MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

Die Quartergate-Affäre: Was Fabio macht, interessiert

Kolumne von Michael Scott
Der private Testtag von Fabio Quartararo auf der R1 wurde umfangreich dokumentiert

Der private Testtag von Fabio Quartararo auf der R1 wurde umfangreich dokumentiert

Beim MotoGP-Auftakt in Jerez werden Fahrer zur Anhörung zitiert, weil sie beim Rennstreckentraining gegen das Regelwerk verstoßen haben sollen – darunter wohl auch Yamaha-Jungstar Fabio Quartararo.

Man nennt es die Quartergate-Affäre. Oder vielleicht Fabiogate. Unter welchem Namen auch immer, die wortkarge Ankündigung von offizieller Seite, dass beim WM-Neustart in Jerez Anhörungen anberaumt wurden, brachte jede Menge Schuldzuweisungen mit sich: Möglicherweise gab es Regelverstöße im Training, während ein paar Fahrer in dieser außergewöhnlichen Zeit versuchten, trotz allem fit zu bleiben.

Obwohl offiziell weder Namen noch die Klasse der betroffenen Fahrer genannt wurden, wurden «unbestätigten Meldungen zufolge» (was für eine schöne Phrase, nicht wahr?) der spanische Moto3-Pilot Sergio Garcia und Yamahas zukünftiger MotoGP-Werksfahrer Fabio Quartararo ins Visier genommen.

Keiner kümmert sich groß um den Ersten: Von den Moto3-Kids erwartet man fast schon, dass sie ungestüm sind und ständig in Schwierigkeiten kommen – und mit seinen 17 Jahren bleibt ihm auch noch jede Menge Zeit, um zu lernen.

Im Falle des französischen Shootingstars ist es aber anders. Nicht umsonst wird er in diesem Jahr (oder im nächsten?) als der größte Herausforderer von MotoGP-Dominator Marc Márquez gehandelt. Sollte er also Probleme bekommen, dann ist das sehr wohl von Bedeutung. Was Quartararo macht, interessiert.

Laut diesen unbestätigten Meldungen war die Tatsache, dass Quartararo im Juni privat auf einer Yamaha R1 auf dem Circuit Paul Ricard testete, an sich zwar kein Regelbruch. Denn das ist erlaubt und aus dem Test wurde auch kein Geheimnis gemacht. Das Problem: Das Motorrad war eine veredelte R1 von Tech Solutions – inklusive Superbike-Elektronik, wie sie in der französischen Meisterschaft erlaubt ist.

Ein relativ kleiner Verstoß, möchte man meinen, angesichts des geringen, wenn auch wichtigen Unterschieds zwischen einem Serienmotorrad und einer Superbike-Maschine – und vor allem der abgrundtiefen Kluft zwischen den beiden und einem echten MotoGP-Prototyp. Trotzdem ist es von Bedeutung.

Zum Ersten bleibt die Frage zur wahren Performance und der Möglichkeiten dieser Elektronik im Vergleich zum MotoGP-Bike. Das könnte nämlich als unfairer Vorteil beim Testen ausgelegt werden. Ist man wirklich so kleinlich?

Dann geht es um die mögliche Konsequenz. Man denke nur an die Durchfahrtstrafe für Cal Crutchlow beim Argentinien-GP 2019 nach einem kaum erkennbaren Frühstart – wer weiß, wie streng die FIM Stewards mit Fabio sein werden? Sie haben einen Freifahrtschein.

Gut informierte Beobachter gehen davon aus, dass er mit einer milden Strafe davonkommen wird. Schließlich wurde vom Test nichts unter Verschluss gehalten, Quartararo und Tech Solutions ließen auf den Social-Media-Kanälen alle daran teilhaben. Vorsatz kann ihnen also kaum unterstellt werden. Trotzdem: Bis das Urteil nicht verkündet worden ist, weiß keiner ganz genau, was passiert.

Zudem steht im Raum, ob andere Fahrer vielleicht ebenso gegen das Reglement, das Corona-bedingt kurzfristig angepasst wurde, verstoßen haben. Schließlich kam das Testverbot für die kleinen Klassen Ende Mai ganz abrupt, der Rest der noch nicht beanspruchten sieben privaten Testtage für die Moto2- und Moto3-Teams verfällt.

Takaaki Nakagami trainierte und testete auf dem Twin Ring in Motegi auf einer Honda CBR1000RR-R Fireblade und berichtete auf den sozialen Netzwerken von der Erfahrung. Damit kommt er gefährlich nahe an die Falle, in die Quartararo getappt sein soll. Und die anderen? Valentino Rossi und seine gesamte VR46 Riders Academy waren in Misano unterwegs – entsprachen ihre R1 strikt dem Regelwerk?

Das ganze Quartergate erweckt den Anschein, als würde man die Büchse der Pandora öffnen.

Was sollten die Fahrer sonst auch tun? Auf dem Sofa sitzen und ihre Runden an der PlayStation abspulen? Mit oder ohne Fans, die ihnen dabei zuschauen.

Vier Monate, ohne bei Rennspeed im Sattel zu sitzen, sind für alle ein herber Rückschlag. Es ist drastisch und zumindest diskutabel, den Fahrern die Möglichkeit zu verweigern, wieder in den Renntrimm zu kommen, bevor es in Jerez in einer Woche wieder ernst wird.

Bei aller Fairness, es sollte ausreichen, Fabio einmal auf die Finger zu klopfen. In jedem Fall ergeht es ihm immer noch besser als Andrea Dovizioso, der für seinen Versuch, sich auf dem Motocross-Bike auf den MotoGP-Auftakt einzuschießen, mit einem Schlüsselbeinbruch zahlen musste.

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