Dovizioso (2004) – seitdem ist Feierabend.
Seit 13 Jahren Funkstille.
Auch in der Moto2-WM sah es 2013 nicht viel besser aus. Simone Corsi feierte mit Rang 2 auf dem Sachsenring das beste italienische Ergebnis in der ganzen Saison 2013. In der WM kam kein Italiener in der Gesamtwertung in die Top-Ten, dafür brausten vier Spanier und zwei Schweizer in die Top-Ten!
Die triste Azzurri-Moto2-Bilanz im Jahr 2013: 11. Corsi. 14. De Angelis. 16. Pasini, wobei wir den aus San Marino kommenden De Angelis ausnahmsweise als Italiener durchgehen lassen.
Schwer zu glauben: In der Moto2-WM fuhren damals nur zwei echte Italiener mit! In der Moto2-Klasse traten in Mugello und Misano nicht einmal italienische Wildcard-Fahrer an.
In der mittleren Klasse räumten die Italiener früher serienweise Weltmeistertitel ab. Cadalora (1991 und 1992), Biaggi (1994, 1995, 1996 und 1997), Capirossi (1998), Rossi (1999), Melandri (2002), Poggiali (2003) und Simoncelli (2009) hiessen die letzten Triumphatoren.
Aber seit 2009 gingen die italienischen GP-Fahrer in der Mittelgewichtsklasse leer aus – wie Rossi in der MotoGP. In der Moto2-WM hat noch nie ein Italiener den Titel abgeräumt.
Der Rückenwind durch Aprilia fehlt
Eines ist klar: Die Italiener profitierten in ihrer glorreichen Phase zur Zweitakt-Zeit (125 und 250 ccm) von der Dominanz von Aprilia. Die Italiener wurde von vielen Teams und Fahrern aus Italien bevorzugt, später betrieb auch Gilera ein siegreiches 250-ccm-Werksteams, dadurch wurden weitere italienische Piloten begünstigt – wie Marco Simoncelli.
So kamen bereits Nachwuchsfahrer zu erstklassigem Material. Roberto Locatelli gelang zum Beispiel gleich bei seinem WM-Debüt als Wildcard-Fahrer die Pole-Position. Marcellino Lucchi gewann als Aprilia-Testfahrer mit 42 Jahren noch seinen ersten Grand Prix (250 ccm).
Der italienische Nachwuchs hat sein Wellental durchschritten, jetzt ist mit einem neuen Höhenflug zu rechnen.
Italien hat 2017 in allen die Klassen WM-Kandidaten am Start.
Auch wenn es die Rossi-Hater nicht gern hören werden. Die Popularität von «The Doctor» hat in Italien das Interesse der Sponsoren geweckt, es entstanden neue Teams, der Verband investierte Geld. Viele Jungs wollen dem grossen Vorbild Valentino nacheifern.
Wie einst in der glorreichen deutschen Tennis-Ära mit Steffi Graf, Boris Becker und Michael Stich.