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Fremdgänger: Motorrad-Rennfahrer auf vier Rädern

Von Günther Wiesinger
Der Blick in die Geschichtsbücher zeigt: Es gab immer wieder Rennfahrer, die sowohl auf zwei als auch auf vier Rädern unterwegs waren. Zu Ansehen kamen aber nur wenige davon.

Seien wir ehrlich: Viele Motorradrennfahrer haben sich nach ihrer Zweirad-Karriere nur in ein Rennauto gesetzt, weil sie keinem bürgerlichen Beruf nachgehen und ihre Knochen nicht mehr als Knautschzone zu Markte tragen wollten. Deshalb ist die Liste jener Motorradstars, die auf vier Rädern zu Ansehen kamen, nicht sonderlich lang.

John Surtees ist eine löbliche Ausnahme. Er brachte es als MV-Agusta-Werksfahrer zwischen 1956 und 1960 zu sieben Motorrad-WM-Titeln (dreimal 350 ccm, viermal 500 ccm), debütierte 1960 auf einem Lotus Climax in der Formel 1, bestritt 111 WM-Rennen, gewann sechs und wurde 1964 auf Ferrari Weltmeister.

Mike Hailwood hat acht Motorrad-WM-Titel gewonnen, nachher die Formel-2-EM auf vier Rädern für sich entschieden und in der Formel 1 als bestes Ergebnis einen vierten Platz geschafft.

Johnny Cecotto gewann die 350-ccm-Weltmeisterschaft 1975, die 750er-WM 1978 und 1982 die Formel-2-EM. Danach prägte er als BMW-Werksfahrer das Geschehen in der DTM.

Cecotto machte im Juni 1980 bei den F2-Rennen in Silverstone und Zolder erste Fahrversuche auf vier Rädern. «Ich habe in der ersten Runde gemerkt, dass ich ganz von vorne anfangen muss. Beim Debüt in Silverstone habe ich mich gleich in der zweiten Runde von der Piste gedreht, weil ich zu nahe auf den Vordermann rangefahren war und den Anpressdruck verloren habe.»

Auch die Streckenkenntnisse kamen dem Venezolaner nicht zugute. «Als ich in England im Arch-BMW die erste Runde fuhr, wähnte ich mich auf einer anderen Piste, als ich vom Motorrad kannte. Man muss mit dem Rennauto eine andere Linie wählen, viel später bremsen und höhere Kurvengeschwindigkeiten fahren.»

Cecotto nahm an 18 Formel-1-WM-Läufen teil, in bescheidenen Teams wie Theodore-Ford, Ensign und Toleman-Hart. Bestes Ergebnis: Platz 6 in Long Beach 1983.

Nach einem schweren Unfall in Brands Hatch 1984 musste Johnny seine Formel-Karriere beenden. «Surtees und Hailwood waren 28 Jahre alt, als sie das Metier gewechselt haben» sagt Cecotto. «Ich habe mit 25 die ersten F2-Rennen bestritten, als der Killerinstinkt noch im vollen Umfang vorhanden war. Giacomo Agostini hingegen hat den Zug verpasst. Mit 36 sollte man aufhören, nicht eine neue Karriere beginnen.»

Giacomo Agostini: Kein Autotalent

Tatsächlich geriet «Ago nazionale» im Auto auf die Kriechspur des Erfolgs. Der 15-malige Weltmeister und 122-fache GP-Sieger stieg 1979 in die britische Aurora-Serie ein, die mit ausrangierten Formel-1-Boliden ausgetragen wurde. Zuvor hatte er sich bei zwölf F2-EM-Rennen nur viermal qualifiziert.

Nach dieser Lektion zog sich Agostini auf den Posten eines Motorrad-GP-Teambesitzers zurück. In dieser Position verhalf er Eddie Lawson zu drei 500 ccm-WM-Titeln auf Yamaha. Auch Lawson versuchte sich später im Automobilrennsport.

Heute weiß Agostini, dass er Fehler gemacht hat. «Ich war auf den Autorennsport nicht ausreichend vorbereitet. Ich hätte zuerst versuchen sollen, in der Formel 3 Fuss zu fassen», weiss er. «Der direkte Schritt vom Motorrad in die Formel 2 war einfach zu gross.»

Dazu kommt, dass Ago auf zwei Rädern nur das erlesenste Material erhielt, jedoch im Automobilsport mit einem Trivellato-Chrevron B42-BMW armselig motorisiert war. Im Herbst 1974 stieg er auf einen March 742-BMW um, den er von Alberto Colombo für sieben Millionen Lire mietete. Damit fuhr Ago 2,5 sec schneller als im Frühjahr!

Doch die Fachleute ätzten: «Agostini ist im Auto jedem Zweikampf weiträumig aus dem Weg gegangen.» «Mir hat in den technischen Belangen eine tiefere Beziehung zum Auto gefehlt», philosophierte Agostini.

Nuvolari war ein Vorreiter

Schon in den 1930er-Jahren schien der Autorennsport so manchen Motorradfahrer zu reizen. Achille Varzi begann 1923 auf einer Garelli 350 mit Zweitakt-Zweikolbenmotor. 1924 nahm er mit einer Dot an der Tourist Trophy teil. Später ärgerte er die Konkurrenz in den Klassen 350 und 500 ccm auf Sunbeam. 1926 gewann Varzi den TT Visitor's Cup, ehe er den Sattel mit dem Auto-Cockpit tauschte. Danach stellte er seine Fahrkünste auf Bugatti, Alfa Romeo und Auto Union unter Beweis. 1948 verunglückte der rauschgiftsüchtige Achille Varzi beim GP von Bern in Bremgarten tödlich.

Der ruhmreiche Tazio Nuvolari ritt 1920 eine Garelli, fuhr 1923 und 1924 auf Norton und gewann die italienische Meisterschaft. 1925 entfaltete er sich mit der neuen Doppelnocken-Bianchi zum grossen Matador. Noch mit 38 Jahren triumphierte Nuvolari in Livorno, auf dem Circuito de Lario siegte er ab 1925 fünfmal hintereinander.

Später nahm es der kühne Nuvolari als Alfa-Romeo Held mit der deutschen Übermacht auf. 1935 blieb er beim Nürburgring-GP gegen Hans Stuck (Auto Union) und Rudolf Caracciola (Mercedes-Benz) siegreich.

Als Bernd Rosemeyer starb, durfte das Phänomen Nuvolari 1938 den Auto-Union besteigen. Er war der Einzige ausser Rosemeyer, der sich diese störrische Heckmotor-Kiste meisterhaft untertan machte. Im Cockpit galt Nuvolari als unsterblich. Doch ein unheilbares Krebsleiden beendete sein Leben.

Die Liste der Umsteiger umfasst ein paar erstaunliche Beispiele. Dass Jean-Pierre Beltoise 86 Formel-1-WM-Läufe bestritt (auf Matra und BRM) und 1972 den Monte-Carlo-GP gewann, wissen viele aufmerksame Leser. Dass Beltoise zuvor als grandioser Motorradrennfahrer galt, ist kaum bekannt. Sein grösster Erfolg: Rang 6 beim belgischen 125er-GP 1963 in Francorchamps.

Jo Siffert in der Gespann-WM!

Der Schweizer Jo Siffert wurde 1959 Schweizer Motorradmeister auf Norton 350 und glänzte als Beifahrer von Edgar Strub – als Vierter der Seitenwagen-WM 1959.

In der Formel 1 nahm «Seppi» an 96 WM- Läufen teil – auf Lotus, Brabham, Cooper, March und BRM. Er gewann 1968 in Brands Hatch und 1971 auf dem Österreichring. Am 24. Oktober 1971 verunglückte er bei einem F1-Rennen in Brands Hatch tödlich.

Sifferts Landsmann Rolf Biland, siebenfacher Seitenwagen-Weltmeister, beteiligte sich am Ende der 1970er-Jahre an einigen Formel-3-Autorennen und fuhr mit beachtlichem Erfolg in der Formel 2. Aus den DTM-Plänen wurde nichts. Doch er testete im Oktober 1992 einen BMW M3 des Linder-Teams in Hockenheim.

Dieter Braun siegte 1970 in der 125er-WM auf Suzuki und 1973 in der 250er-WM auf Yamaha. Zwischendurch versuchte er sich 1975 mit einem 300 PS starken Warsteiner-March BMW in der Formel 2. Er bestritt fünf Rennen und schaffte beim EM-Lauf auf dem Nürburgring einen passablen neunten Platz.

Braun fuhr gleichzeitig weiter Motorrad, verletzte sich 1976 beim Nürburgring-GP schwer und musste seine Karriere 1977 nach einem weiteren Unfall in Salzburg frühzeitig beenden.

«Mich hat die Autofahrerei nie befriedigt», räumt Braun ein. «Weil es im Vergleich zu einem Motorrad-GP völlig harmlos war. Das F2-Auto ist mir im Vergleich zum Rennmotorrad wie ein Wagen auf einer Spielzeugrennbahn vorgekommen. Ich bin 1975 bei den Motorrad-GP an einem Tag in drei Klassen gefahren, entweder 125, 250 und 350 oder 250, 350 oder 500 ccm. In Opatija habe ich damals zwei Grand Prix gewonnen, im dritten Rennen bin ich als Spitzenreiter wegen defekter Kupplung ausgeschieden.»

«Die Faszination auf dem Motorrad, wo du in den Kurven mit dem Knie auf dem Asphalt schabst, war ungleich grösser», urteilt Braun. «Im F2-Wagen hätte ich mir in Hockenheim auf der langen Geraden am liebsten ein Autoradio, einen Zigarettenanzünder und einen Aschenbecher installieren lassen. Im Auto ist viel weniger persönlicher Einsatz erforderlich.»

Braun hatte bei seinem Vorhaben prominente deutsche Vorgänger. Bernd Rosemeyer heimste 1933 mit einer Werks-NSU und 1934 mit einer DKW respektable Erfolge ein und wurde später auf Auto-Union zum Helden der Vorkriegsgeneration.

Auch die Zweiradlegenden Schorsch Meier und H.P. Müller zeichneten sich im Automobilsport aus. Beim GP Reims 1939 siegte Müller vor Meier – beide sassen in Auto-Union-Boliden.

Caracciola fuhr Motorrad

Das sogar Rudolf Caracciola in den frühen 20er-Jahren Motorradrennen bestritt, ist in Vergessenheit geraten. Auch über die Wertungsfahrten von Wolfgang Berghe von Trips auf einer Adler redet niemand mehr. Und wer erinnert sich an Jean Behra, der Anfang der 1950er-Jahre mit einer Moto Guzzi 500 Wettrennen fuhr, ehe er auf Maserati und Porsche umstieg und im Autosport ums Leben kam.

Nicht einmal die emsigsten Leser wissen, dass Jacky Ickx auf Zündapp dreimal belgischer Trial Meister war und 1962 bei der Sechstagefahrt in Garmisch-Partenkirchen eine Goldmedaille (Klasse bis 75 cm) gewann.

Dann brillierte Ickx in der Formel 2 und debütierte 1966 mit einem Matra in der Formel 1. Er lenkte Cooper-Maserati, Brabham-Ford, Ferrari, McLaren-Ford, Iso-Ford, Lotus-Ford, Williams-Ford, Ensign-Ford und Ligier-Ford. Ickx nahm an 116 Grands Prix teil, holte 13 Pole-Positions und acht Siege. 1969 und 1970 wurde er auf Ferrari Vizeweltmeister. Dazu gewann Ickx sechsmal die 24 h von Le Mans und 1983 auf Porsche die Rallye Paris-Dakar.

Bill Ivy starb auf Jawa

Der Stern des Engländers Bill Ivy ging 1963 auf. Bill ritt Bultaco und Honda und kämpfte gegen Grössen wie Hailwood, Ahearn, Minter und Cooper. Als Yamaha-Werkspilot eroberte er 21 GP-Siege; 1967 wurde er 125-ccm-Vizeweltmeister.

Danach zwängte sich Ivy in ein Formel-2-Cockpit und war 1969 beim Debüt in Thruxton auf Anhieb sensationeller Trainingszweiter beim F2-EM-Lauf. Im selben Jahr verunglückte Ivy auf dem Sachsenring mit einer unausgereiften V4-Zweitakt-Jawa tödlich. Er wollte mit den Motorrad-Rennen damals das Geld für seine Autokarriere verdienen.

Auch in der jüngeren Vergangenheit haben sich oft erfolgreiche Motorradrennfahrer aufs Vierrad gewagt. Kenny Roberts, 500-ccm-Weltmeister 1978, 1979 und 1980, begrub seine Automobilpläne frühzeitig. Er scheiterte mit einem Pontiac Firebird beim 24-h-Rennen von Daytona kläglich. In Laguna Seca bohrte er sich mit einem Mustang in einen Erdhügel. «So ein Mist», klage er. «Mit Rennautos kann man nicht überholen.»

Ein bisschen geschickter stellte sich Joe Leonard an. Er wurde 1954, 1956 und 1957 amerikanischer Motorrad-Meister. Zehn Jahre später gewann «Smokey Joe» auf einem 600 PS starken Parnelli die USAC National Autor Racing Championship.

Auch Barry Sheene, auf der Werks-Suzuki 500-ccm-Weltmeister 1976 und 1977, schlug sich eine professionelle Autokarriere aus dem Kopf. Er testete Formel-1-Autos von Surtees, Arrows und Brabham und rechnete dann vor: «Ich zahle doch nicht 1 Million Mark für ein halbes Dutzend Formel-1-Einsätze mit zweitklassigem Material.» Er nahm lieber in England an einigen Tourenwagen- und Truck-Rennen teil.

Sein einstiger Suzuki-500-Teamkollege Steve Parrish zählte hingegen zehn Jahre lang zu den besten Truck-Racern Europas. «Das war besser als arbeiten», sagte er.

Damon Hill, Formel-1-Weltmeister 1996, sammelte seine ersten Vollgas-Erfahrungen ebenfalls im Motorradsport.

Sogar Rallye-Weltmeister Rauno Aaltonen driftete einst auf zwei Rädern um die Linkskurven. Es galt von 1956 bis 1961 als finnische Speedway-Hoffnung.

Apropos Speedway Egon Müller, einziger deutscher Speedway-Weltmeister (1983 in Norden), fuhr von 1990 bis 1993 Autorennen. «Zuerst in der Formel-Ford 1600, danach im Porsche-944 und Carrera-Cup», erinnert sich Müller. «Ich musste damals pro Rennen 15000 bis 20000 Mark Sponsorengeld mitbringen. Ich war bei jedem Rennen in den Top-Ten. Aber auf Dauer war das für mich und meine Sponsoren finanziell nicht machbar.»

Manfred Schurti: 2, 4 und 6 Räder

Der Liechtensteiner Manfred Schurti eroberte 1963 den Schweizer Motocross-Titel, ein Jahr später gewann er die Super-V-EM und etablierte sich dann im Porsche-Werksteam als erfolgreicher Langstrecken-Pilot.

Vier Räder reichten Schurti nicht aus. 1966 gewann er die Schweizer Lkw-Meisterschaft – auf sechs Rädern.

Marco Luccinelli, 1981 Weltmeister auf Suzuki 500, testete 1985 in Le Castellet mit Franco Uncini (500-ccm- Weltmeister 1982) und Barry Sheene den Formel-1-Brabham-BMW von Elio De Angelis. Zu Renneinsätzen reichte es nur in der Formel 3000: 1986 landete Luccinelli im Imola-Training auf Platz 21, das Rennen beendete er als Elfter. Später landete er wegen Rauschgift hinter Gittern.

Eddie Lawson, vierfacher 500-ccm-Weltmeister (1984, 1986, 1988, 1989), zeigte sich nach seiner GP-Karriere als besessener Autorennfahrer. Mit 34 Jahren nahm er zuerst 1987 in Europa an zwei Porsche-944-Turbo-Cup-Rennen teil. Dann stieg er in der amerikanischen Indy-Lights-Serie ein, die US-Version der Formel 3000. Gleich beim Debüt mit dem 450 PS starken March-Buick fuhr Lawson im Training auf Platz 11. Im Rennen fiel er mit Defekt aus.

«Für eine komplette Saison musste ich 1 Million Dollar aufbringen», erinnert sich Lawson, der sich bald für die preiswerte Kart-Serie mit  250-ccm-Zweitakt-Motoren entschied, in der er sich heute noch mit dem dreifachen 500-ccm-Weltmeister Wayne Rainey harte Fights liefert.

Wayne Gardner vielseitig

Der Australier Gregg Hansford, 1978 und 1979 als Kawasaki-Werksfahrer zehnfacher GP-Sieger und Vizeweltmeister (250, 350 ccm) etablierte sich nach seiner Motorradlaufbahn daheim in Australien als angesehener Tourenwagen Held, ehe er in einem Ford Mondeo in Philip Island nach einer Karambolage starb. Er gewann 1993 die 1000 km von Bathurst in einem Holden Commodore-V8, als Partner des Ex-F1-Piloten Larry Perkins. Auch im Moffat-Mazda RX-7 feierte Gregg ansehnliche Erfolge. 1994 siegte er beim 12-h-Rennen in Bathurst.

Sein Landsmann Wayne Gardner, 500-ccm-Weltmeister 1987, drehte 1992 in Adelaide zwei Demo-Runden in einem Formel-1-Lotus. Später bestritt er in einem Jägermeister-BMW einige DTM-Rennen; 1993 qualifizierte er einen Honda NXS beim 24-h-Rennen in Bathurst für die erste Reihe. Im Rennen holte der Ungestüme den Klassensieg. Im selben Jahr Jahr bestritt er für Holden die australische Tourenwagen-Meisterschaft. 1993 und 1995 beendete er das 1000-km-Rennen von Bathurst auf Platz 3. 1997 siegte er beim Auftakt zur heimischen Tourenwagen-Meisterschaft in Calder. Gardner: «Ich wollte immer Autorennfahrer werden. Aber weil ich in der Schule mit Freunden Minibikes gefahren bin, entstand eine Liebesaffäre mit den Motorrädern.»

Gardner fuhr 2001 für das Tom’s Toyota Team in der «Japan-GT Championship» und feierte zwei Siege.

Mick Doohan: Keine Autoerfolge

Mick Doohan, fünffacher 500-ccm-Weltmeister, liess sich nur zu vereinzelten Autorennen hinreissen. 2001 legte er bei der Targa Tasmania-Rallye einen Mercedes Benz CLK SS AMG aufs Dach. 1998 dufte er in Barcelona einen Williams-F1 ausprobieren. Er drehte sich in der ersten Runde und beschädigte das Auto leicht.

Weitere Beispiele: Der Finne J.J. Lehto, in der Formel 1 auf Onys, Meonytron, Monteverdi, Dallara und Sauber-Ilmor unterwegs, überbrückte seine Kart-Laufbahn mit Motocross. Er fuhr mit 14 Jahren in den Klassen 80 und 125 ccm und stieg nach etlichen Knochenbrüchen in einen Formel Ford.

Gianfranco Brancatelli zählte in der Formel 2, im Tourenwagen und in der Gruppe C zu den Schnellsten. 1992 fuhr er eine Ducati 888 in der italienischen Sport-Production-Meisterschaft.

Brian Henton beackerte 1965 mit einer BSA die britische Motocross-Szene, 1980 gewann er die Formel-2-EM, danach fuhr er 19 Formel-1-WM-Rennen.

Ralf Waldmann, 20-facher Motorrad-GP-Sieger, durfte im November 2000 einen DTM-Mercedes testen, doch eine passable Autokarriere blieb ihm versagt. Er ging im Porsche Cup unter und mühte sich dann 2005 wieder in der deutschen Superbike-IDM ab.

Auch Kevin Schwantz, 500-ccm-Weltmeister auf Suzuki 1993, versuchte sich im Vierradsport. Er kaufte ein Team für die «NASCAR Busch Series Grand National Division», es nannte sich Lone Star Motorsports. Der Texaner verlor eine Stange Geld und wurde auch Teilhaber von Ridling Motorsports 1997. Als Teamgründer David Ridling wegen finanzieller Probleme ausstieg, wurde Schwantz Alleineigentümer des Chevrolet-Teams. Schwantz bestritt dann elf Rennen und schaffte zwei Top-20-Ergebnisse, in Daytona gelang ihm sogar ein achter Platz.

Aber den Aufstieg in die erste NASCAR-Division schaffte Kevin nie. Als er für 1999 keinen Geldgeber fand, zog er sich aus dem teuren NASCAR-Business wieder zurück.  

Das Phänomen Peterhansel

Der Franzose Stephane Peterhansel machte es besser. Er gewann die Dakar-Rallye sechsmal mit dem Motorrad und inzwischen achtmal mit dem Auto.

Der Wahlschweizer aus Montana ging im Januar 2022 zum 23. Mal an den Start der härtesten Rallye der Welt. Nach 14 Gesamtsiegen beim Marathon-Klassiker hat der inzwischen 57-Jährige von der Rallye Dakar noch immer nicht genug. Am liebsten nimmt er mit seiner deutschen Frau Andrea Mayer als Co-Pilotin teil, die ihn geschickt durch die saudi-arabische Wüste navigiert.

Manche Motorrad-Asse überliessen das Autofahren ihren Söhnen. Hubert Abold, 80-ccm-Vizeweltmeister 1984, schickte seinen Sohn Steve in diverse deutsche Nachwuchsserien. Gustl Auinger, fünffacher 125-ccm-GP-Sieger, begleitete seinen Sohn Bernhard bis in die Formel 3000.

Von vier auf zwei Räder, diese Methode war bisher noch nicht von Erfolg gekrönt. Der Tourenwagen-Star Klaus Niedzwiedz wollte Mitte der 80er-Jahre Motorradrennen bestreiten, musste das Vorhaben nach einem schweren Sturz auf dem Nürburgring aber abblasen.

Michael Schumacher übersiedelte nach seiner Ferrari-Laufbahn vorübergehend zum Zweiradsport. Er nahm an Racing-For-Fun-Rennen und an der IDM Superbike teil. Er kaufte eine Moto2-Suter und durfte beim MotoGP-Test in Valencia dann sogar zwei Tage lang mit einer MotoGP-Ducati Desmosedici üben. Die Beobachtern fiel auf, dass er nicht den Mut aufbrachte, beim Reinfahren in die schnellen Kurven noch lange genug die Vorderbremsen zu betätigen, deshalb wurde der Vorderreifen nicht entsprechend belastet, Schumi erlebte deshalb einige schwere Motorradstürze.  

«Ein 30-Jähriger wird den Umstieg zum Motorradrennsport nie schaffen», ist Dieter Braun überzeugt. «Weil er die Action nicht gewöhnt ist und den Mut und die Überwindung nicht aufbringt.»

Auch in der jüngeren Vergangenheit haben wir immer wieder erlebt, wie Motorradrennfahrer versucht haben, auf vier Rädern Fuß zu fassen. Der dreifache 250-ccm-GP-Sieger Martin Wimmer nahm an der Opel-Lotus-Rennserie teil. 125-ccm-Weltmeister Dirk Raudies fuhr im Porsche Cup, Ralf Waldmann wollte mit Mercedes in die DTM einsteigen und testete den 190er in Hockenheim. Jorge Lorenzo und Valentino Rossi bestritten Sportwagenrennen, Rossi siegte sechsmal bei der Monza-Rallye und gab einige missglückte Gastspiele in der Rallye-WM. Der neunfache Weltmeister testete auch im Formel-1-Ferrari und durfte 2019 in einem alten Silberpfeil in Valencia seine Runden drehen.

Wayne Gardner, 500-ccm-Weltmeister 1987 auf der Rothmans-Honda, zog sich 1992 vom Motorradsport zurück und machte sich dann im Tourenwagen- und Sportwagensport einen Namen. Das inspirierte seinen Landsmann Casey Stoner, der eine Saison lang für das renommierte Triple Eight Race Engineering Team einen Holden Commodore in Red Bull-Lackierung in der «Dunlop Australian V8 Supercars Series» steuerte – mit mäßigem Erfolg.

Die Liste der Umsteiger und gelegentlichen Vierrad-Abenteuer ließe sich beliebig fortsetzen. Wir erinnern uns: Dani Pedrosa und Marc Márquez durften 2018 in Spielberg einen Red Bull-Formel-1-Rennwagen ausprobieren. Auch der neunfache Motocross-Weltmeister und Red Bull-KTM-Star Tony Cairoli durfte in Spielberg das Gefühl mit diesem Toro-Rosso-F1-Boliden auskosten.

Einen Toro Rosso-F1-Rennwagen durfte auch der ehemalige MotoGP-Werksfahrer John Hopkins (vier Podestplätze in der «premier class») ausprobieren. Er tauschte seine 990-ccm-Viertakt-Suzuki 2006 in Valencia gegen das Fahrzeug von Vitantonio Liuzzi, Sponsor Red Bull hat den aufwändigen Rollentausch damals organisiert.

Vor seiner Ausfahrt setzte sich Hopkins das bescheidene Ziel, unter seiner Motorrad-Zeit zu bleiben, die bei 1:31,65 min lag. Das gelang dem Amerikaner auf Anhieb, er fuhr eine Bestzeit von 1:19,8 min, was lediglich rund fünf Sekunden über einer konkurrenzfähigen F1-Zeit lag.

Marc Marquez' Debüt im sechs Jahre alten und 750 PS starken Formel-1-Boliden (es war ein Red Bull Racing RB8 in den Farben von Toro Rosso) lockte 2018 eine Horde von Berichterstattern und Fotografen an den Red Bull Ring in Spielberg. Márquez zeigte sich begeistert. «Dieser Tag bleibt immer in meiner Erinnerung. In der Nacht zuvor war ich nervös, nervöser als an einem Rennwochenende. Ich konnte kaum schlafen. Der grösste Unterschied ist der Bremspunkt. Ich denke mir immer, es wird nicht reichen. Man bremst ganz anders. Wir haben mit Mark und Helmut daran gearbeitet. Das Coolste sind die schnellen Kurven. Mark Webber und Helmut Marko sagten immer, du kannst noch mehr. Aber man muss auch Respekt haben.»

Sogar der inzwischen verstorbene Niki Lauda schaute beim Formel-1-Debüt von Márquez in der Steiermark vorbei. «Im Auto fühlt man sich anfangs etwas sicherer. Aber dann ist das Gefühl entgegengesetzt», sagte der Spanier Márquez. «Im Auto ist nämlich die Sicht das Problem. Wenn man fährt, blickt man weit voraus, weil das Tempo so hoch ist. Mark Webber hat mir das beigebracht. Als Kind habe ich immer zwei Räder gewählt. Man muss immer den richtigen Weg suchen. Im Moment sind Autorennen nicht im Plan. Man benötigt das perfekte Team um sich und vieles mehr.»

Andrea Dovizioso hielt sich von der Formel 1 bisher fern. Immerhin nahm er 2019 in Misano an einem DTM-Rennen für Audi teil. Nach einem Dreher musste er die Hoffnung auf einen Top-Ten-Platz begraben; er landete an 15. Stelle.

Und Franco Morbidelli, 2020 dreifacher MotoGP-Sieger und Vizeweltmeister auf der Petronas-Yamaha, debütierte im Dezember 2020 bei der Monza-Rallye.

2021 nahm Red Bull-KTM-Star Migiuel Oliveira mit einem GP3-KTM x-bow am 24-h-Sportwagen-Rennen auf dem Circuit Catalunya-Barcelona teil, er schaffte Platz 3. 

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