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Engine Penalty: Oft gab es triftige Gründe

Von Günther Wiesinger
Wenn die maximal zulässige Anzahl von Triebwerken pro Fahrer und Saison ausgeschöpft ist, droht den MotoGP-Assen ein Start aus der Boxengasse. Die Gründe für die Motorenknappheit variieren.

Was haben Loris Capirossi, Valentino Rossi, Maverick Viñales und Pol Espargaró unter anderem gemeinsam? Richtig, das Quartett musste in seiner MotoGP-Laufbahn bereits aus der Boxengasse starten, da an ihren Maschinen im Verlauf der Saison zu viele Motorenwechsel vorgenommen worden waren.

2021 kamen alle mit den maximal sieben Motoren pro Fahrer (neun für das «concession team» Aprilia) über die 18 Grand Prix. Zuletzt musste Viñales 2020 beim Europa-GP in Valencia auf seiner Yamaha aus der Boxengasse losfuhr. Allerdings waren in der verkürzten Corona-Saison 2020 für 14 Grand Prix nur fünf Triebwerke (sieben für «concession teams») gestattet.

Nun kommen wir zu einigen Preisfragen für Experten: Seit wann existiert im Reglement die sogenannte «engine penalty»? Wie oft musste schon ein Fahrer wegen eines aufgebrauchten Motoren-Kontingents zur Strafe aus der Boxengasse los? Und wer verheizte als erster Fahrer in all diesen Jahren zu viele Motoren?

Die Antworten:

1. Diese strengen Motorenkontingente wurden bei Saisonmitte 2009 erstmals eingeführt, um die Kosten nach der globalen Wirtschaftskrise zu senken.

2. Seither mussten erst vier Fahrer aus der Boxengasse losfahren, weil sie mit der erlaubten Motoren-Zuteilung nicht durch die Saison kamen.

3. Loris Capirossi (Suzuki) war der erste Fahrer, der den «engine penalty» schlucken musste. Denn in der zweiten Hälfte der Saison 2009 wurde wegen der Wirtschaftskrise zur Kostensenkung versuchsweise das «engine limit» eingeführt. Damals mussten sich die Fahrer bei den letzten sieben Grand Prix mit je fünf Triebwerken durchschlagen. Auch die Bestrafung sah anders aus: Suzuki wurden Punkte in der Marken-WM abgezogen, und Loris musste auf dem letzten Startplatz aufmarschieren, nicht aus der Boxengasse.

4. Valentino Rossi war der zweite MotoGP-Pilot, der mit seinem Triebwerks-Kontinent nicht durchkam. Er fuhr 2011 in Aragón mit seiner Ducati aus der Boxengasse los.

2016: Mehr Motoren wegen Einheits-ECU

2020 sollten für die ursprünglich 20 Rennen eigentlich sieben Motoren für die Siegerteams Honda, Yamaha, Ducati und Suzuki erlaubt werden und neun für die «concession teams», das waren vor der Saison Aprilia und KTM. KTM hat den Neueinsteiger-Status aber durch die zwei Siege in Brünn und Spielberg für 2021 verloren.

Aber weil die Saison 2020 zuerst wegen der Pandemie auf 13 Grand Prix gekürzt wurde, einigten sich die Werke auf fünf und sieben Motoren. Danach kam Portimão noch als 14. MotoGP-Event dazu.

Aprilia konnte bisher jedes Jahr einen «engine penalty» vermeiden. Doch 2017 machte sich Aleix Espargaró schon beim Catalunya-GP in Juni große Sorgen, weil ihm innerhalb von drei Grand Prix vier Motoren um die Ohren flogen. Er rechnete damals mit einem baldigen Rennstart aus der Boxengasse. Espargaró fürchtete 2017, bei so vielen massiven Motorschäden könnte sein Kontingent bei WM-Halbzeit aufgebraucht sein.

Übrigens: Vorübergehend wurden sogar bei den Spitzenteams wie Honda und Yamaha nur fünf Motoren erlaubt. Erst 2016 wurde die Anzahl wieder auf sieben angehoben, weil manche Hersteller wie Suzuki und Ducati fürchteten, durch die damals eingeführte neue Einheits-Elektronik von Magneti-Marelli könnten die Laufzeit leiden.

Tatsächlich krepierten aber nur zwei Yamaha-Triebwerke wegen dieser ECU – im Warm-up von Mugello 2016 bei Jorge Lorenzo, im Rennen von Mugello 2016 bei Valentino Rossi.

2017: «Engine penalty» bei KTM

Das Red Bull KTM-Team mit Bradley Smith und Pol Espargaró ahnte 2017 schon im Mai nach dem Jerez-GP, dass die neuen Motoren knapp werden könnten. Denn die zwei KTM-Fahrer wechselten beim Jerez-GP frühzeitig von den Screamern auf die Big-Bang-Motoren – und das Factory Team musste deshalb ein paar Screamer-Versionen trotz geringer Kilometer-Zahl vorzeitig stilllegen. Denn die Big-Bang-Versionen erlaubten bessere Rundenzeiten und weniger Reifenverschleiß.

Tatsächlich musste Pol Espargaró 2017 beim Finale in Valencia einen «engine penalty» in Kauf nehmen und aus der Boxengasse starten.

Rossi & Ducati 2011: Saison abgeschrieben

Das führt uns zur Frage, warum bei Rossi im Ducati-Werksteam 2011 die Motoren schon beim viertletzten Grand Prix in Aragón knapp wurden?

Ing. Filippo Prezioso beharrte 2011 anfangs als Technical Director bei Ducati noch auf das misslungene Experiment mit dem Karbon-Monocoque-Chassis. Bei diesem Konzept fungierte der 800-ccm-V4-Motor als tragendes Teil. Schwinge und Gabel wurden buchstäblich an den Motor angeschraubt. Also bildeten die Punkte für die Motorbefestigungen wichtige Eckpfeiler für das Handling des Rennmotorrads.

Die Ducati GP11 erlebte jedoch im Laufe des Jahres 2011 etliche Modifikationen. Diese gipfelten beim Aragón-GP in einer Kompromisslösung, die den Umstieg vom Karbon-Monocoque zu einem Alu-Chassis einleitete, wie es damals Yamaha, Honda und Suzuki verwendeten. Rossi sagte damals, dieses neue Konzept folge immer noch der Ducati-Philosophie, weil die Schwinge direkt am Motorgehäuse angelehnt war.

Wir erinnern uns: Rossi hatte bei Privattests in Mugello einen 2012-Prototyp mit dem 1000-ccm-Motor und der viel voluminöseren Airbox probiert und Gefallen daran gefunden. Er fand damit ein besseres Gefühl für den Vorderreifen. Er rührte deshalb das Bike mit dem Karbon-Monocoque beim Aragón-GP nicht mehr an und ließ sich lieber eine zweite Aluminium-Version fertigstellen. Man nannte dieses Modell «GP12.minus-one», weil es einen Zwitter zwischen 2011 und 2012 darstellte.

Diese pausenlosen Adaptionen waren mit den ursprünglich verwendeten Motoren nicht kompatibel. Deshalb mussten immer neue Motoren mit den passenden Motorbefestigungen neu versiegelt werden, obwohl die gebrauchten Desmosedici-Motoren noch lange nicht das Ende ihrer Laufzeit erreicht hatten.

Rossis Crew-Chiefs Jeremy Burgess nahm den «engine penalty» sorglos zur Kenntnis. «Wir haben uns von der Saison 2011 längst verabschiedet. Wir betrachten die GP-Trainings Freitag und Samstag inzwischen als Testfahrten und die Rennen am Sonntag als Long-run», sagte er.

Nach dem 13. Startplatz in Aragón entschieden Rossi und Ducati in Aragón, einen siebten Motor in die Allocation zu bringen und versiegeln zu lassen. Dieses Triebwerk wurde an der Ersatz-Ducati eingebaut. So gab es einen frischen Motor für die kommenden Rennen, und bei Startplatz 13 bildete der Start aus der Boxengasse keine großen Nachteil.

Valentino durfte damals erst 10 sec nach dem Grünlicht losfahren, heute reichen 5 sec Wartezeit. «Die neue Chassis-Front funktionierte nur mit dem Motor, den wir in Misano verwendet haben, erklärte Rossi damals. Leider konnte er durch den Chassis-Umbau zwei fast neue Motoren nicht mehr verwenden, weil sie nicht eine andere Motoraufhängung hatten und nicht ins neue Chassis des «GP12.minus-one»-Modells passten.

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