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Hervé Poncharal: Was hat KTM im Jahr 2021 gelernt?

Von Günther Wiesinger
2021 kam der Aufstieg von KTM in der MotoGP erstmals zu einem Stillstand. KTM-Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal beschreibt die Lehren, die daraus gezogen wurden und die neue Aufbruchstimmung bei KTM.

Das KTM Tech3-Factory Team hat 2020 mit Miguel Oliveira in Spielberg und in Portimão triumphiert und will 2022 mit Moto2-Weltmeister Remy Gardner und dem WM-Zweiten Raúl Fernández (21) wieder stärker ins Rampenlicht rücken. Das Team von Hervè Poncharal (64) arbeitet jetzt in allen Bereichen enger mit dem KTM-Werk zusammen als zuvor. Darum wird sich auch der von Ducati kommende Fabiano Sterlacchini kümmern, als neue Head of MotoGP Technology bei KTM. Er wird vom Spanier Esteban Garcia unterstützt, der als Technical Coordinator die Schnittstelle zwischen Tech3 und KTM Racing Factory in Munderfing bilden wird. Als Spanier kann er sich auch mit beiden MotoGP-Rookies problemlos unterhalten, denn Remy Gardner ist in der Nähe von Barcelona aufgewachsen, Spanisch ist längst seine zweite Muttersprache geworden.

«Wir haben jetzt die identischen Bikes wie das Red Bull-Team mit Miguel und Brad. Wir haben jetzt eine ausgezeichnete Basis für die ersten Tests. Im Vorjahr kamen viele neue Teile zu den Rennen, aber oft gab es nicht genug Zeit, um dieses Material im Rahmen der Grands Prix ausreichend zu probieren und zu bewerten», sagt Poncharal im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Wir werden jetzt herausfinden, wo unsere Stärken und Schwächen liegen. Sobald wir das festgestellt haben, kann Fabiano mit seiner gesamten Technik-Mannschaft richtig mit der Arbeit für uns beginnen. Wenn du viele neue Entwicklungsteile bekommst, brauchst du genug Zeit, um sie richtig zu testen. Deshalb werden die Tests in Sepang und nachher die drei Tage in Mandalika sehr wichtig sein.»

Die KTM-Truppe hat sich in der Vergangenheit schon oft vorgenommen, am Freitag bei den Rennen keine neuen Teile mehr zu testen. Aber wenn die Ergebnisse nicht den Vorstellungen entsprachen, wurden diese Pläne wieder über den Haufen geworfen. Durch den Wegfall der Concession-Privilegien kamen letztes Jahr die vielen privaten Testtage der Stammfahrer abhanden.

Also wurde wieder bei den Grands Prix getestet…

«Jetzt gibt Fabiano Sterlacchini die Befehle. Ich bin positiv überrascht von der Stimmung, die ich im Januar bei meinem einwöchigen Aufenthalt in Munderfing erlebt habe. Alle haben gelächelt. Die Atmosphäre war freundlich», berichtet der Franzose. «Pit Beirer war so gut gelaunt und zuversichtlich wie seit langem nicht. Man spürt, dass er Fabiano zu 100 Prozent vertraut.»

Hervé Poncharal beginnt seine vierte Saison mit KTM. Der Zusammenhalt und das gegenseitige Vertrauen ist gewachsen, auch wenn der Beginn manchmal holprig war, als sich KTM nach 2019 als Moto2-Hersteller zurückzog und Poncharal erstmals in die Moto3-WM ausweichen musste. Außerdem sollte er 2020 eigentlich mit Brad Binder und Miguel Oliveira fahren. Aber weil Zarco seine zweite KTM-Saison nach 2019 nicht erfüllte, musste Tech3 den Südafrikaner ans Red Bull-Team abgeben und ihn gegen Iker Lecuona tauschen.

KTM und Poncharal haben die Saison 2021 analysiert und ein paar lehrreiche Erkenntnisse gewonnen. «Miguel Oliveira hat zum Beispiel 2021 den Catalunya-GP gewonnen. Er hat dann sicher nicht viel gefeiert, aber beim Montag-Test in Montmeló war er nach dem GP-Weekend etwas müde und mit dem Kopf vielleicht schon beim nächsten Grand Prix in Deutschland. Dazu kommt, dass Miguel in Catalunya nach einer starkes Vorstellung gewonnen hat, nicht durch Zufallen, er hatte dort ein starkes Paket. Deshalb wollte er vielleicht sein Paket gar nicht stark verändern. Das ist aber nur meine persönliche Meinung.»

Oliveira fuhr 2021 bekanntlich in Mugello, Catalunya und auf dem Sachsenring dreimal in Serie aufs Podest, zweimal als Zweiter, einmal als Sieger. In Assen schaffte er vor der Sommerpause noch den starken fünften Platz.

Es wäre verständlich, wenn er damals gesagt hätte, KTM solle sein schlagkräftiges Package nicht gravierend verändern.

Doch dann kamen Strecken, die der KTM RC16 nicht lagen, Miguel verletzte sich zudem im FP1 in Spielberg beim Steiermark-GP. Der Rest in bekannt. Der schnelle Portugiese sammelte bei den restlichen neun Rennen nur 9 Punkte – zweimal als 14. und einmal als Elfter.

Welche Lehren hat KTM daraus gezogen?

Poncharal: «Ich stimme Pit Beirer zu, wenn er sagt, wir wollen neue Teile so bald wie möglich testen. Denn wir wollen das Feedback der Fahrer, ob sie besser sind oder nicht. Aber wenn du das Material rasch bei einem Grand Prix am Freitag probierst, bekommst du manchmal nicht die korrekten Eindrücke. Manchmal müssen die Teile auch auf einer zweiten Piste erprobt werden, außerdem muss sich der Fahrer innerlich bereit fühlen, den Test zu absolvieren. Während der Saison sind die Fahrer an einem GP-Wochenende in erster Linie auf die Rundenzeit fokussiert. Deshalb halte ich die fünf Testtage ab Montag hier in Sepang für sehr wichtig. An den drei Tagen des Shake-Downs bis Mittwoch hat KTM neben Remy und Raúl auch die Testfahrer Dani Pedrosa und Mika Kallio dabei. Bei Remy wissen wir zwar nicht, wie er sich nach der Handoperation vom 18. Januar beim Fahren fühlen wird. Es ist ideal, dass unsere zwei Rookies an den ersten drei Tagen keinen Druck haben. Sie sollen möglichst viele Runden abspulen, und dabei werden sie weniger unter Beobachtung stehen als beim IRTA-Test am kommenden Wochenende oder bei einem Grand Prix.»

Poncharal weiter: «Nach Sepang werden wir ein klareres Bild davon haben, was wir brauchen. Fabiano wird in Sepang dabei sein. Natürlich wird auch in Malaysia auf die Zeiten geschaut, das ist der Job der Medien. Aber wir müssen stark genug sein, um diesen Test als Vorbereitung zu betrachten. Nachher fahren wir von 11. bis 13.2 in Mandalika. Dann haben wir Feedback von zwei unterschiedlichen Rennstrecken. Und unser Ziel ist es, das Maximum aus diesen beiden Tests herauszuholen.»


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