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Dall’Igna: «Rennen ohne Publikum sind kleineres Übel»

Von Nora Lantschner
Gigi Dall'Igna: Die «Mission Winnow» von Ducati muss warten

Gigi Dall'Igna: Die «Mission Winnow» von Ducati muss warten

Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna gehört zu den 60 Millionen Italienern, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie kaum noch aus dem Haus dürfen. Wie er die aktuelle Situation in der MotoGP-WM einschätzt.

Kein Land in Europa ist so stark vom Coronavirus betroffen wie Italien: 24.747 Fälle sind bisher bekannt, die Krankenhäuser sind vor allem in Norditalien überlastet, 1809 Todesopfer sind zu beklagen (Stand 15. März, 18 Uhr). Die italienische Regierung war daher gezwungen, das gesamte Staatsgebiet am vergangenen Montag zur «geschützten Zone» zu erklären. Damit ist das öffentliche Leben im Stiefelstaat lahmgelegt. Nur wer einen triftigen Grund vorzuweisen hat, darf seine Heimatgemeinde noch verlassen; alle Lokale sowie Geschäfte, die keine lebensnotwendigen Güter verkaufen, mussten zusperren.

Laut dem jüngsten Regierungsdekret dürften die Fabriken unter Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen aber weiterarbeiten. Trotzdem schloss am Freitag das Werk von Ducati in Bologna zumindest vorläufig. Die Produktionslinien müssen neu organisiert werden, um den Mindestabstand von einem Meter zu garantieren. Sobald alle notwendigen Maßnahmen umgesetzt sind, sollen die Arbeiter in Schichten abwechselnd wieder im Einsatz ein. Ein Großteil jener Mitarbeiter, die üblicherweise in den Büros in Borgo Panigale sitzen, stellte ohnehin auf Telearbeit um.

Auch Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna bleibt in dieser schwierigen Zeit bei seiner Familie. Er ist in der besonders stark betroffenen Region Venetien zu Hause, genauer gesagt in Schio in der Provinz Vicenza. «Ich arbeite zu Hause, soweit es möglich ist», erzählte er den italienischen Kollegen von «Sky Sport». «Wir versuchen, einige Dinge in Ordnung zu bringen, die beim letzten Test nicht so gut funktioniert hatten, auch wenn ein Großteil der Techniker nicht arbeitet. Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die vor dem ersten Rennen festgelegt werden müssen: Ich spreche von der Aerodynamik, an der wir noch etwas machen können, und wenigen anderen Dingen.»

Wie alle Beteiligten hofft auch Dall’Igna, dass die MotoGP-Saison 2020 schnellstmöglich beginnen kann – notfalls auch ohne Publikum, wie auch Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta schon durchklingen ließ. Aktuell steht der Spanien-GP in Jerez am 3. Mai als erstes Rennen für die Königsklasse im Kalender. «In diesen Fällen muss man sich mit dem kleineren Übel anfreunden, meiner Meinung nach sind das die Rennen hinter verschlossenen Toren», so der Italiener. «Die Motorrad-Fans könnten die Grand Prix von zu Hause aus verfolgen. Es wird nicht dasselbe sein und es wird einen merkwürdigen und erzwungenen Beigeschmack hinterlassen, wir befinden uns aber in einer Notlage, also muss man dementsprechend agieren: Da sollten uns auch Rennen ohne Publikum recht sein.»

Wie viele Rennen möglich sein werden, ist angesichts der unübersichtlichen Lage nur schwer abzuschätzen. «Die Situation wird jeden Tag schlimmer. Es wäre dumm, heute zu planen, wenn man morgen gezwungen sein könnte, wieder alles zu verändern. Ich bin aber zuversichtlich, dass die 13 Rennen, die vorgeschrieben sind, um von einer ‚Weltmeisterschaft‘ sprechen zu können, durchgeführt werden können», hofft Dall’Igna.

Dass der Saisonauftakt in Doha/Katar gestrichen wurde, schmerzte den Ducati-Rennchef. Immerhin bescherte Andrea Dovizioso dem italienischen Rennstall 2018 und 2019 unter Flutlicht jeweils einen Sieg. «Vor allem nach den letzten Testfahrten in Katar war ich zuversichtlich. Dovizioso war in der Rennsimulation auf gebrauchten Reifen, gemeinsam mit Petrucci, sehr gut unterwegs. Gegen Ende wurden die Zeiten einen Tick langsamer, aber ich bin überzeugt davon, dass Andrea gut abschneiden hätte können, wie er es in den vergangenen zwei Jahren gemacht hat. Ich habe auch festgestellt, dass Danilo sich im Vergleich zu Sepang stark verbessert hatte. Ich wäre das Rennen in Katar also gerne gefahren», gab Dall’Igna schmunzelnd zu.

Dazu kommt, dass nun beispielweise Titelverteidiger Marc Márquez ausreichend Zeit hat, um nach der Schulter-OP vom 27. November wieder zu seiner Topform zurückzufinden. «Ich glaube schon, dass Márquez davon profitiert, weil er der war, der körperlich am meisten aufholen musste. Mit diesen zwei zusätzlichen Monaten für die Vorbereitung wird er bereit sein», so der General Manager von Ducati Corse. «Die Zwangspause gibt auch einigen Herstellern, die in Sachen Performance und Zuverlässigkeit Probleme hatten, Zeit, um einzugreifen. Ich spreche da sicher von Honda, aber auch von Aprilia, die ihr Motorrad wohl ziemlich verbessert haben, aber einige Probleme in puncto Zuverlässigkeit hatten und das jetzt gutmachen können.»

Gilt der Stopp im Moment auch für den Fahrermarkt? «Absolut… Zumindest bei uns», gab Dall’Igna abschließend kurz und knapp zu Protokoll.

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