Massimo Rivola (Aprilia): «Mache mir keine Sorgen»
Massimo Rivola trat am 7. Januar 2019 seinen Job als neuer Chief Executive Officer bei Aprilia Racing in Noale an und erlebte einen nicht gerade einfachen Einstand. «Am Tag, als ich kam, nahm zu meiner Überraschung Motorenchef Mario Manganelli Abschied. Ich konnte ihm nur noch ‚Ciao‘ sagen», schilderte der ehemalige Formel-1-Manager von Toro Rosso und Ferrari.
Rivola erlebte bisher eine enttäuschende MotoGP-Saison, zwischendurch muss ihm klar geworden sein, dass er ein Himmelfahrtskommando übernommen hat. Aprilia verfügt über das kleinste Budget aller sechs Werke, in den letzten drei, vier Jahren sind viele Top-Techniker zur Konkurrenz gegangen und nicht ersetzt worden. Dazu gab es seit 2016 (Bautista/Bradl) auf der Position des Nummer-2-Fahrers neben Aleix Espargaró nur Reinfälle: 2017 mit Sam Lowes, 2018 mit Scott Redding, auch Iannone war 2019 bisher keine Offenbarung. Auch er steht im Schatten von Espargaró.
Doch in Aragón gelang Aleix Espargaró nach zahlreichen desaströsen Vorstellungen (seit Las Termas im Aprilia nie mehr in den Top-10) endlich wieder ein Befreiungsschlag: Platz 7 vor Rossi. Iannone schlug sich nach dem Misano-Debakel (drei Stürze, Startverbot fürs Rennen) auf Platz 11 durch.
Iannone war im Training in Misano dreimal gestürzt. Er litt dann unter Schmerzen am Rücken, an der Schulter und am linken Unterarm. «Unser Motorrad ist nicht sehr sanft zu fahren. Es ist keine Yamaha», ist sich Rivola bewusst. «Unsere RS-GP ist kraftraubender zu beherrschen.»
Massimo, abgesehen von Aragón haben sich die Ergebnisse von Aprilia seit dem Frühjahr nicht maßgeblich verbessert.
Ja, das kann man so sagen. Wenn wir auf die Rennen im Sommer blicken, dann war Assen ein gutes Rennen. Nachher folgten zwei sehr schlechte Grand Prix in Brünn und Spielberg. In Silverstone gelang Andrea Iannone mit Platz 10 ein anständiges Ergebnis.
Für Misano hatten wir hohe Erwartungen. Aber dann ist Andrea Freitagfrüh und Samstagfrüh gestürzt. Im FP4 stürzte er wieder. Der Crash im FP3 war aber nicht sein Fehler, wir hatten ein Problem am Motorrad… Wir mussten dauernd viel reparieren.
Aprilia kam 2015 in die MotoGP-WM zurück, KTM ist 2017 eingestiegen. Aprilia hat in der Marken-WM zweimal den letzten Platz erreicht und liegt jetzt wieder 22 Punkte hinter KTM. Muss bei Aprilia eine Revolution passieren?
Wir brauchen Zeit. Ich bin erst seit neun Monaten dabei. Ich mache mir überhaupt keine Sorgen. Vielleicht lachst du mich deshalb aus…
Aber manchmal wundert man sich über Aprilia. Beim Misano-Test beschwerte sich Aleix Espargaró wieder einmal bitterlich, weil es keine technischen Neuheiten zu testen gab. Beim Misano-GP widersprach ihm Technical Director Albesiano in einem Interview bei Sky-TV.
Wahr ist, dass ein Fahrer wie Aleix, der bereit für Siege ist, gern ein Top-Motorrad haben möchte. Er fährt jetzt das dritte Jahr bei Aprilia und fährt seither immer ein sehr ähnliches Motorrad, das sich von jenem von 2017 nicht stark unterscheidet. Deshalb möchte er große Veränderungen sehen.
Wenn er sieht, dass andere Hersteller viele neue Komponenten an die Strecke bringen oder sogar neue Motorräder, nehmen wir KTM zum Beispiel, wo sein Bruder fährt, dann hat er dort gute Einblicke. Aleix hat uns gesagt, dass Pol beim Misano-Test vier Motorräder in der Box hatte.
Es ist natürlich keine riesige Motivation für ihn, wenn er dann bei Aprilia keine vergleichbaren Verbesserungen sieht. Wir können ihm nur kleine Veränderungen bieten. Bei der Elektronik, dazu Kleinigkeiten bei der Suspension. Aber das sind keine sichtbaren Modifikationen. Aber wir gehen davon aus, dass sie für das 2020-Bike nützlich sind.
Aber ehrlich gesagt: Wir entwickeln die 2019-Aprilia nicht mehr wirklich weiter. Wir suchen nur ein Verständnis, was am besten an das nächstjährige Bike montiert werden sollte.
Du hast im Juni auch erwähnt, dass Aprilia mehr Manpower für die Entwicklung braucht. Schon fündig geworden?
Ja, wir haben nicht genug Leute für unser MotoGP-Engagement. Ja, wir haben schon neue Techniker gefunden. Sie werden nach der Saison zu uns kommen. Wir reden nicht über eine große Anzahl. Wenn wir fünf vielversprechende Techniker finden, ist das im Vergleich zu jetzt bereits ein Fortschritt. Besonders wenn es gut qualifizierte Ingenieure sind.
Es ist ein langwieriger Prozess. Du musst mehr Geld investieren, du musst die richtigen Leute mit frischen Idee finden und dann das ganze Paket vorwärts bringen.
MotoGP-WM-Stand nach 14 von 19. Rennen: 1. Marc Márquez 330. 2. Dovizioso 202. 3. Rins 156. 4. Petrucci 155. 5. Viñales 147. 6. Rossi 137. 7. Quartararo 123. 8. Miller 117. 9. Crutchlow 98. 10. Morbidelli 80. 11. Pol Espargaró 77. 12. Nakagami 68 . 13. Mir 49. 14. Aleix Espargaró 46. 15. Iannone 32. 16. Bagnaia 29. 17. Oliveira 29. 18. Zarco 27. 19. Lorenzo 23. 20. Rabat 18. 21. Bradl 16.