Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Stefan Bradl über Impfreaktion, Ducati-Speed & Set-up

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl bekam am Mittwoch die zweite Impfung und fühlte sich gestern matt. Der Honda-Pilot wundert sich über den Raketenstart von Jorge Martin und erklärt den Plan fürs zweite GP-Wochenende.

Stefan Bradl kann bisher nicht abschätzen, ob er den sechsfachen MotoGP-Weltmeister Marc Márquez im Repsol-Team auch in Portimão am 18. April ersetzen darf. Auf jeden Fall wird er in Jerez (2. Mai) mit einer Wildcard im HRC Test Team antreten.

Zuerst will der 31-jährige Bayer aber noch alles unternehmen, um die Quali-Performance am zweiten Losail-GP-Wochenende zu verbessern. Denn sein Rennspeed kann sich sehen lassen, doch vom 17. Startplatz aus war am vergangenen Sonntag kein Top-Ten-Ergebnis möglich. Das Team um Marc-Márquez-Crew-Chief Santi Hernandez hat noch einige Ideen, wie man über eine einzelne Runde («time attack») mehr Grip aus einem neuen weichen Hinterreifen herausquetschen kann.

«Wir müssen vielleicht die Balance etwas verändern und etwas mehr Gewicht nach hinten verlagern», überlegt Bradl. «Aber zu viel darf man da nicht machen, weil die Honda am Vorderrad recht empfindlich ist. Zu viel dürfen wir nichts verändern, denn vorne bauchen wir Honda-Fahrer extrem viel Gefühl und Feedback. Aber gleichzeitig brauchen wir hinten mehr Traktion, also Gewicht. Man kann da so viel rumspielen: Set-up, Schwingenlänge, Pivot, Schwingendrehpunkt, und so weiter. Es gibt so viele Möglichkeiten, da habe ich die Elektronik noch gar nicht erwähnt. Das Spektrum ist weit.»

Bei den Tests und am ersten GP-Wochenende gab es Kritik für Michelin, weil die Hard- und Medium-Compounds kaum für etwas taugten. Im Rennen fuhren alle Teilnehmen hinten und vorne mit den Soft-Reifen, die sonst eigentlich mehr für das Quali taugen sollten.

«Der letztjährige Medium ist jetzt die Soft-Mischung», wunderte sich ein Fahrer.

«An der Reifenwahl Soft-Soft wird sich auch beim zweiten Rennen nichts ändern, so wie ich das einschätze», erklärte Stefan Bradl. «Die Temperaturen steigen am Freitag am Nachmittag bis 36 Grad. Für Samstag sind 34 und für Sonntag 30 Grad angesagt. Dass im Rennen die weichen Mischungen eingesetzt werden, ist der Tatsache geschuldet, dass wir um 20 Uhr Ortszeit starten und es dann während der 22 Rennrunden immer kühler und kühler wird. Bei den Tests Anfang März hat sich hier gezeigt, dass die Soft-Soft-Wahl die beste Konstellation ist. Dort hatten wir ja genug Zeit, auch die anderen Reifen zu probieren. Die Medium-Mischungen haben bei keinem Hersteller funktioniert.»

Bradl lieferte am Sonntag ein kampfstarkes Rennen ab. Er verbesserte sich in Runde 1 gleich vom 17 auf den 14. Platz und bot dann den Gegnern heftigen Widerstand. Sieganwärter Jack Miller lag im Ziel nur 3 sec vor ihm!

«Die Honda bei so schwierigen Verhältnissen ins Ziel zu bringen, musst du erst einmal schaffen», erklärte Bradl, der 2013 in Katar in Führung liegend nach acht Runden gestürzt ist. «Ich konnte aus eigener Kraft Plätze gutmachen, ich habe einige Fahrer vor mir überholt. Das kann sich absolut sehen lassen. Ich bin damit zufrieden. Ich will es an diesem Wochenende wieder genauso machen. Ich bin Test- und Ersatzfahrer. Ich bin bei Honda nicht derjenige, der um Podestplätze fahren muss. Es ist auch nicht im Sinne des Erfinders, wenn der Testfahrer die Kiste permanent ins Kiesbett wirft und auf die Schnauze fliegt.»

Dazu kam: Im Kampf gegen die fast 360 km/h schnellen Werks-Ducati von Enea Bastianini und Jorge Martin stand Stefan auf den Geraden auf verlorenem Posten.

«Das ist schon teilweise, krass, was die für eine Traktion haben und welchen Punch sie im fünften und sechsten Gang freilegen. Vielleicht hatten sie dann auch noch Spritvorräte für das Finish. Man hat ja gesehen, wie Zarco und Bagnaia in der letzten Runde noch einmal aufgedreht haben. Ja, mei, das ist halt der Ducati-Vorteil. Der ist ja nicht erst seit gestern bekannt», meint der Moto2-Weltmeister von 2011.

Honda verfügt neben dem Holeshot-Device (eine Schnellstartvorrichtung, die die Gabel und das Federbein bis zur ersten Kurve blockiert) jetzt auch über einen Ride Height Adjuster wie Ducati.

Jorge Martin donnerte durch seinen Blitzstart von Startplatz 14 auf Platz 3 in der ersten Kurve. Bradl: «Er hat wahrscheinlich einmal alles perfekt hingebracht. Wenn er das noch einmal macht, hat er irgendwas Spezielles gefunden. Ich bin gespannt, ob ihm das ein zweites Mal gelingt. Wenn seine Reaktionsfähigkeit so viel besser ist, sind wir andern alle Schlaftabletten.»

Bei Honda kann das «start device» unabhängig vom Ride Height Adjuster verwendet werden. Ducati senkt damit das Heck beim Beschleunigen ab, das verringert die Wheelie-Neigung und verbessert die Traktion. «Dieses System ist bei Ducati ganz schön effektiv. Es ist nicht für die Katz», ist Bradl überzeugt.
Bei Honda ist der Ride Height Adjuster offenbar noch nicht so ausgereift, dass er im Rennen zum Einsatz kommt, obwohl er schon seit dem Sommer 2020 immer wieder ausprobiert wurde.

Stefan Bradl bekam am Mittwoch in Doha um 17 Uhr die zweite Biontech-Pfizer-Impfung. «Mir ging es am Donnerstag nicht perfekt gut. Ich habe eine Impfreaktion gespürt. Ich habe in der Früh gemerkt, dass ich deutlich länger gebraucht habe, bis ich auf Touren gekommen bin. Ich habe mich gefühlt, als wäre ich mit einem Vollrausch ins Bett gegangen. Aber die Ärzte sagen ja, es ist positiv, wenn der Impfstoff eine Reaktion bewirkt. Nach dem Frühstück und dem Mittagessen ist es mir schon besser gegangen. Ich fühlte mich auch nicht völlig zerstört. Ich bin halt nicht mit 100 Prozent Leistungsfähigkeit herumgelaufen, sondern am Donnerstag mit 60.»

Am Freitagvormittag gab Bradl Entwarnung. «Ich fühle mich wieder gut», berichtete er gegenüber SPEEDWEEK.com.

Katar-GP, MotoGP-Ergebnis, 28. März:

1. Viñales, Yamaha, 42:28,663 min
2. Zarco, Ducati, + 1,092 sec
3. Bagnaia, Ducati, + 1,129
4. Mir, Suzuki, + 1,222
5. Quartararo, Yamaha, + 3,030
6. Rins, Suzuki, + 3,357
7. Aleix Espargaró, Aprilia, + 5,934
8. Pol Espargaró, Honda, + 5,990
9. Miller, Ducati, + 7,058
10. Bastianini, Ducati, + 9,288
11. Bradl, Honda, + 10,299
12. Rossi, Yamaha, + 10,742
13. Oliveira, KTM, + 11,457
14. Binder, KTM, + 14,100
15. Martin, Ducati, + 16,422
16. Marini, Ducati, + 20,916
17. Lecuona, KTM, + 21,026
18. Morbidelli, Yamaha, + 23,892
19. Savadori, Aprilia, + 46,346

Katar-GP, Q2 MotoGP, 27. März:

1. Bagnaia, Ducati, 1:52,772 min
2. Quartararo, Yamaha, 1:53,038 min, + 0,266 sec
3. Viñales, Yamaha, 1:53,088, + 0,316
4. Rossi, Yamaha, 1:53,114, + 0,342
5. Miller, Ducati, 1:53,215, + 0,443
6. Zarco, Ducati, 1:53,286, + 0,514
7. Morbidelli, Yamaha, 1:53,313, + 0,541
8. Aleix Espargaró, Aprilia, 1:53,315, + 0,543
9. Rins, Suzuki, 1:53,490, + 0,718
10. Mir, Suzuki, 1:53,682, + 0,910
11. Nakagami, Honda, 1:53,721, + 0,949
12. Pol Espargaró, Honda, 1:53,930, + 1,158

Die weitere Startaufstellung:
13. Bastianini, Ducati, 1:53,733 min
14. Martin, Ducati, 1:53,840
15. Oliveira, KTM, 1:53,915
16. Alex Márquez, Honda, 1:53,958
17. Bradl, Honda, 1:53,995
18. Marini, Ducati, 1:54,122
19. Binder, KTM, 1:54,240
20. Petrucci, KTM, 1:54,443
21. Lecuona, KTM, 1:54,627
22. Savadori, Aprilia, 1:55,183

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