Wegen Corona: Kein Siegerteam wird «concession team»
Marc Márquez' Sieg auf dem Sachsenring ist bisher der einzige Podestplatz von Honda
Als das MotoGP-Startfeld nach der globalen Wirtschaftskrise in den Jahren 2010 und 2011 nach dem Ausstieg von Kawasaki und Suzuki und dem Ende der Zigaretten-Sponsorship auf 17 bis 18 Stammfahrer schrumpfte, reagierten WM-Promoter Dorna, das Hersteller-Bündnis MSMA und die Teamvereinigung IRTA mit ein paar sinnvollen Ideen, um das Feld wieder zu füllen. Zumindest 22 bis 24 Stammfahrer waren erwünscht.
So wurden für 2012 erstmals die Claiming-Rule-Bikes erlaubt, das waren Prototypen-Chassis von Firmen wie FTR, Ioda, PBM oder Suter mit 1000-ccm-Superbike-Rennmotoren von Honda, Kawasaki, BMW und Aprilia. Denn gleichzeitig wurde für 2012 der MotoGP Hubraum von 800 auf 1000 ccm erhöht. Den CRT-Piloten wurden weichere Hinterreifen-Mischungen erlaubt, weil sie weniger PS hatten. Mit dem weicheren Gummi konnten aber auch bessere Startplätze erzielt werden.
Durch die CRT-Kategorie (sie wurde zweimal vom Aprilia-Aspar-Team mit Aleix Espargaró gewonnen) stiegen neue Teams aus der Moto2 und Superbike-WM in die «premier class» auf, bei sehr überschaubaren Kosten. Die Ioda-Aprilia hat damals nicht viel mehr als 80.000 Euro gekostet. Der Kaufpreis für eine Suter-BWW samt Elektronik lag bei ca. 170.000 Euro.
Heute liegen die Leasingkosten für die zwei Bikes pro Fahrer bei 2,5 Millionen Euro.
Für 2014 wurde die neue «Open Class» eingeführt. Sie löste die CRT-Motorräder allmählich ab.
Yamaha setzte im Forward Team in der Open Class gebrauchte M1-MotoGP-Bikes ein. Honda hingegen baute eine abgespeckte Version der Honda RC213V, die preiswert war, aber gegen die Konkurrenz von Yamaha und Aprilia auf verlorenem Posten stand. Selbst Nicky Hayden verlor damit oft drei Sekunden pro Runde.
Die Open Class sollte eigentlich den Privatteams helfen, die Lücke zu den Werksteams zu verringern.
Doch der neue Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna spürte ein Schlupfloch im Reglement auf und meldete überraschenderweise das Ducati-Corse-Werksteam 2014 als «Open Class»-Mannschaft an. Dadurch profitierte es von weicheren Reifen, von 2 Liter mehr Sprit im Rennen, mehr Testfahrten und mehr Motoren pro Saison.
Mit Hilfe dieser Privilegien pirschte sich Ducati mit der nicht siegfähigen Desmosedici innerhalb von zwei Jahren wieder an die Siegerteams heran. Andrea Iannone gewann 2016 in Spielberg, Andrea Dovizioso 2016 in Sepang.
Als dann Suzuki 2015 in die WM zurückkehrte, Aprilia gleichzeitig mit einem verkappten V4-Superbike neu in die WM kam und KTM 2017 in der MotoGP-Klasse debütierte, wurden die Neulinge mit neuen Privilegien geködert. Sie wurden als «concession teams» tituliert, während Honda, Yamaha und Ducati unter dem Factory-Status antraten. Das bedeutete: Die Neulinge konnten dank der «concessions» (Zugeständnisse) mehr Motoren pro Fahrer und Saison verheizen, die Motorenentwicklung war nicht ab dem Saisonstart eingefroren, die Testtage für die Stammfahrer waren nicht limitiert.
Suzuki verloren die «concessions» erstmals nach den Erfolgen von Viñales 2018. Dann bekam sie die Japaner nach der verpatzten Saison 2017 noch einmal für ein Jahr zurück. KTM verlor den «Concession»-Status nach der Saison 2020.
Denn wer in einer Saison sechs «concession points» einsammelt, verliert alle Privilegien für die kommende Saison.
Ein Sieg bringt drei Konzessions-Punkte, ein zweiter Platz zwei Punkte, ein dritter Rang einen Punkt.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum Honda nach der Saison 2020 (nur zwei zweite Plätze durch Alex Márquez) nicht in den Status eines «concession teams» downgegradet wurde.
Der Grund: Die Dorna, MSMA und IRTA haben einstimmig beschlossen, dass in der verkürzten Corona-Saison 2020 kein Siegerteam in den Status eines «concession team» verwandelt werden kann.
Und als sich abgezeichnete, dass die Pandemie auch in der Saison 2021 Spuren hinterlassen wird und mit Absagen der Übersee-Events gerechnet werden muss, wurde beschlossen: Wegen der Covid-19-Vorschriften kann kein Siegerteam für 2022 zum «concession team» heruntergestuft werden.
So entgeht der weltgrößte Motorradhersteller der peinlichen Schmach. Denn Honda hat mit dem Sachsenring-Sieg von Marc Márquez beim achten Rennen der Saison den ersten Sieg und damit auch den ersten Podestplatz in diesem Jahr feiern dürfen.