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MotoGP-WM: Spannung auf den falschen Schauplätzen

Von Günther Wiesinger
Circuito de Jerez: Kann im Mai dort gefahren werden?

Circuito de Jerez: Kann im Mai dort gefahren werden?

Aus wie vielen Rennen muss eine namhafte Weltmeisterschaft mindestens bestehen? Das ist nicht die einzige brennende Frage, die die Motorsportwelt beschäftigt.

In der MotoGP-WM musste der erste Event der Saison in Katar der Covid-19-Krise geopfert werden. Buri Ram in Thailand, der US Grand Prix auf dem Circuit of the Americas in Austin/Texas und der Grand Prix auf dem Autódromo Termas de Rio Hondo in Argentinien sind verschoben worden. Der Europa-Auftakt am 3. Mai auf dem «Circuito de Jerez Ángel Nieto» steht auf wackligen Füssen, denn in Spanien wurden gestern 1188 neue Covid-19-Fälle gemeldet.

Alle MotoGP-Funktionäre, Teambesitzer, Teammanager, Sponsoren, Fahrer und Fans sind sich einig: Niemand kann vorhersagen, wie die Situation in ein oder zwei Monaten aussehen wird.

In Europa wurde der Gipfel der Krankheitsfälle noch nicht erreicht.
Jetzt warten alle Beteiligten auf Neuigkeiten. Websites mit der Anuhal der aktuellen globalen Infektionsfälle werden so aufmerksam verfolgt wie sonst um diese Jahreszeit die Livestreams von den Motorsport-Events oder TV-Live-Übertragungen.

Die stark geprüften Manager der Werksteams und Privatteams aus der MotoGP-Szene stellen sich die Frage: Wann geht es weiter? Wie viele Rennen werden zustande kommen? Wie viele Grand Prix brauchen wir für die Vergabe von Weltmeistertiteln in der Moto3, Moto2 und MotoGP? In allen anderen Rennserien stellen sich dieselben Fragen.

Klar, im Vertrag zwischen Dorna Sports und FIM ist eine Mindestanzahl von 13 Grand Prix festgelegt. Aber diese Vereinbarung hat nichts mit der Frage zu tun, nach wie vielen Rennen ein WM-Titel vergeben werden kann.

Das werden FIM und Dorna unter sich ausmachen.

Im Falle von «Höherer Gewalt» ist jeder Beschluss denkbar.

Nur als Beispiel: Der FIM genügen in der Cross-Country-Rallye-WM fünf Veranstaltungen pro Jahr für den Status einer Weltmeisterschaft. Die «Abu Dhabi Desert Challenge» vom 20. März wurde abgesagt, jetzt sind noch vier Wettbewerbe übrig.

«Wir müssen jetzt Geduld haben. Sobald sich ein sinnvoller Zeitpunkt für den Start der Motorrad-GP-Saison abzeichnet, werden wir gemeinsam mit WM-Promoter Dorna, mit den Rennveranstaltern auf der ganzen Welt und der FIM eine vernünftige Lösung finden», ist Pit Beirer überzeugt, der Motorsport-Direktor von KTM, dessen Marke in allen Serien engagiert ist und schon 307 Weltmeistertitel gewonnen hat.

«Momentan sind alle Spekulationen über einen neuen Kalender sinnlos», ergänzte der ehemalige Motocross-Vizeweltmeister.

Die Rennabteilung von Ducati Corse in Borgo Panigale liegt im Epizentrum der Covid-19-Krise in Italien. Sportdirektor Paolo Ciabatti hat nach dem MotoGP-Test in Doha (22.2. bis 24.2.) den Superbike-WM-Auftakt auf Phillip Island am 1. März miterlebt und dann den rasanten Anstieg der Infektionen in Italien (gestern total 17.660 Personen) zur Kenntnis nehmen müssen.

«Im Moment ist es unmöglich, eine verlässliche Vorhersage zum Start der GP-Saison zu machen», räumte Ciabatti gegenüber SPEEDWEEK.com ein.

Mit Sorge beobachtet der Italiener die Verbreitung von SARS-CoV2 im Rest von Europa. «Ich habe damit gerechnet, dass sich der Virus von Italien aus überall hin ausbreitet», sagt der Ducati-Rennmanager.

Momentan überlegen alle Teamverantwortlichen, wie sich Kosten sparen lassen, wenn die Einnahmen wegen der geringeren Anzahl Rennen wegbrechen. Zumal niemand sagen kann, ob im Mai, Juni oder Juli wirklich gefahren werden kann oder ob die Bewegungsfreiheit dann immer noch eingeschränkt sein wird.

«Ich hoffe, wir können diesen Sturm in den nächsten Wochen hinter uns bringen», sagt Pit Beirer stellvertretend für seine Kollegen. «Wenn alles gut läuft und wir eine Saison mit mehr als zehn Rennen retten können, hätten wir in allen Disziplinen würdige Weltmeister.»

Auch Hervé Poncharal, seit mehr als 20 Jahren als Red Bull-KTM-Tech3-Teambesitzer im Geschäft, hat so eine unberechenbare Krise noch nie erlebt. Die ganze Welt befindet sich im Notstand. «Wir stehen alle zusammen, FIM, Dorna, die Teamvereinigung IRTA und das Hersteller-Bündnis MSMA», erklärte der Franzose heute gegenüber SPEEDWEEK.com.

Frankreich ist stark betroffen. Gestern wurden 3661 infizierte Personen gemeldet, nur sechs Länder weltweit haben mehr SARS-CoV2-Patienten.

Poncharal, seit fast 20 Jahren auch IRTA-Präsident: «Wir warten ab, beobachten und passen uns an die Begebenheiten an. Es ist zu früh, um eine Prognose für den weiteren Kalender abzugeben. Wir stehen erst am Beginn der Krise.»

Aber denken wir positiv. Bisher existieren weltweit 146.008 bestätigte Coronavirus-Fälle, aber 72.556 erkrankte Personen sind bereits wieder genesen. 

In den nächsten vier Wochen muss nach Berechnungen der Experten mit weiter steigenden Zahlen gerechnet werden. Dann sollte die Pandamie abflauen.

Die Motorsportsaison verläuft bisher unberechhenbar und abwechslungsreich. Aber leider auf den falschen Schauplätzen.

Der aktuelle Motorrad-GP-Kalender 2020

08. März: Doha/Q (ohne MotoGP
03. Mai Jerez/E
17. Mai: Le Mans/F
31. Mai: Mugello/I
07. Juni: Barcelona/E
21. Juni: Sachsenring/D
28. Juni Assen/NL
12. Juli: KymiRing/SF
09. August: Brünn/CZ
16. August: Red Bull Ring/A
30. August: Silverstone/GB
13. September: Misano/I
27. September: Aragón/E
04. Oktober: Buriram/TH
18. Oktober: Motegi/J
25. Oktober: Phillip Island/AUS
01. November: Sepang/MAL
15. November: Texas/USA
22. November: Las Termas
29. November: Valencia/E

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