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Valentino Rossi: Rätsel über die schwache Performance

Von Günther Wiesinger
Valentino Rossi

Valentino Rossi

Den Rücktritt zum idealen Zeitpunkt hat Valentino Rossi wohl verpasst. Er ist bei Yamaha bestenfalls noch die Nummer 3. Die Abschieds-Tournee 2020 wird kein Honiglecken.

Vor genau zehn Jahren hat Valentino Rossi seinen neunten und letzten Weltmeistertitel. gewonnen,. Und vor zweieinhalb Jahren und fast 900 Tagen sein letztes Rennen in der Königsklasse – in Assen 2017. In diesem Jahr hat er seit April keinen Podestplatz errungen, Teamkollege Vinales fährt ihm um die Ohren und dazu – noch schlimmer – der 20-jährige MotoGP-Anfänger Fabio Quartararo aus dem privaten und neu zusammengewürfelten Petronas-Yamaha-Team.

Man darf davon ausgehen, dass es Valentino Rossi nicht geschafft hat, am Höhepunkt seiner Laufbahn auszusteigen. Aber er betreibt den Sport weitermit viel Leidenschaft, die Anhänger sind ihm treu geblieben, er hat in Sepang und Valencia 2018 fast gewonnen und 2019 beinahe in Austin.

Valentino hat ganze Generationen von Rivalen überlebt, von Biaggi bis zu Gibernau über Melandri bis zu Stoner und Lorenzo. Dovizioso ist ihm erhalten geblieben, Marc Márquez hat den Sport auf ein neues Level befördert und nicht nur Rossi durch grenzenlosen Mut, grandiose Fahrkunst und einem nur zaghaft ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb zermürbt.

Nächstes Jahr wird Rossi seine Abschieds-Tournee bestreiten. Melancholie und Wehmut werden ihn von einem Schauplatz zum nächsten begleiten.

«Es ist wie ein Tod. Als Sportler stirbst du zweimal», hat der britisch-kanadische Basketball-Star Steve Nash bei seinem Rücktritt gesagt.

Agostinn und Schwantz weinten

Ich erinnere ich an den 750-ccm-WM-Lauf in Salzburg im August 1977, als mit Giacomo Agostini bei meinem Interview unter vier Augen mit Tränen in den Rücktritt ankündigte. Auch Kevin Schwantz konnte bei seinem Rücktritt die Tränen nicht zurückhalten. Und viele andere. Manche Asse verschwanden einfach wortlos durch die Hintertüre.

Ich erinnere mich, wie ich vor ca. 26 Jahren um diese Zeit hörte, dass Valentino Rossi in Misano die 125-ccm-Werks-Honda von Ezio Gianola aus dem Gresini-Team probieren durfte. Ich dachte mir: Naja, das geht nur dank der Beziehungen von Papa Graziano, dem dreifachen 250-ccm-GP-Sieger.

Damals konnte kaum jemand abschätzen, ob Valentino begabt sei.

Doch mit 15 Jahren bekam Vale bereits einen Werksvertrag bei Aprilia für drei Jahre, 1995 bestritt er die EM 125 ccm, die damals im Rahmen der europäischen Grand Prix ausgetragen wurde. Der heutige LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello gewann sie vor Rossi.

Beim ersten Europa-GP in Le Mans unternahm ich damals einen 2-km-Fußmarsch ins EM-Fahrerlager, um den unterhaltsamen Graziano zu besuchen und Valentino guten Tag zu sagen.

Keiner ahnte, welche Karriere sich da anbahnte. 400 Grand Prix hat VR46 absolviert, 115 davon gewonnen,

Unvergessliche Heldentaten sind uns in Erinnerung, zum Beispiel an Phillip Island, als er zehn Strafsekunden wegen Missachtung der gelben Flagge bekam – und trotzdem siegte.

Valentino gab sich verschiedene Spitznamen, Valentinik, Rossifumi, dann «The Doctor». Selbst mit 40 Jahren hat er noch vorne «WLF» am Reißverschluss des Leders stehen, «Viva la Figa», auf Deutsch: «Lange lebe das weibliche Geschlechtsorgan».

Und am Kragen darf der Hinweise auf seine Jugendbande nicht fehlen: «Tribu Dei Chihuahua».

Als ihn der spätere Piaggio-Group-Rennchef und MotoGP-Teambesitzer Giampiero Sacchi in Tavullia besuchte, um ihm mit 16 Jahren einen Manager-Vertrag aufzuschwatzen, entgegnete Rossi mit einem Blick auf das Auto von Sacchi: «Solange du einen Max-Biaggi-Kleber da drauf hast, ist an ein Verhandeln nicht zu denken.»

Zuletzt hat Rossi bei den Grand Prix viermal hintereinander keinen Top-Ten-Platz geschafft. Das ist ihm, seit der Ducati-Zeit 2012 nie mehr passiert.

Er hat die neuen Teile (Karbonschwinge, Auspuffanlage, Kotflügel) in Japan wieder abbauen lassen. Aber an den Resultaten hat sich nichts geändert.

Ein Problem: Yamaha muss das Motorrad auch nach den Wünschen von Viñales gestalten. Ducati baut es für Dovizioso, Honda schneidert es für Márquez zurecht.

In seiner Blütezeit hat der allmächtige Rossi 2008 bei Yamaha sogar durchgesetzt, dass der aufstrebende Rookie Lorenzo nicht jene Bridgestone-Reifen bekam, mit denen Casey Stoner 2007 auf der Ducati 800 die WM gewann. Sie blieben im Yamaha-Werksteam dem Superstar vorbehalten. Lorenzo musste sich mit Michelin abmühen. die damals aus der Zeit gefallen waren.

Solche egoistischen Tricks werden Rossi heute nicht mehr zugestanden.

Jetzt wechselt er wie nach 2014 den Crew-Chief. David Munoz statt Silvano Galbusera.

Wenn Galbusera nicht mehr Herr der Lage ist, hätte man ihn vielleicht schon bei den letzten fünf Rennen auswechseln sollen.

Munoz ist ja ein Angestellter von Rossi – er ist Crew-Chief von Bulega im Moto2-Sky VR46-Team.

Man hätte ihn mühelos ins Yamaha-Werksteam dirigieren können.

MotoGP-WM-Stand nach 17 von 19 Rennen:

1. Marc Márquez 375 (Weltmeister). 2. Dovizioso 240. 3. Rins 183. 4. Viñales 176. 5. Petrucci 169. 6. Quartararo 163. 7. Rossi 153. 8. Miller 141. 9. Crutchlow 1333. 10. Morbidelli 105. 11. Pol Espargaró 89. 12. Mir 77. 13. Nakagami 74. 14. Aleix Espargaró 53. 15. Bagnaia 50. 16. Iannone 43. 17. Oliveira 33. 18. Zarco 30. 19. Lorenzo 23. 20. Rabat 18. 21. Bradl 16. 22. Pirro 9. 23. Syahrin 8. 24. Guintoli 7. 25. Abraham 7. 26. Kallio 2.

Konstrukteurs-WM nach 17 von 19 Rennen

1. Honda 381. 2. Ducati 286. 3. Yamaha 276. 4. Suzuki 212. 5. KTM 100. 6. Aprilia 78.

Team-WM nach 17 von 19 Rennen

1. Ducati Team 409. 2. Repsol Honda Team 408. 3. Monster Energy Yamaha 329. 4. Petronas Yamaha SRT 268. 5. Team Suzuki Ecstar 264. 6. LCR Honda 210. 7. Pramac Racing 191. 8. Red Bull KTM Factory Racing 118. 9. Aprilia Racing Team Gresini 96. 10. Red Bull KTM Tech3 41. 11. Reale Avintia Racing 25.

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