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Lin Jarvis (Yamaha): «Hatten in Katar zwei Handicaps»

Von Günther Wiesinger
Yamaha-Renndirektor Lin Jarvis macht sich nicht die Mühe, das Doha-Ergebnis (9. Quartararo. 11. Morbidelli) schönzureden. Er rechnet mit viel Arbeit und hofft auf technische Verbesserungen.

Yamaha hat auf dem Losail Circuit mit der 1,068 Meter langen Start/Zielgeraden immer wieder Rennen gewonnen, seit 2004 wurden dort nicht weniger als zehn Yamaha-Siege gefeiert. Ducati triumphierte bei den 19 Rennen sechsmal, Honda dreimal. Doch am vorletzten Sonntag mussten die Japaner eine ordentliche Schlappe einstecken. Weltmeister Fabio Quartararo kam beim Saisonstart über Platz 9 mit 10 sec Rückstand nicht hinaus. 2021 hatte Yamaha mit Maverick Viñales und Fabio Quartararo in Katar noch beide MotoGP-Rennen gewonnen. Für den Franzosen war es der erste von fünf Saisonsiegen und der Auftakt zu einer überragenden Saison.

SPEEDWEEK.com hat sich mit Lin Jarvis, dem Managing Director von Yamaha Motor Racing, über den verpatzten Saisonstart unterhalten.

Lin, Ducati hat in den letzten Jahren in Katar oft dominiert. Auch 2021 lagen zeitweise vier Ducati-Fahrer voran. Quartararo und Morbidelli kamen jetzt im Q2 nur auf die Plätze 11 und 12. Mit welchen Erwartungen ist Yamaha nach den Wintertests in Doha angetreten?

Das Ergebnis war sehr enttäuschend, das ist klar.

Ich würde sagen, das ganze Rennwochenende war eine Enttäuschung, besonders schlimm war es im Rennen. Wir haben gehofft, wir könnten im Rennen bessere Chancen vorfinden, wenn wir am Beginn mit der Spitzengruppe mithalten können. Aber das hat nicht geklappt.

Wir hatten zwei Probleme. Das erste war ein genereller Speed-Mangel. Unsere japanischen Ingenieure waren beim Versuch, die nötige Leistungssteigerung beim Motor zu erzielen, nicht erfolgreich.

Wir wussten nach der Saison 2021, wir brauchen diese zusätzlichen PS.

Und natürlich haben sich unsere Konkurrenten gesteigert. Schau‘ dir die Performance von Honda und besonders von Suzuki an. Sie haben sich gegenüber dem Vorjahr klar verbessert. KTM war überraschenderweise im Rennen sehr stark. Ich denke, Brad Binder hat eine starke Leistung gezeigt. Dass Ducati in Doha immer sehr schnell ist, war uns bewusst.

Bei Yamaha sind wir stehen geblieben, was die «engine performance» betrifft.

Wir haben deshalb gewusst, dass wir mehr Mühe haben werden als im Vorjahr.

Im Rennen gab es noch ein zweites Problem?

Ja, wir hatten ein doppeltes Handicap. Wir wurden von einem überhöhten Reifendruck vorne eingebremst. Das hatte mit der Aerodynamik der Bikes zu tun.

Der Reifendruck geht meistens hoch, wenn du hinter einem Kontrahenten zu viel in der «dirty air» unterwegs bist, also in den Verwirbelungen des Windschattens. Wenn du vorne wegfährst, ist es in Ordnung. Aber wenn du im Pulk steckst, geht oft der Reifendruck vorne hoch.

In Doha war die Zielgerade 1068 Meter lang. In Lombok am Weekend erstreckt sich die längste Gerade nur über 507 Meter. Außerdem soll es täglich regnen. Darf man dort mit besseren Yamaha-Ergebnissen rechnen? 

Ja, ich denke, in Indonesien werden wir besser abschneiden. Wir haben dort recht gute Testresultate erzielt. Das ist eine Piste, die der Yamaha besser liegt. Wir können dort auch das Reifendruck-Problem vermeiden.

Aber wenn die Saison voranschreitet, werden wir mit mühsamer Arbeit konfrontiert sein. Wir können beim Motor gewisse Verbesserungen machen, aber natürlich haben wir eine bestimmte  «specification» homologiert. Die Entwicklung ist eingefroren bis zum Saisonende.

Lässt sich beim 1000-ccm-Vierzylinder-Reihenmotor mit Hilfe des Elektronik-Set-ups noch etwas herausquetschen?

Hm… Ich glaube, wir sind da schon sehr weit fortgeschritten. Deshalb erwarte ich in diesem Bereich wenig.

Wir haben einige Ideen, aber da möchte ich nicht ins Detail gehen. Es gibt einige Gebiete, mit denen wir uns beschäftigen.

Wir sind optimistisch, dass wir Schritt für Schritt Verbesserungen erzielen können, um unseren Nachteil im Laufe der Saison zu reduzieren.

Haben die großen neuen Flügel etwas mit dem hohen Reifendruck zu tun?

Nein, aber sie ziehen andere Konsequenzen mit sich. Sie ändern die Balance des Bikes, die Front wird dadurch stärker belastet.

Auf der Piste in Mandalika haben diese Flügel gut funktioniert,. Dann kamen wir nach Doha, dort sind Probleme entstanden.

Natürlich konnten wir die großen Flügel am Computer testen, aber in der Praxis vor dem Doha-Rennen nur in Sepang und in Mandalika.

Es kann also passieren, dass auf anderen Strecken andere Probleme mit der «bike balance» auftauchen.

Diese Probleme haben alle andere Werke auch, weil jeder Hersteller mit der Aerodynamik experimentiert.

Fabio Quartararo fürchtet, es werde frühestens in Mugello am 29. Mai ein Update für den aktuellen «Aero Body» geben.

Hm. Das hängt davon ab. Es sind zwei unterschiedliche Pakete pro Saison und Fahrer erlaubt.

Ja, aber der zweite Schuss muss dann perfekt in Schwarze treffen. Er muss sitzen. Eine dritte Version ist nicht erlaubt.

(Er lacht). Ja, exakt. Warten wir also ab. Ich glaube nicht, dass wir unbedingt bis Mugello warten müssen. Aber richtig, in unserem Zeitplan ist Mugello für eine Änderung vorgesehen.

In Mugello und nachher in Catalunya kommen ja wieder 1 km lange Geraden. Also braucht Yamaha eventuell bis dahin kleinere Winglets, um nicht wieder 9 km/h an Top-Speed zu verlieren.

Ja, Mugello könnte ein passender Zeitpunkt für das Aero-Update sein.

Franco Morbidelli hat sich im Factory-Yamaha-Team inzwischen gut zurechtgefunden. Er kam auf Platz 11 ins Ziel.

Ja, Franky hat jetzt keine Kniebeschwerden mehr. Als er 2021 für die letzten fünf Rennen zurückgekehrt ist, war er vom operierten rechten Knie her noch beeinträchtigt. Er konnte sich auf dem Motorrad nicht so gut bewegen wie üblich.

Jetzt ist Franky wieder gesund und in Form. Das war schön zu sehen. Ich denke, er wird eine gute Saison haben.

MotoGP-Ergebnis, Doha, 6. März:

1. Enea Bastianini, Ducati, 22 Runden in 42:13,198 min
2. Brad Binder, KTM, + 0,346 sec
3. Pol Espargaró, Honda, + 1,351
4. Aleix Espargaró, Aprilia, + 2,242
5. Marc Márquez, Honda, + 4,099
6. Joan Mir, Suzuki, + 4,843
7. Alex Rins, Suzuki, + 8,810
8. Johann Zarco, Ducati, + 10,536
9. Fabio Quartararo, Yamaha, + 10,543
10. Takaaki Nakagami, Honda, + 14,967
11. Franco Morbidelli, Yamaha, + 16,712
12. Maverick Viñales, Aprilia, + 23,216
13. Luca Marini, Ducati, + 27,283
14. Andrea Dovizioso, Yamaha, + 27,374
15. Remy Gardner, KTM, + 41,107
16. Darryn Binder, Yamaha, + 41,119
17. Fabio Di Giannantonio, Ducati, + 41,349
18. Raúl Fernández, KTM, + 42,357
– Jorge Martin, Ducati, 11 Runden zurück
– Francesco Bagnaia, Ducati, 11 Runden zurück
– Miguel Oliveira, KTM, 12 Runden zurück
– Alex Márquez, Honda, 13 Runden zurück
– Marco Bezzecchi, Ducati, 16 Runden zurück
– Jack Miller, Ducati, 16 Runden zurück

WM-Stand nach 1 von 21 Grand Prix:

1. Bastianini 25 Punkte. 2. Brad Binder 20. 3. Pol Espargaró 16. 4. Aleix Espargaró 13. 5. Marc Márquez 11. 6. Mir 10. 7. Rins 9. 8. Zarco 8. 9. Quartararo 7. 10. Nakagami 6. 11. Morbidelli 5. 12. Viñales 4. 13. Marini 3. 14. Dovizioso 2. 15. Gardner 1.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 25 Punkte. 2. KTM 20. 3. Honda 16. 4. Aprilia 13. 5. Suzuki 10. 6. Yamaha 7.

Team-WM:

1. Repsol Honda 27 Punkte. 2. Gresini Racing 25. 3. Red Bull KTM Factory 20. 4. Suzuki Ecstar 19. 5. Aprilia Racing 17. 6. Monster Energy Yamaha 12. 7. Pramac Racing 8. 8. LCR Honda 6. 9. Mooney VR46 Racing 3. 10. WithU Yamaha RNF 2. 11. Tech3 KTM Factory 1.

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