Miguel Oliveira: Für 2023 mit Gresini-Ducati einig?
Exklusiv: Nach dem Quali in Montmeló spazierten Miguel und Paulo Oliveira mit Paolo Ciabatti (rechts) ins Office von Gresini Racing
Jack Miller war enttäuscht, weil er sich schon vor dem Saisonstart ausmalen konnte, dass ihn Ducati trotz zwei GP-Siegen und dem vierten WM-Rang 2021 im Lenovo-Werksteam nach 2022 durch Enea Bastianini oder Jorge Martin ersetzen werde. Und Miguel Oliveira zeigte wenig Verständnis für die KTM-Pläne, Miller ins Red Bull KTM Factory Team zu holen und ihn trotz vier MotoGP-Siegen in zweieinhalb Jahren ins KTM-Tech3-Kundenteam zurückkehren zu lassen. Der Portugiese betrachtete diese Absicht der Österreicher als Prestigeverlust und als Misstrauenskundgebung von Seiten seines Arbeitgebers KTM. Denn eigentlich gilt die Tech3-Mannschaft von Hervé Poncharal als Junior-Team; 2022 fahren dort die Rookies Remy Gardner und Raúl Fernández.
Oliveira tat sein Missfallen an den KTM-Plänen bereits letzte Woche in Mugello kund. «Ja, KTM hat mir vor dem Italien-GP einen Platz bei Tech3 für 2023 angeboten. Ich werde mir das überlegen, aber es ist nicht mein Traumplatz. Meine bevorzugte Lösung ist nicht mehr verfügbar», sagte er – und meinte das Red Bull-KTM Team, das 2023 aus Binder und Miller bestehen wird.
Viele vergleichbare Teamplätze waren nicht mehr verfügbar, da Joan Mir zu Repsol gehen wird, bei Ducati die zwei Top-Teams besetzt sind, Monster-Yamaha mit Quartararo und Morbidelli weitermacht und Aprilia Racing die Verträge für Aleix Espargaró und Viñales bis Ende 2024 verlängert hat.
Jetzt bahnt sich ein Ringtausch zwischen Ducati und KTM an: Miller kehrt nach acht Jahren zu Red Bull KTM zurück, Oliveira wechselt nach sieben Red Bull-KTM-Jahren aller Voraussicht nach zu Ducati und Gresini Racing. Dort wird der Platz des dreifachen Saisonsiegers Bastianini frei, der zu «70 Prozent» neben Bagnaia bei Ducati Lenovo landen wird.
Aus Italien war heute zu hören, Miguel und sein Manager-Vater Paulo hätten das Ducati-Angebot bereits akzeptiert. Nach dem Qualifying marschierten die beiden in Begleitung von Ciabatti ins Camp von Gresini Racing, denn Faustos Witwe Nadia Padovani hat bei der Fahrerwahl als Teambesitzerin das letzte Wort. Sie muss die Entscheidung ja bei ihren Sponsoren verantworten.
Paolo Ciabatti bestätigte vor dem Gang zu Gresini in Begleitung von Miguel und Paulo Oliveira die Trennung von Ducati und Miller. Sie kam nicht mehr überraschend. Ciabatti: «Wir haben Jack und seinem Manager Aki Ajo gesagt: Wenn ihr einen Platz in einem Werksteam sucht, dann schaut euch bitte um, denn wir können Jack keinen Platz im Factory Team für 2023 anbieten. Wir wussten, dass sie mit KTM verhandeln.»
Ducati hätte eventuell Johann Zarco zu Gresini transferiert, falls sich Miller mit dem Platz bei Pramac einverstanden erklärt hätte. Nach dem Abgang des Australiers musste Ducati kurzfristig umdisponieren.
«Wir haben ein sehr enges Verhältnis zum Gresini-Rennstall», erklärte Ciabatti. «Die Verantwortlichen beraten sich immer mit uns, wenn es um Fahrer-Entscheidungen geht. Wir haben geprüft, welche Fahrer mit einem guten Level verfügbar sind. Denn wenn ein MotoGP-Team daran gewöhnt ist, Siege einzufahren, ist es schwierig, diesen Topfahrer durch einen Rookie zu ersetzen.»
Falls sich die neue Partnerschaft zwischen Oliveira, Ducati Corse und Gresini Racing besiegelt wird, dürften die acht Plätze auf den begehrten Desmosedici-Maschinen für 2023 besiegelt sein:
Ducati Lenovo: Bagnaia und Bastianini
Prima Pramac Ducati: Martin und Zarco.
Mooney VR46 Ducati: Marini und Bezzecchi.
Gresini Racing: Oliveira und Di Giannantonio.
Miguel Oliveira wundert sich, warum KTM Miller (drei MotoGP-Siege in siebeneinhalb Jahren) ihm gegenüber im Red Bull-KTM-Werksteam für 2023 den Vorzug gab, obwohl er in dreieinhalb Jahren vier MotoGP-Siege eingefahren hat.
«Für Jack Miller spricht, dass er im Vorjahr WM-Vierter und bis zum Mugello-GP WM-Fünfter war», erklärte KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer.
Dass die Verhandlungen für Miller von dessen Manager Aki Ajo geführt wurden, dessen Team in den Klassen Moto3 und Moto2 mehr als die Hälfte aller GP-Siege von KTM eingefahren hat und der nach Oliveira und Binder auch Remy Gardner und Raúl Fernández für die MotoGP-WM aufgebaut hat, war sicher auch kein Wettbewerbsnachteil.