Alex Rins: Das Gefühl, Rossi und Márquez zu schlagen
Alex Rins besiegte Marc Márquez in Silverstone um 0,013 sec
Alex Rins erfüllte sich in Austin 2019 seinen Kindheitstraum, als er zum ersten Mal in seiner Karriere ein MotoGP-Rennen gewann. Im Ziel lag er 0,462 Sekunden vor dem neunfachen Weltmeister Valentino Rossi. Noch knapper war es in Silverstone, als der Suzuki-Werksfahrer um gerade einmal 0,013 Sekunden die Oberhand behielt – gegen keinen Geringeren als Weltmeister Marc Márquez.
Seine dritte MotoGP-Saison beendete der Spanier, der am 8. Dezember seinen 24. Geburtstag feiern wird, schließlich auf dem vierten WM-Rang. Im Interview blickt Rins auf die Saison 2019 zurück und auf die kommenden Aufgaben voraus.
Alex, wenn du die Saison 2019 Revue passieren lässt, was waren die positiven und die negativen Punkte?
Das Positivste waren die Siege! Auch das Podium in Jerez und die ganze Erfahrung, die wir die Saison über gesammelt haben. Wenn wir von den schlechten Dingen sprechen, dann sind das die Stürze und die Fehler. Auch wenn sie auf eine merkwürdige Weise doch etwas Positives mit sich bringen, weil wir am Ende daraus lernen und wachsen können.
Mit zwei Saisonsiegen warst du lange im Kampf um den dritten WM-Rang dabei. Entsprach das deinen Erwartungen zum Beginn der Saison?
Ich habe mir nach einer starken Saison 2018 erwartet, gute Ergebnisse und meinen ersten Sieg einzufahren. Am Ende hat es für zwei wichtige Siege gereicht: Der Sieg in Austin war mein erster überhaupt in der Königsklasse. Und der eine in Silverstone war vor Marc Márquez, in der letzten Kurve, was wirklich unglaublich war.
Sicher haben wir viel gelernt, wir wachsen als Team und haben unser Motorrad Schritt für Schritt verbessert. Trotz der Stürze haben wir eine sehr schöne Saison gezeigt.
Lass uns auf diesen ersten MotoGP-Sieg in Austin zurückblicken. Wie gut erinnerst du dich daran?
Es war großartig. Ich erinnere mich, dass ich Valentino vier Runden vor Schluss überholt habe. Ich habe bis ans Limit gepusht, damit er nicht die Chance bekommen würde, mich wieder zu überholen. In der letzten Runde habe ich es geschafft, konzentriert zu bleiben. Ich war ein kleines bisschen nervös und als ich die Ziellinie überquert habe und mein Team an der Boxenmauer gesehen habe, war es wie eine Explosion der Emotionen. Es war eine einzigartige Erfahrung und ein unvergesslicher Moment.
Kannst du diese Emotionen beschreiben?
Das ist sehr schwierig zu erklären, weil es ein Mix von einer Vielzahl an Emotionen ist – nicht nur auf der Strecke, auf danach mit dem ganzen Team in der Box. Es hört sich wie ein Klischee an, aber es war wirklich wie ein wahr gewordener Traum! Etwas, was ich mir zum Ziel gesetzt habe, als ich noch ein kleiner Junge war. Es war wirklich speziell und sehr schwierig, in Worte zu fassen.
Wie haben sich die Stürze in Assen und auf dem Sachsenring ausgewirkt?
Es war ein bisschen schwer zu verdauen, als ich in Deutschland nach dem Assen-Crash wieder gestürzt bin. Ich dachte mir: «Nicht schon wieder!» Aber dank meiner Crew und dem ganzen Suzuki-Team war ich in der Lage, mit der Situation gut umzugehen. Wir haben uns auf die Zukunft konzentriert, ohne uns Sorgen zu machen.
In der zweiten Saisonhälfte kam dann der zweite Sieg, diesmal gegen Marc Márquez.
Es war unglaublich! Mit Marc zu kämpfen ist immer sehr schwierig. Ich erinnere mich sehr gut an dieses Rennen; die ganzen Runden hinter ihm, in denen ich seine Stärken und Schwächen studiert habe und versucht habe zu verstehen, wo ich die beste Möglichkeit hatte, ihn zu überholen. Am Ende habe ich ihn in der letzten Kurve geschlagen – um wenige Zentimeter und Tausendstelsekunden!
Es ist schwierig zu beschreiben, was ich in diesem Moment gefühlt habe. Es war mehr als Freude, ich würde sagen «Ekstase».
Hast du das Gefühl, dass du 2019 irgendetwas verpasst hast?
Ehrlich gesagt, nein. Sicher hätte ich gerne noch einige Rennen mehr gewonnen, aber es lief nicht so und ich lasse die Dinge lieber ihren Lauf nehmen. Wir werden im nächsten Jahr eine neue Chance haben.
Wie würdest du deine Saison von 0 bis 10 bewerten?
Ich würde sagen 8,5. Denn ich bin dreimal gestürzt und konnte keine perfekte Saison zeigen.
Woran müssen Suzuki und du für 2020 arbeiten?
Suzuki hat schon am neuen Motor für 2020 gearbeitet und wir haben einen Unterschied festgestellt. Wir versuchen noch, die Traktion und den Speed zu verbessern.
Der erste Eindruck des Motors war sehr gut. Ich erinnere mich noch, dass ich 2018 etwas enttäuscht war, als wir den neuen Motor bekommen haben, weil er nicht gut funktioniert hat. Aber in diesem Jahr habe ich auf Anhieb gespürt, dass die Performance gut war. Wir haben den Motor in Valencia zum ersten Mal ausprobiert und in Jerez bestätigt, um sicherzugehen, dass alles gut funktioniert und er wirklich besser ist. Ich fühle etwas mehr Power und eine verbesserte Leistungsentfaltung, das ist sehr wichtig.
Ich persönlich will in den Rennen konstanter sein und weniger stürzen.
In dieser Saison hast du Podestplätze und Siege geschafft, ist 2020 die Zeit gekommen, um an den WM-Titel zu denken?
Sicher werden wir versuchen, mehr Rennen zu gewinnen und so oft wie möglich auf dem Podium zu stehen. Dann werden wir sehen, wie es läuft.
Und wie bewertest du das Rookie-Jahr deines Teamkollegen Joan Mir? Was dürfen wir uns von ihm im nächsten Jahr erwarten?
Joan ist ein sehr talentierter Fahrer! Wir werden sehen, ob er im nächsten Jahr konkurrenzfähiger ist, was für mich eine Hilfe wäre, wenn es darum geht, das Bike zu verbessern. Er sammelt immer noch Erfahrung, aber ich glaube, dass das nächste Jahr für ihn besser sein wird.