Saudi-Arabien: Warum kein MotoGP-Event geplant ist
Das Qiddiya-Projekt soll Las Vegas in den Schatten stellen
Der spanische Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta erwähnte im Herbst, dass für die Austragung der MotoGP-Weltmeisterschaft ca. 20 Anfragen vorliegen, deshalb könnte es für umstrittene Events wie den GP von Tschechien in Brünn, wo jedes Jahr finanzielle Probleme des Veranstalters offenkundig werden, irgendwann eng werden. Außerdem könnte bei den vier Grand Prix in Spanien (Jerez, Catalunya, Aragón und Valencia) eines Tages ein Rotationsprinzip eingeführt werden. Dann würde abwechselnd gefahren, wie in Deutschland einst inzwischen Hockenheim (meist in den ungeraden Jahren) und auf dem Nürburgring.
Die Dorna plant mittelfristig zusätzliche Grand Prix in Rio, Ungarn, Lombok/Indonesien, in Australien könnte die neue Rennstrecke «The Bend Motorsport Park» ein Thema werden. 2020 wird der Kymi-Ring neu auf den Kalender kommen, wenn die Infrastruktur-Bauten für die Homologation rechtzeitig abgewickelt werden.
Jetzt entsteht in Saudi-Arabien für 2023 eine neue Formel-1-Rennstrecke mit der Bezeichnung «Al Qiddiyah». Die genauen Pläne sind in dieser Woche in Zusammenhang mit dem Finale der Dakar-Rallye in der Nähe von Riad verlautbart worden. Die Formel-1-Fahrer Hülkenberg, Coulthard, Hill, Grosjean und Wurz schauten sich die Pläne an, dazu erschien auch der dreifache Motorrad-Weltmeister Loris Capirossi, der heute als Berater bei MotoGP-WM-Promoter Dorna tätig ist und zu den Wünschen der Motorradfahrer befragt wurde.
Das «Al Qidiiyah Entertainment Megaproject» wird von Abdulaziz bin Salman bin Abdulaziz Al Saud vorangetrieben und soll Las Vegas eines Tages übertrumpfen. Die Bauarbeiten sind am Jahresbeginn 2019 gestartet worden. Es ist eines der gewaltigen Tourismus-Projekte im Land und Bestandteil der «Saudi Vision 2013», die das Königsreich vom Erdöl unabhängig machen sollen.
Al-Qidiyah setzt sich aus insgesamt fünf Projekten zusammen. CEO ist Michael «Mike » Reininger. Die Phase 1 wird 2023 eröffnet. Das «Six Flags Qiddiyah» wird dann eine Familienattraktion darstellen. Bis dahin soll in der Wüste «Qiddiyah City» aus dem Boden gestampft werden, ca. 40 km von der Hauptstadt Riad entfernt. Das Publikum soll mit feudalen Erholungszentren, Vergnügungsparks, modernen Sportzentren, üppigen Fahrradwegen, Wasserparks, einmaligen Kulturstätten und prächtige Naturlandschaften angelockt werden.
Der 59-jährige Kronprinz Abdulaziz bin Salman ist Motorsport-begeistert. Er hat sogar schon die Kinigadner Fullgas-Tage im Zillertal besucht und machte sich deshalb auch für die Formel-1-Rennstrecke stark. Er ist der vierte Sohn von König Salam bin Abdulaziz, gilt inzwischen als Nummer 3 in Saudi-Arabien und amtiert seit 8. September 2019 als einflussreicher Energie-Minister. Erstmals hat dieses Amt ein Mitglied der Königsfamilie inne
Die Saudis zeigen auch Interesse an einem MotoGP-Event. Aber die Dorna hat mit dem katarischen Verband QMMF einen Exklusiv-Vertrag für den Mittleren Osten abgeschlossen.
Seit der Katar-Krise 2017 liegen etliche Länder in der Goldregion mit dem reichen Emirat Katar im Streit, weil man ihm vorwirft, terroristische Gruppen in der Region zu unterstützen. Saudi-Arabien und seine Verbündeten Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) unterhalten seit 5. Juni 2017 keine diplomatischen Beziehungen mehr zu Katar. Es existiert ein wirtschaftlicher Boykott, die Landesgrenzen wurden geschlossen. Der Doha International Airport wird seit dreieinhalb Jahren von den Airlines dieser Staaten nicht mehr angeflogen. Qatar Airways bekam seither keine Überflugrechte und keine Landerechte mehr bei den streitlustigen Nachbarn.
Wegen des QMMF-Exklusiv-Vertrags bekamen die Betreiber des feudalen Yas-Marina-Circuits in Abu Dhabi vor zehn Jahren keinen MotoGP-Event zugesprochen. MotoGP-Safety-Officer Franco Uncini und Loris Capirossi hatten die F1-Piste damals am Tag nach dem Katar-GP besichtigt – und umfangreiche Umbauten zur Sicherheit der Motorradfahrer gefordert.
Die Formel 1 wird sich den Saudi-Arabien-GP sündteuer bezahlen lassen. Für die Dakar-Rallye bezahlt das Königreich 80 Millionen Euro in fünf Jahren…
Aus England ist zu hören, die Saudis werden mit Formel-1-Promoter Liberty Media einen millionenschweren Sponsorship-Vertrag für den heimischen Erdölkonzern Aramco unterzeichnen.
Der einst staatliche saudi-arabische Erdölkonzern Aramco ging am 11. Dezember 2019 an die Börse. Das Initial Public Offering (IPO) gestaltete sich wie erwartet als bisher größter Börsengang der Wirtschaftsgeschichte. Die Bewertung des Konzerns betrug mit dem Kurs vom Börsenstart 1,88 Bio. $. Das gesamte Aktienpaket hat unfassbare 28,2 Mrd. $ eingebracht.
Dorna-Chef Ezpeleta sagt übrigens, er bevorzuge Rennstrecken, die nicht gleichzeitig Formel-1-GP-Schauplatz sind. Aber es gibt vier Ausnahmen: Austin, Catalunya, Spielberg und Silverstone.