MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Ralf Waldmann: Rivale Max Biaggi kommt zur Beerdigung

Von Günther Wiesinger
Die GP-Welt trauert um einen der populärsten Rennfahrer der letzten 30 Jahre. Nicht nur in Deutschland ist die Betroffenheit riesig. Erinnerungen der Weggefährten.

Der überraschende Tod von Ralf Waldmann (51) sprach sich am Sonntag und Montag auch außerhalb des deutschsprachigen Raums rasch herum.

Betroffenheit, Erschütterung und Fassungslosigkeit machten sich breit. «Welch ein Drama. Waldi war ein Freund von mir geworden», seufzte Dorna-Chef Carmelo Expeleta gegenüber SPEEDWEEK.com. Er hat den 20-fachen GP-Sieger längst in die virtuelle Hall of Fame aufgenommen.

«Mit 51 Jahren. Viel zu früh», bedauerte Sohn Carlos Ezpeleta, Sporting Director der Dorna.

Auch IRTA-Präsident und Tech3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal konnte die traurige Nachricht kaum fassen. Waldi hatte ihm in den letzten Monaten mehrmals seinen Kumpel Markus Reiterberger als MotoGP-Fahrer ans Herz gelegt.

Poncharal erinnerte sich an Waldis starke 250-ccm-Rennen, er betrieb damals selbst ein 250-ccm-Team und dominierte die WM 2000 mit Jacque und Nakano. «Ralf war ein netter Typ. Ein bisschen verrückt, aber er sprühte vor Leidenschaft. Ich bin geschockt», sprach Poncharal vielen anderen Mitgliedern des GP-Sports aus dem Herzen.

Auch viele Weggefährten aus der gemeinsamen 250-ccm-WM-Ära wie der hettige Certina-CEO und Ex-GP-Pilot Adrian Bosshard, Dieter-Stappert-Freund Robert Bodenschatz, Waldis Ex-Mechaniker Roland Kern oder Heinz Röhrich und Dutzende andere zeigten sich tief betroffen – sowie Zehntausende Fans des nimmermüden Kämpfers und leidenschaftlichen Motorradfreunds, der seinen Sohn Leo nach dem ehemaligen Marlboro-Sponsorship-Manager Léo de Graffenried benannte.

Terrell Thien, jahrelang Teammanager bei Interwetten, Öttl, RTG und PrüstelGP: «Vor drei Wochen war Waldi noch in meiner Sportsbar in Solingen auf einen Drink, 20 km von Ennepetal entfernt.»

Viele alte Freunde von Ralf Waldmann erkundigten sich gestern nach dem Begräbnistermin – wie zum Beispiel Jürgen Lingg (Intact) und Mats Larsson, Manager MC Racing R&D bei Öhlins. Roland Kern: «Ich bin echt geknickt. Wir haben doch so viel miteinander erlebt.»

Auf dem Mobiltelefon von SPEEDWEEK.com leuchtete am Montagvormittag um 11.14 Uhr plötzlich auch ein Telefonnummer aus Monte Carlo auf.

«Hier Max. Max Biaggi», hörte ich eine vertraute, prägnante Stimme.

Der vierfache 250-ccm-Weltmeister und zweifache Superbike-Weltmeister, der 1998 auf der Marlboro-Honda NSR 500 in Suzuka/Japan gleich seinen ersten Halbliter-GP gewonnen hat und seinem Erzfeind Rossi harte Schlachten (500 ccm und MotoGP) geliefert hat, wirkte sprachlos, er wollte alle Details über die letzten Stunden seines ehemaligen Gegners wissen, wobei Ennepetal natürlich nicht der Nabel der Welt ist und ihm wenig sagte. «Bitte sag mir so bald wie möglich den Termin und dir Örtlichkeit, ich werde ganz sicher zum Begräbnis kommen», versprach Grande Max, ein Sportsmann und Gentleman durch und durch. «Wohin muss ich fliegen?»

Der 46-jährige Römer hat Waldi den 250-ccm-WM-Titel 1996 um sechs und 1997 um zwei Punkte streitig gemacht.

Bei der Red Bull KTM-Teampräsentation in Salzburg im Hangar-7 war Waldis Tod natürlich auch ein vorrangiges Gesprächsthema. Er war ein Freund des Hauses, hatte den MotoGP-Testtag für Reiterberger in Aragón im September 2017 vermittelt und war als Eurosport-Mann immer ein gern gesehener Gast in der Red Bull Hospitality.

Dieter Stappert nahm Ralf Waldmann nach dessen dritten 125-ccm-WM-Rang und sechs GP-Siegen im Herbst 1993 für sein erfolgreiches HB-Honda-NSR250-Werksteam unter Vertrag, für das auch Reinhold Roth gefahren war. Waldi übernahm den Platz von Helmut Bradl.

Teambesitzer Stappert prägte damals für Waldi den Begriff «chaotisches Genie».

Mike Leitner, heute Teammanager bei Red Bull KTM in der MotoGP, agierte im Stappert-Team vom ersten Tag an als einer der Mechaniker von Waldi. Er ist selbst in der 125er-WM gefahren und hat zwei vierte Plätze (1987 in Le Mans und Jarama) errungen. Der Österreicher agierte damals unter der Regie von Chefmechaniker Sepp Schlögl, der schon Braun, Mang, Roth und Bradl betreut hatte und später 2005 mit Tom Lüthi noch einmal Weltmeister (125 ccm) wurde.

Mike Leitner konnte das grenzenlose Potenzial von Ralf Waldmann, dass sich schon 1988 und 1989 mit schwachbrüstigen Material (wie der Noki-Rotax 125) in der DM und EM sowie mit der Seel 80 auch in der WM abgezeichnet hatte, natürlich erstklassig einschätzen.
«Waldi war ein genialer Rennfahrer», blickt Leitner heute noch mit Begeisterung zurück. Und niemand widerspricht ihm. «Vom Talent her war er mit Max Biaggi gleichzusetzen. Aber er war halt nicht der fleißigste Arbeiter, wenn es um die körperliche Vorbereitung ging. Trotzdem – ein Riesentalent. Er ist alles mit seinem Bauchgefühl gefahren. Im Regen ist dieses überragende Talent natürlich noch deutlich zum Vorschein gekommen, denn da brauchte er nicht so viel Krafteinsatz.»

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