Jorge Lorenzo: Trennung von Honda vor Valencia?
Jorge Lorenzo
Die jämmerlichen Darbietungen von Jorge Lorenzo fanden auch beim Phillip Island-GP kein Ende. Der Repsol-Honda-Werksfahrer erzählt zwar seit Silverstone vor jedem Rennen, er werde stärker, die Schmerzen werden geringer, die kommende Piste liege ihm besser, er wollte schon in Misano den Rückstand auf 30 Sekunden reduzieren, kam aber auch in Japan 40,4 Sekunden hinter Sieger Marc Márquez ins Ziel. Und auf Phillip Island fehlten ihm nach 27 Runden nicht weniger als 66 Sekunden auf Sieger Márquez.
In Australien begann die Misere mit dem 18. Platz im regennassen FP1 mit 3,001 Sekunden Rückstand auf Viñales, alle vier KTM waren schneller als Lorenzo. Und dann kam der dreifache MotoGP-Weltmeister (2010, 2012 und 2015) über den 19. Startplatz nicht hinaus.
So traurig es klingt: Aber Lorenzo ist längst zum Gespött im Fahrerlager geworden. Chris Vermeulen, ehemaliger Supersport-Weltmeister und MotoGP-Sieger in Le Mans auf Suzuki 2007, wunderte sich am Wochenende als TV-Reporter über die Performance des Mallorquiners. «Du kannst als Repsol-Honda-Werksfahrer nicht zu einem Grand Prix kommen und sagen, du willst nur 30 Sekunden auf den Sieger verlieren.»
Der ehemalige Superbike-Weltmeister Carlos Checa spottete kürzlich vor laufender TV-Kamera nach einem MotoGP-Rennen, als kleinlaut Lorenzo vorbeimarschierte: «Hey, Jorge, hast du vergessen, die Handbremse zu lösen?»
Pramac-Ducati-Pilot Jack Miller flachste am Sonntag nach Platz 3 auf die Frage, was er zur Leistung von Johann Zarco bei LCR-Honda (Platz 13) sage: «Immerhin ist er schneller als Jorge.»
Ein erfahrener GP-Fotograf teilte mir am Wochenende in Australien mit: «Man sieht an der Strecke, dass Jorge Angst hat. Er sollte nicht mehr fahren.»
Längst werden Wetten darauf abgeschlossen, dass der Vertrag zwischen Lorenzo und HRC nach dieser Saison aufgelöst wird. Jedem halbwegs aufgeweckten GP-Berichterstatter muss das seit Silverstone klar sein. Denn die Auftritte von Lorenzo fallen unter das Kapitel Arbeitsverweigerung.
Ein ruhmreiches Sieger-Team wie Repsol-Honda (15 WM-Titel, 179 Siege in der «premier class», allein 126 in der MotoGP, total 443 Podestplätze) kann kein Fahrer-Duo brauchen, von dem einer dauernd gewinnt und sich der andere pausenlos blamiert. Denn es geht um die prestigereiche Team-WM und die Konstrukteurs-WM.
Weltmeister Marc Márquez wird nicht in jedem Jahr nach 17 Rennen mit 375 von 425 möglichen Punkten dastehen. Honda braucht ein «back up», wie es Ducati mit Petrucci hat. Auch Yamaha leistet sich keinen Reinfall – Viñales und Rossi liegen in der Fahrer-WM beide in der Top-6.
Selbst Gigi Dall‘ Igna, General Manager bei Ducati Corse und bisher glühender Fan von Lorenzo, geht von einem Rückzug des Spaniers aus. Das tat er in Australien unmissverständlich kund. Auch ihm gefiel nicht, als Lorenzo in England sagte, er wolle künftig maximal 30 Sekunden auf die Siegerzeit verlieren. Gigi Dall‘ Igna: «Das darf man nicht einmal behaupten, wenn man bei Aprilia fährt.»
Aus Funktionärskreisen war auf Phillip Island sogar zu hören, Honda werde die Vertragsauflösung voraussichtlich noch vor dem Valencia-GP kundtun.
Valencia: Soll Lorenzo noch testen?
Es gibt bei HRC eine starke Fraktion, die längst die Geduld mit dem Sorgenkind verloren hat. Doch die konservativeren der japanischen HRC-Manager wollen Lorenzo noch nicht abschreiben. Deshalb wurde diskutiert, ob man ihn 2020 noch bei zwei Rennen einsetzen und dann entscheiden soll. Doch diese Idee wurde inzwischen verworfen. Jetzt wird überlegt, ob man Mitte November nach dem Valencia-Test mit den 2020-Bikes entscheiden soll.
Albert Valera, der neben Lorenzo auch Jorge Martin und Jorge Navarro managt, dementiert weiter alle Rücktrittsabsichten seines Schützlings und beharrt auf den Vertrag. Denn dieser bringt 3 bis 4 Millionen Euro Gage im Jahr ein. «Wir haben mit HRC eine Vereinbarung für 2020 und möchtensie erfüllen. Aber wir warten auf neue Teile, die Jorge helfen, seinen Fahrstil auf der Honda optimal entfalten zu können. Er braucht ein Motorrad, das ihm hilft, wieder schnell zu fahren und Vertrauen zu gewinnen. Wir glauben an Honda und hoffen, dass sie für 2020 ein Motorrad bringen, das dem Fahrstil von Jorge entgegenkommt», sagte Valera im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.
Lorenzo hat auf der Yamaha gewonnen und im zweiten Ducati-Jahr auch mit der Desmosedici drei Siege errungen. Er wollte 2019 in jenem erlauchten Kreis jener Piloten Aufnahme finden, die in der Königsklasse auf drei Fabrikaten gewonnen haben. Das waren Hailwood, Lawson, Mamola und Capirossi. Jorge hat mit Yamaha 44 MotoGP-Siege erobert, mit Ducati drei. Bei Honda fehlt ihm sogar noch ein Top-Ten-Ergebnis.
MotoGP-WM-Stand nach 17 von 19 Rennen:
1. Marc Márquez 375. 2. Dovizioso 240. 3. Rins 183. 4. Viñales 176. 5. Petrucci 169. 6. Quartararo 163. 7. Rossi 153. 8. Miller 141. 9. Crutchlow 133. 10. Morbidelli 105. 11. Pol Espargaró 89. 12. Mir 77. 13. Nakagami 74. 14. Aleix Espargaró 53. 15. Bagnaia 50. 16. Iannone 43. 17. Oliveira 33. 18. Zarco 30. 19. Lorenzo 23. 20. Rabat 18. 21. Bradl 16. 22. Pirro 9. 23. Syahrin 8. 24. Guintoli 7. 25. Abraham 7. 26. Kallio 2.
MotoGP-WM-Stand nach 17 von 19 Rennen:
1. Marc Márquez 375 (Weltmeister). 2. Dovizioso 240. 3. Rins 183. 4. Viñales 176. 5. Petrucci 169. 6. Quartararo 163. 7. Rossi 153. 8. Miller 141. 9. Crutchlow 1333. 10. Morbidelli 105. 11. Pol Espargaró 89. 12. Mir 77. 13. Nakagami 74. 14. Aleix Espargaró 53. 15. Bagnaia 50. 16. Iannone 43. 17. Oliveira 33. 18. Zarco 30. 19. Lorenzo 23. 20. Rabat 18. 21. Bradl 16. 22. Pirro 9. 23. Syahrin 8. 24. Guintoli 7. 25. Abraham 7. 26. Kallio 2.
Konstrukteurs-WM nach 17 Rennen
1. Honda 381. 2. Ducati 286. 3. Yamaha 276. 4. Suzuki 212. 5. KTM 100. 6. Aprilia 78.
Team-WM nach 17 Rennen
1. Ducati Team 409. 2. Repsol Honda Team 408. 3. Monster Energy Yamaha 329. 4. Petronas Yamaha SRT 268. 5. Team Suzuki Ecstar 264. 6. LCR Honda 210. 7. Pramac Racing 191. 8. Red Bull KTM Factory Racing 118. 9. Aprilia Racing Team Gresini 96. 10. Red Bull KTM Tech3 41. 11. Reale Avintia Racing 25.