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Vater und Sohn: Wenn die Fußstapfen zu groß sind

Von Günther Wiesinger
Remy Gardner tat es in der vergangenen Saison seinem Vater Wayne gleich und kürte sich zum Weltmeister. Nicht immer sind die Sprösslinge aber so erfolgreich wie die berühmten Eltern.

Remy Gardner ist erst der zweite GP-Fahrer, der sich genauso wie sein Vater Weltmeister nennen darf. 34 Jahre nach dem 500-ccm-Titelgewinn von Waye Gardner zog sein Sohn mit der Moto2-Krone 2021 nach. Dabei war lange nicht klar, ob die Fußstapfen für den Junior nicht doch zu groß sein würden. Zuvor war dieses Kunststück in der Motorrad-WM nur der Roberts-Familie gelungen.

Es gibt gar einige Familien, in denen das Rennfahrer-Gen eindeutig vererbt wurde (wie Pagani, Graham, Bradl, Rossi), aber es existieren natürlich auch Beispiele, wo die Väter erfolgreiche Rennfahrer waren wie der zweifache 250er-Weltmeister Sito Pons – und die Söhne Axel und Edgar international einiges schuldig blieben.

Axel Pons absolvierte 146 Grand Prix und war in der Mittelgewichtsklasse in der Gesamtwertung nie besser als auf Platz 16 klassiert. Immerhin hat er einmal einen zweiten Startplatz herausgefahren. Sein bestes GP-Ergebnis: Rang 6.

Edgar siegte zwar zweimal in der Moto2-EM, im GP-Sport waren die Schuhe von Papa Sito (250-ccm-Weltmeister 1988 und 1989 auf Honda) auch für ihn zu groß. Nach der Saison 2020 hörte er auf, Edgar kümmert sich nun im familieneigenen Moto2-Team um das Sports Management.

Ex-Weltmeister Sito Pons hat immer wieder Startplätze für seine Söhne finanziert, auch 2017 bei RW Racing noch, er hat dort einfach das Kalex-Material von 2016 mitgeliefert. Und für Edgar wollte Sito Pons sogar den zweiten MotoGP-Platz bei Avintia Ducati, bevor sich dort Xavier Siméon mit 700.000 Euro einkaufte – als WM-21. der Moto2-WM 2017.

Sito Pons bot dem Avintia-Teambesitzer Raúl Romero bei der Dutch-TT noch seine Mechaniker-Crew und Sponsorgeld an für den Fall, dass er Edgar Pons engagiert.

Die Weisheit «Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm» trifft bei etlichen Söhnen von erfolgreichen GP-Piloten zu, aber bei weitem nicht bei allen.

Die Familie Pons ist nicht die einzige, bei denen die Sprösslinge die Erwartungen nie wirklich erfüllt haben. Dabei dachte Sito Pons nach dem CEV-Moto2-Titel von Edgar noch, der jüngere Sohn sei deutlich talentierter als der ältere Axel.

Aber ein berühmter Name kann auch eine Belastung sein.

Und Talent zum schnellen Motorradfahren wird offenbar nicht immer vererbt.

Randy Mamola, viermal 500-ccm-Vizeweltmeister und 13-facher GP-Sieger, wollte seinen Sohn Dakota in die WM bringen, aber es reichte nur für einzelne Einsätze. Er arbeitet später als «personal assistant» für Cal Crutchlow.

Randys ehemaliger 500-ccm-Gegner und Teamchef Kenny Roberts senior hingegen freute sich über den 500-ccm-Titelgewinn seines Sohnes Kenny auf der Suzuki im Jahr 2000.

«King Kenny» selbst hat die 500er-WM auf Yamaha 1978, 1979 und 1980 gewonnen. «Ich habe Little Kenny vor seinem ersten WM-Lauf gesagt: Du musst dir einfach über eines im Klaren sein. Du wirst nie so gut werden wie ich», gab der erfolgreiche Kalifornier seinem Junior mit auf den Weg.

Bei Kurtis Roberts, dem jüngeren Sohn, reichte das Talent nur für die US-Meisterschaft. Bestes 500-ccm-GP-Ergebnis: Rang 12 beim Deutschland-GP 2007.

In der Familie von Graziano Rossi übertraf der Sohn die Erfolge des Seniors bei weitem: Graziano gewann 1979 drei 250-ccm-WM-Rennen auf der Werks-Morbidelli, Valentino hat 115 GP-Siege und neun WM-Titel erobert.

Und Halbbruder Luca Marini war 2020 Moto2-Vizeweltmeister. Deshalb reizt Hobby-Genforscher Valentino seinen kauzigen Vater gerne mit der Behauptung: «Bei Luca sieht man, dass wir das Talent von der gemeinsamen Mutter Stefania geerbt haben.»

Als Stefan Bradl mit 15 Jahren die ersten Wildcard-Einsätze für Red Bull-KTM in der 125er-WM absolvierte, gab er ein klares Ziel aus. «Ich will in der Weltmeisterschaft um einen Platz besser abschneiden als der Papa.»

Sechs Jahre später setzte der Bayer dieses Vorhaben in die Tat um – er gewann die Moto2-WM 2011 gegen Marc Márquez.

Papa Helmut, fünffacher GP-Sieger, war 1991 in der 250er-WM Vizeweltmeister hinter Luca Cadalora geworden.

Eine Parallele in Bayern: Papa Peter Öttl gewann fünf Grand Prix (80 ccm, 125 ccm) und verlor die 80er-WM 1989 in Brünn erst zwei Kurven vor dem Ziel durch einen Sturz. Sohn Philipp gewann 2018 das Moto3-Rennen beim Spanien-GP in Jerez. Nach einem glücklosen Moto2-Jahr wechselte er in das Superbike-Paddock.

Der Schotte Niall Mackenzie, in der 500er-WM jahrelang absolute Weltklasse (bei Yamaha, Suzuki und Honda) sieben Mal als Dritter auf dem Podest, hat beide Nachkommen (Taylor und Tarran) zu Rennfahrern erzogen. Es reichte aber nur für Erfolge in der Britischen Meisterschaft. In der Moto2-WM blieb Tarran bei Kiefer punktelos, nach dem BSB-Titelgewinn 2021 strebt er nun aber zumindest drei Wildcard-Einsätz in der Superbike-WM an.

Der im August 2017 mit 70 Jahren tödlich verunglückte Angel Nieto, 90-facher GP-Sieger und 13-maliger Weltmeister (50 und 125 ccm), brachte seine Söhne Pablo und Angel junior sowie seinen Neffen Fonsi in die Motorrad-Weltmeisterschaft. Pablo gewann 2003 auf Aprilia immerhin den Portugal-GP. Er beendete die 125er-WM 2002 auf dem sechsten und in den Jahren danach auf dem siebten und sechsten Rang.

Bruder Angel «Gelete» Nieto schaffte 2001 mit der 125er immerhin zwei fünfte GP-Ränge in Welkom und Jerez. Cousin Fonsi gelangen in der 250er-WM in den Jahren 2002 und 2003 sogar fünf Siege, er war 2002 Vizeweltmeister auf Aprilia. In der MotoGP-WM steht bei Fonsi ein elfter GP-Rang 2007 auf Kawasaki zu Buche, danach wechselte er in die Superbike-WM. Übrigens: Für 2022 wurde Fonsi Nieto bei Pramac Racing in der MotoGP-WM vom Rider Coach zum Sportdirektor befördert.

Recht schlau hat der fünffache 500-ccm-Weltmeister Mick Doohan die Motorsport-Karriere seines Sohnes Jack eingefädelt.

Der australische Honda-Star hat Junior Jack Doohan von den motorisierten Zweirädern ferngehalten und stattdessen dessen Laufbahn auf vier Rädern unterstützt. Das Fernziel des 18-Jährigen ist die Formel 1.

Der Weltmeister-Sohn gewann 2015 und 2016 die «Australian Junior Kart Championship». Als 15-Jähriger fuhr Jack 2018 bereits im Red Bull Junior Team die hart umkämpfte Britische Formel-4-Meisterschaft, die er als bester Rookie auf dem fünften Gesamtrang abschloss.

2021 bestritt Jack seine zweite Saison in der Formel 3, die er auf dem zweiten WM-Platz beendete. In diesem Jahr wird er mit dem Team Virtuosi Racing in der Formel 2 und damit in der höchsten Formelsport-Nachwuchsklasse antreten.

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